60.000 Karten für die alternative Karnevalssitzung unter der Leitung von Präsidentin Biggi Wanninger wurden bereits verkauft.
Kölner KarnevalSo lief die Premiere der Stunksitzung – und das waren die Higlights

In der diesjährigen Stunksitzung sind die Funken nicht kriegstauglich.
Copyright: Thomas Brill
Alarm bei den Roten Funken. „Die Wehrkraft von uns steht auf dem Prüfstand“, verkündet Gardisten-General Pitter (Didi Jünemann). Das Ergebnis stellt sich, nach Bestandsaufnahme des Waffenarsenals – 500 Holzgewehre, drei Gulasch- und zwei Konfettikanonen – als niederschmetternd heraus: „Wir sind nicht kriegstauglich.“ Es muss gehandelt werden. Wie gut, dass der Schwiegersohn des Generals umgehend Waffen liefern kann, für schlappe 50.493 Euro, inklusive Tarnuniformen des Modells „volljekotz Barbarossaplatz“.
Am Mittwoch schlägt die Eröffnungsnummer der diesjährigen Stunksitzung voll ein. Schießende Funken sind herrlich paradox. Und Präsidentin Biggi Wanninger macht am Premierenabend im E-Werk klar, dass sie friedlichere Formen der Auseinandersetzung bevorzugt: „Ich finde, wir sollten uns nicht immer direkt gegenseitig die Köppe abreißen, wenn man anderer Meinung ist.“ Mit Kolleginnen und Kollegen der Immsitzung saß Wanninger oben auf dem Elferrat-Balkon.

Köbes Underground mit Bandleader Ecki Pieper (l.) sorgten wie immer für die Musik.
Copyright: Thomas Brill
Nach exakt vier Stunden, die Pause, zwei Zugaben und ein Geburtstagsständchen für Gründungsmitglied und Köbes Underground-Musiker Winni Rau, mitgerechnet, ist die Meinung aber einhellig: Die Stunker haben’s wieder mal gepackt.
Alles zum Thema römisch-katholische Kirche
- Zivilstreit 150.000-Euro-Klage gegen Erzbistum Paderborn gescheitert
- Wort zum Sonntag „Lichtträgerin“ Lucia und was sie uns noch zu sagen hat
- Streaming zum Mitreden Unterhaltsame Mördersuche mit Daniel Craig und Josh O'Connor
- Faktencheck Coca-Cola hat den Weihnachtsmann nicht „erfunden“ – aber wer dann?
- Krippenkunst und Krippenwege Ein Küchentisch als Werkbank - wie Krippenkunst entsteht
- Prozess in Köln Opfer von Missbrauch fordert eine Million Euro vom Erzbistum Köln
Stunksitzung mit sehr kurzweiligem Programm
Die alternativen Karnevalisten der ersten Stunde präsentieren für die Session 2025/26 mit 17 Musiknummern und 17 szenisch-satirischen Wortbeiträgen ein gut abgewogenes und ungemein kurzweiliges Programm. Der Themenradius reicht vom Weltgeschehen bis hin zum lokalen Brauchtum und vom Politikerentscheid bis zum persönlichen Erlebnis. Fündig wurden die Stunksitzungsmacher im Internet, in Groschenromanen und in der Kirche, bei Rentnern, „Tradwives“ und Verkehrsteilnehmern oder Stabpuppen.

Anne Rixmann (r.) bewirbt sich als Schauspielerin in der Künstleragentur von Aischa Löbbert (l.), statt der Rolle von Angela Merkel, wird sie aber für die Rolle der Alice Weidel vorgesehen.
Copyright: Thomas Brill
Bis Karnevalsdienstag gibt es insgesamt 50 Sitzungen, circa 60 000 Tickets wurden schon verkauft. Aber es lohnt sich einen Blick auf die Homepage auf www.koelnticket.de zu werfen, hier gibt es immer wieder einige Restkarten. Für alle, die womöglich trotzdem leer ausgehen: Am 12. Februar 2026 überträgt der WDR die Sitzung.
Die Highlights
Top-Musiknummern: „Kölsch nur, wenn es kalt ist“, gesungen von Ecki Pieper im perfekten Grönemeyer-Gesangsstil mit Gröni-Brille und zurückgekämmten Haar zur Melodie von „Musik nur, wenn sie laut ist“.
„Posaunenboys“: In knallroten Glitzerjacken zaubern Köbes-Underground aus dem L.S.E.-Hit „Saunaboy“ eine hinreißende sechsfache Hommage an das Instrument mit dem langen Zug.
„Das erste Mal feiern“: Aischa Löbbert als Fastelovendsnovizin im Mangamädchen-Kostüm macht aus Nina Chubas „Unsicher“ ein nächtliches Stolpern durch den Promille-, Brechreiz- und Männergeilheitsdschungel.
Top-Wortbeiträge: „Kirche“: Weil den Katholen die zahlenden Gläubigen flöten gehen, soll eine Imageberatung helfen. Sex finden die Kardinäle toll, Frauen auf der Kanzel weniger. Biggi Wanninger kämpft als „Stiwwels Jupp“ in der Bütt im Mittelgang für die kölsche Dreifaltigkeit: „Kölsch sprechen, Kölsch denken, Kölsch sein!“
In „Alice“ will eine Schauspielerin (Anne Rixmann) Angela Merkel spielen. Die Künstleragentin (Aischa Löbbert) sieht sie aber als Alice Weidel. Rixmann switched um, wird zu Weidel, redet sich in Rage: „Ich bin die übelste Psychopathin seit '33. Ja, auch Frauen können üble Psychopathen sein. Ich stehe jeden Tag vor dem Spiegel und will mir in die Fresse hauen.“

In „AWB“ spielen drei Müllmänner mit dem Müll und lassen ihn dadurch lebendig werden.
Copyright: Thomas Brill
Poetisch: „AWB“: Ein Trupp von Müllmännern bringt ohne Worte Abfall zum Tanzen und zum Leben. Erinnert ein bisschen an das Schweizer Maskentheater Mummenschanz, das ebenfalls aus Wegwerfgegenständen Wesen macht.
Bitterböse: „Boomer“: Rentner aus dieser Generation werden fürs Freiwillige Pflichtjahrzehnt rekrutiert: „Bei Sterilisation kann das auf 50 Jahre verlängert werden.“ Wer verkürzen will, verzichtet auf seine Rente oder besucht Raum 519, dort läuft ein Seminar für Sterbehilfe.
Nicht so doll: Mit Gospelklassikern wie „I Will Follow Him“ kann man nix falsch machen. Insofern stimmt bei „K.I. Gospel“ musikalisch alles. Aber inhaltlich hätte man aus dem Thema – die Künstliche Intelligenz als Helfer Gottes, der zeitweilig offline war – mehr machen können. Das ist doppelt schade, weil das die Schlussnummer ist. Aber, gottlob, gibt es ja noch…
… die Zugaben: „Scheisse verkleidet“ (von Winni Rau im Hasenkostüm) nach „I’m So Excited“ von The Pointer Sisters und Ecki Piepers wehmütiges „Wegen dem Brauchtum“ nach „With Or Without You“ von U2 sind echte Klassiker aus der Stunksitzung. Der Saal rast.
