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Kölner SehenswürdigkeitenDie unbekannte Seite der „Via Culturalis“

Lesezeit 4 Minuten
Die Bruder-Konrad-Kapelle in Alt St. Alban ist heute in der Regel nicht mehr zugänglich.

Die Bruder-Konrad-Kapelle in Alt St. Alban ist heute in der Regel nicht mehr zugänglich. 

Der Kölner Stadtkonservator Dr. Thomas Werner führt zu eher unbekannten Orten entlang der „Via Culturalis“. 

Die „Via Culturalis“ vom Dom zu St. Maria im Kapitol erfährt zurzeit einige Aufmerksamkeit, nicht zuletzt im Rundschau-Interview mit Stadtentwicklungsdezernent Andree Haack. Doch neben den bekannten und kommenden Highlights wie der MiQua, dem Wallraf-Richartz-Museum oder der Gürzenichstraße gibt es auch kleinere, fast versteckte Perlen, denen es nachzugehen lohnt. Und deren Bedeutung auch vielen Kölnerinnen und Kölnern nicht geläufig sein dürften. Um die mal etwas ins Rampenlicht zu holen, suchte Stadtkonservator Thomas Werner exemplarisch fünf Stationen aus, die eher unter dem Radar laufen.

Ein Hotel zur Saalfinanzierung

Das Senatshotel dürfte den meisten Einheimischen wie auch manchen Touristen noch ein Begriff sein. Zurzeit im Umbau befindlich, soll das denkmalgeschützte Gebäude aus den späten 1950er Jahren schon bald wieder zu altem Glanz erstrahlen. Wobei, und das ist dann schon weniger bekannt, das Hotel eigentlich nur Beiwerk war. Es sollte den großen Senatssaal der Bürgergesellschaft Köln AG finanzieren. Der blieb in der Regel der „Haute volée“ vorbehalten, der besseren Gesellschaft, die aber speziell zu Karneval hier auch wilde Partys gefeiert haben soll, wie Werner erzählt. Und er hatte einen eigenen Eingang, damit niemand durch die Hotelflure laufen musste. Der Saal wird gemäß den Vorgaben des Stadtkonservators wieder hergerichtet. 

Das Senatshotel wird saniert und runderneuert - samt legendärem Senatssaal.

Das Senatshotel wird saniert und runderneuert - samt legendärem Senatssaal.

Haus Neuerburg und der Revoluzzer

Haus Neuerburg mit dem markanten Turm an der Südseite, ebenfalls an Unter Goldschmied gelegen, kennen wohl die meisten frisch verheirateten Paare. Der Verwaltungsbau aus den 1920er Jahren dient heute unter anderem als Standesamt, die strenge Backsteinfassade erinnert stark an niederländische Vorbilder. Weniger bekannt ist sich, dass der davor gelegene Gülichplatz schon seit Langem nicht mehr bebaut werden darf. Dort befand sich einst das Haus des „Revoluzzers“ (so Stadtkonservator Werner) Nikolaus Gülich, der 1680 Vetternwirtschaft und Veruntreuung öffentlicher Gelder anprangerte. Ihm wurde der Prozess gemacht, er wurde zum Tode verurteilt. Sein Haus wurde niedergelegt und statt dessen eine Lanze mit Gülichs Kopf aufgestellt. Der Rat der Stadt verfügte damals, dass an dieser Stelle niemals wieder ein Haus stehen dürfe. 

Wo heute der Fastnachtsbrunnen steht (er heißt wirklich so), wurde einst eine Lanze mit dem Kopf von Nikolaus Gülich aufgestellt.

Wo heute der Fastnachtsbrunnen steht (er heißt wirklich so), wurde einst eine Lanze mit dem Kopf von Nikolaus Gülich aufgestellt.

Was selbst Clinton nicht wusste

Spätestens seit dem Besuch des amerikanischen Präsidenten Bill Clinton in Köln 1999 wurde deutlich, dass man zumindest in Teilen auch im Ausland gut über die Ruine Alt St. Alban Bescheid weiß. Der Präsident dozierte damals trefflichst über Herkunft, Bauweise und Bedeutung. Dass sich in dem „verlorenen Raum“ - der, das unterstrich Thomas Werner mehrmals, als Mahnmal ungenutzt bleiben soll und wird - aber auch die kleine Bruder-Konrad-Kapelle befindet, ist eher unbekannt. Sie wurde 1959 in den ursprünglichen Turmunterbau von St. Alban eingebaut. Gedacht als temporäres Kleinod für Andachten an die Toten der beiden Weltkriege. Heute wird sie nicht mehr genutzt.  

Die wandernde Fassade

„Ich weiß es nicht.“ Dieser Satz kommt Dr. Thomas Werner nun wirklich selten über die Lippen. Warum das Haus zum Maulbeerbaum, eine der wenigen geretteten Kölner Barockfassaden, seinen Namen trägt, ist auch dem Stadtkonservator nicht bekannt. Bekannt ist aber, dass die 1999 in den Neubau des Dorint-Hotels integrierte Hausfassade schon zwei Mal umgezogen ist: Ursprünglich an der Kleinen Sandkaul als Patrizierhaus errichtet, wurde sie 1913 in die Große Sandkaul übernommen und dort in die Fassade des Stadthauses eingebaut. Das wiederum wurde 1999 abgerissen, die immer noch erhaltene Fassade aber ziert heute einen Teil des Dorint-Hotels an gleicher Stelle. 

Gleich zweimal zog die Fassade des Hauses zum Maulbeerbaum an einen neuen Standort.

Gleich zweimal zog die Fassade des Hauses zum Maulbeerbaum an einen neuen Standort.

Das fremde Geläut

Napoleon und Köln - eine schwierige Beziehung. Zur Zeit der Besatzung ließ der französische Kaiser Stifte und Klöster schleifen, darunter auch Klein St. Martin am heutigen Elogiusplatz. Der Kirchturm aber blieb bestehen, denn er hatte eine besondere Bedeutung: Nach dem Einsturz des Westwerks an St. Maria im Kapitol 1637 wurden die dortigen fünf Glocken, darunter auch die städtische Sturm- und Brandglocke, in den Turm von Klein St. Martin überstellt. Dieser diente auch nach Abriss der Pfarrkirche weiterhin als Glockenturm für St. Maria im Kapitol. Heute ist der Turm in privater Hand und macht im Untergeschoss gelegentlich als Partykeller von sich reden. 

Heute wirkt das Dach von Klein St. Martin sehr unscheinbar. Vor dem Zweiten Weltkrieg allerdings hatte der Turm gegenüber St. Maria im Kapitol einen steil aufragenden, vom Neumarkt aus sichtbaren Dachstuhl.

Heute wirkt das Dach von Klein St. Martin sehr unscheinbar. Vor dem Zweiten Weltkrieg allerdings hatte der Turm gegenüber St. Maria im Kapitol einen steil aufragenden, vom Neumarkt aus sichtbaren Dachstuhl.