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Seit 1999Wachdienst am Heinrich-Böll-Platz kostet Stadt Köln 4,7 Millionen Euro

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Wegen Mängeln beim Schallschutz darf der Heinrich-Böll-Platz seit 1999 während Konzerten und Proben nicht betreten werden.

Vergammelte Schilder weisen auf das Betretungsverbot hin. Wegen Mängeln beim Schallschutz lässt die Stadt Köln den Heinrich-Böll-Platz seit 1999 während Konzerten und Proben bewachen.

Die Stadt Köln will sich die Bewachung des Heinrich-Böll-Platzes an der Philharmonie nächstes Jahr 362.000 Euro kosten lassen.

Es ist eine der größten Absurditäten in Köln und angesichts der dramatischen Haushaltslage der Stadt geradezu unfassbar: Seit 26 Jahren, acht Monaten und elf Tagen lässt die Stadt Köln den Heinrich-Böll-Platz an der Philharmonie von Wachleuten bewachen. Und zwar immer dann, wenn in der Philharmonie Konzerte oder Proben stattfinden.

Die Männer und Frauen in den neongelben Jacken müssen verhindern, dass sich Passanten, Spaziergänger und Radfahrer, ganz zu schweigen von Touristen mit Rollkoffern oder E-Scooter-Fahrern, über die Platzfläche bewegen. Denn direkt darunter liegt der große Konzertsaal der Philharmonie. Weil der bauliche Schallschutz des Gebäudes mangelhaft ist, übertragen sich Tritt- und Rollgeräusche so deutlich in den Saal, dass sie die Musiker bei ihrer Arbeit stören. Deshalb weisen neben den Wachleuten auch Schilder auf dem Platz auf das Betretungsverbot hin.

Heinrich-Böll-Platz wird schon seit mehr als 26 Jahren bewacht

Diese Praxis ist seit 1. April 1999 in Köln gang und gäbe, also seit 9752 Tagen. Im August 2026 kann ein beachtliches Jubiläum gefeiert werden. Dann wird die Marke von 10.000 Tagen Bewachung des leeren Heinrich-Böll-Platzes geknackt. Denn mangels Alternativen ist die Stadt Köln entschlossen, die Bewachung bis auf Weiteres fortzusetzen. Dafür will sie im nächsten Jahr 362.000 Euro ausgeben – 58.000 Euro mehr als für 2025 veranschlagt und eine Steigerung um 19 Prozent.

Der Betrag ist ein Schätzwert, der sich je nach Programmgestaltung der Philharmonie noch verändern kann. Fest steht jedoch: In dem Vierteljahrhundert zwischen 1999 und Ende 2024 bezahlte die Stadt Köln 4,05 Millionen Euro für die Bewachung des Heinrich-Böll-Platzes. Inklusive der für dieses und nächstes Jahr geplanten Summen werden es bis Ende 2026 insgesamt rund 4,71 Millionen Euro sein.

Ein Ende ist nicht in Sicht. „Alle Bemühungen, durch bauliche Maßnahmen einen ausreichenden Schallschutz und die Befahrbarkeit der Platzfläche durch Rettungsfahrzeuge sicherzustellen, sind bisher gescheitert. Es ist daher weiterhin erforderlich, durch geeignete Bewachungsmaßnahmen die uneingeschränkte Nutzung der Philharmonie zu gewährleisten“, erklärt die Stadt in einer Beschlussvorlage für die Ratspolitiker, die am 15. Dezember grünes Licht für den Wachdienst im Jahr 2026 geben sollen.

Es ist derselbe Wortlaut wie vor einem Jahr. Und vieles spricht dafür, dass die Politik in den kommenden Jahren noch viele solcher Beschlüsse abnicken muss. Denn eine bauliche Verbesserung des Schallschutzes wird nach Angaben der Stadt erst im Rahmen der geplanten Generalsanierung von Philharmonie und Museum Ludwig erfolgen. Das wird erst in den 2030er-Jahren der Fall sein.

Stadt Köln hält Bewachung für wirtschaftlich sinnvoll

2015 hatte die Stadt die Sanierungskosten für den Platz auf sieben Millionen Euro geschätzt. Ein Vergleich dieser Summe mit den Bewachungskosten zeige, „dass die Entscheidung für die Bewachung wirtschaftlich war“, hatte ein Stadtsprecher vor einem Jahr betont. Doch nun wird die Stadt bis Ende 2027 bereits fünf Millionen Euro für die Bewachung ausgegeben haben, während sie die Sanierung und die damit verbundenen Kosten immer weiter vor sich herschiebt.

Durchgeführt wird die Bewachung von der stadteigenen „Kölner Gesellschaft für Arbeits- und Berufsförderung mbH“ (KGAB), die langzeitarbeitslosen Menschen neue Perspektiven auf dem Arbeitsmarkt verschaffen soll. Sie erbringt auch Leistungen im Bereich Gartenbau, Schlosserei und Schreinerei.