Nach Pyro-Show im DerbyFC-Sportchef Keller: „Grenze deutlich überschritten“

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Völlig vernebelt: Die Anhänger des 1. FC Köln beim Derby gegen Borussia Mönchengladbach.

Völlig vernebelt: Die Anhänger des 1. FC Köln beim Derby gegen Borussia Mönchengladbach.

„Für die aktive Fanszene ist Pyro ein Teil der Fußball- und Fankultur. Aber: Dabei dürfen keine roten Linien überschritten werden“, sagte Keller.

Nach dem massenhaften Abbrennen von rund 200 Silvester-Raketen beim Derby hat sich FC-Sportchef Christian Keller geäußert. Dabei geht Keller mit den Verursachern hart ins Gericht und kritisierte das Vorgehen. Er sagte der Rundschau: „Das Derby wurde von unseren Sicherheits- und Fanbeauftragten sowie den Sicherheitsbehörden intensiv vorbereitet. Grundsätzlich zeigt die Erfahrung, dass ein allgemeines Pyro-Verbot im Fußball keine hinreichende Wirkung zeigt. Für die aktive Fanszene ist Pyro ein Teil der Fußball- und Fankultur. Aber: Dabei dürfen keine roten Linien überschritten werden, konkret muss unter anderem  die Sicherheit der Zuschauer gewährleistet bleiben und es darf kein Einfluss ins sportliche Geschehen stattfinden. Diese Grenzen wurden im Derby gegen Gladbach leider deutlich überschritten. Das werden wir konsequent aufarbeiten. Dazu kommt der finanzielle Schaden. Natürlich treffen uns die mit gravierenden Pyro-Vergehen einhergehenden Geldstrafen hart.“ Wie aus informierten Kreisen zu erfahren war, erwartet den FC eine sehr hohe Geldstrafe. Die Rede ist von mehreren hunderttausend Euro.

Die pyrotechnische Show folgte am Sonntag einem klaren Einsatzplan. Vor dem Anpfiff des Fußball-Derbys zwischen dem 1. FC Köln und Borussia Mönchengladbach hielten die Fans auf der Südtribüne rot-weiße Banner hoch, unter deren Schutz sich zahlreiche Ultras weiße Anzüge und Sturmhauben überzogen. Kurz vor Spielbeginn postierten sie sich in einigen Metern Abstand über die ganze Breite der Südgeraden, wo sie die Feuertöpfe in die Höhe reckten. Die Ordner verfolgten das sich anbahnendende Spektakel weitestgehend ungerührt. Zu dem am Zaun befestigten Schriftzug der „Elf rot-weißen Krieger“ öffneten die Ultras dann die Rauchtöpfe und schossen im Stakkato Raketen in den Himmel von Müngersdorf und unters Tribünendach.

Deutliche Kritik am Banner aus der Ultra-Szene

In der Ultra-Szene gab es teilweise Kritik an dem Schriftzug „Elf rot-weiße Krieger“, die den Derbysieg herbei bringen sollten. Dies sei angesichts der aktuellen Weltlage völlig unangemessen. Die gigantische Rauchwolke war weithin zu sehen. Im Stadion zog der Qualm aus den Blöcken S3 und S4 vor allem unter das Dach der Südtribüne. Die Durchsagen der Stadionregie, auf das Abbrennen von Pyrotchnik zu verzichten, verhallten ungehört. Für den Club dürfte das Feuerwerk ein Nachspiel haben. Wie die Rundschau aus informierten Kreisen erfuhr, geht der 1. FC Köln von einer empfindlichen Strafe aus. „Da ist wieder ein Stürmer durch die Luft geflogen“, sagte FC-Trainer Steffen Baumgart nach dem Spiel mit Blick auf die Club-Finanzen.

Obwohl die Polizeiführung vor dem Spiel mehrfach darauf hingewiesen hat, dass das Abbrennen von Pyrotechnik verboten ist, wird auf die Verursacher wohl keine strafrechtlichen Konsequenzen zukommen. Die Behörden gehen von einer Art zugelassenem Silvesterfeuerwerk aus, wie Oberstaatsanwalt Ulf Willuhn mitteilte. Beim Abbrennen seien nach derzeitigen Erkenntnissen keine verbotenen Böller eingesetzt worden. Polizisten hätten Reste der   Feuerwerkskörper untersucht. Es sei nach derzeitigen Erkenntnissen nicht geplant, die Bilder von Videokameras auszuwerten.„Es ist ein Ordnungswidrigkeitsverfahrenn eingeleitet worden“, ergänzte Willuhn. Ob diese Verfahren einzelnen Personen zugeschrieben werden können, sei fraglich.

Bei diesen Verfahren kommt es in der Regel zu Geldbußen, ähnlich einem „Knöllchen“. Einige Verursacher in der Südkurve seien vermummt gewesen. Polizei und Staatsanwaltschaft gehen davon aus, dass Umzugskartons voller Raketen und Rauchtöpfe ins Stadion gebracht worden. Wie dies gelingen konnte, ließ der Verein unkommentert. Etwa 200 Raketen sollen in die Luft gejagt worden sein.

Ganz so entspannt dürfte der 1. FC Köln die Aufarbeitung des Pyro-Spektakels nicht sehen. Erst im Frühjahr war der Verein nach dem massenhaften Abbrennen von Bengalos seiner Fans beim Auswärtsspiel in Dortmund vom Deutschen Fußball-Bund (DFB) mit einer Geldstrafe von 68 000 Euro belegt worden. Für das komplette Jahr 2021 musste der Verein für die Vergehen seiner Anhänger rund 600 000 Euro Verbandsstrafe zahlen. „Das sind Zahlen, die uns wirtschaftlich wehtun. Wir sind im dauernden Austausch mit der Fanszene“, hatte Thomas Kessler, Leiter des Lizenzbereichs, damals geäußert. Zwischen Vereinsverantwortlichen und Vertreterinnen und Vertretern der Fanszene finden regelmäßige Treffen statt.

Schon nach Dortmund-Spiel musste der FC Strafe zahlen

Kölns Sportchef Christian Keller hatte zuletzt mehrfach seine Grundeinstellung zum Abfackeln von Pyrotechnik im Stadion verdeutlicht: ein kontrolliertes Abbrennen ist vertretbar, aber es darf nichts passieren und keine Verletzten geben. Was sich den Fans am Sonntag in Müngersdorf bot, dürfte auch für den Geschmack des Sportchefs zu viel Feuer gewesen sein. Zudem dürfte der Verein wert auf die Ermittlung von Verantwortlichen legen, denn dies hatte in den vergangenen Jahren unmittelbare Auswirkung auf die Höhe der verhängten Strafzahlungen.

Mit dem gesamten Ablauf des Derbys war die Polizei am Montag zufrieden. Es kam zu keinen schwerwiegenden Vorfällen. In einem Fall gab es eine Strafanzeige, weil eine Person ohne Karte ins Stadion wollte. Dann gab es nach Angaben der Staatsanwaltschaft ein Körperverletzungsdelikt und eine Beleidigung. Bei dem Körperverletzungsdelikt habe es einen Streit unter Zuschauern gegeben.

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