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Interview

Michelle vor letzter Tour
„Es fehlt an Künstlern, die Ecken und Kanten haben“

4 min
Schlagersängerin Michelle

Schlagersängerin Michelle

2026 geht die Schlagersängerin letztmalig auf Tour - und kommt dafür auch in ihre alte Heimat Köln.

Sie ist eine Institution im deutschen Schlager- und Musikgeschäft: Sängerin Michelle ist seit über drei Jahrzehnten ein bekanntes Gesicht auf deutschen Bühnen und kann auf eine lange Karriere zurückblicken. Gegenüber dem Musikbusiness ist sie jedoch auch eine kritische Stimme, die kein Blatt vor den Mund nimmt.

Die 53-Jährige hat sich entschieden, 2026 ein letztes Mal auf Tournee zu gehen und dann dem Schlagergeschäft Lebewohl zu sagen. Viele Jahre lebte Michelle in Köln, wo sie eine Zeit lang auch einen Hundefriseursalon führte. Ihre Abschiedstournee trägt den Titel „Zum letzten Mal – Flutlicht“ und soll Mitte Januar 2026 beginnen. Ihr Konzert in Köln ist dabei für den 5. Februar in der Lanxess Arena vorgesehen. Wir sprachen mit der Sängerin über das Schlagerbusiness und wagten einen Rückblick auf ihre Karriere, sowie einen Blick voraus.

Sie haben Ihren Abschied ja schon länger angekündigt. Wie kam es zu der Entscheidung?

Michelle: Das ist keine Entscheidung gewesen, die von heute auf morgen kam. Ich war einfach in den letzten Jahren wahnsinnig viel unterwegs. Ein Leben aus dem Koffer, Woche für Woche. Mir ist es sehr wichtig, dass ich irgendwann zu Hause ankomme und vor allem für meine Familie und meinen Partner da bin.

Das Tourleben hinterlässt natürlich viele schöne Momente, aber auch viele Narben, weil man doch irgendwo zur Ruhe kommen muss. Als Mutter von drei Kindern, die ich alleine großgezogen habe, war das für mich schon immer ein riesiger Spagat, und manchmal keine einfache Zeit. Deswegen habe ich mich zu diesem Schritt entschlossen.

Der Abschied von der Bühne wird Ihnen wohl dennoch nicht leicht fallen. Was erwartet denn die Fans in Köln am 5. Februar?

Auf Köln freue ich mich ganz besonders, weil Köln zwar nicht meine Geburtsstadt, aber meine Heimat ist. Köln ist mein Herz, auch wenn ich mittlerweile im Saarland lebe. Dennoch bin ich einmal pro Woche in Köln, weil ich die Stadt und die Menschen unglaublich liebe.

Klar, der Abschied wird nicht einfach. Ich würde am liebsten vier Stunden spielen, weil ich in den 33 Jahren so viele Songs geschrieben habe, die meine Fans bewegt haben. Am Ende werden wir einige Medleys spielen und richtig Vollgas auf der Bühne geben, so dass alle Menschen zufrieden und glücklich nach Hause gehen können.

Wie blicken Sie denn nach all den Jahren auf Ihre Karriere zurück? Hätten Sie bestimmte Momente vielleicht lieber anders gestaltet, oder sind Sie rundum zufrieden?

Wenn ich darüber nachdenke, gibt es schon verschiedene Dinge, die ich in meiner Karriere hätte anders machen sollen. Ich hätte vielleicht nicht so vielen Menschen im Musikgeschäft vertrauen sollen – viele hatten dieses Vertrauen überhaupt nicht verdient. Ich hätte mich um einige Dinge vielleicht doch selber kümmern müssen. Musikalisch bin ich den Weg von der 17-jährigen Prinzessin hin zu einer gestandenen Sängerin und Mutter gegangen. Ich glaube, ich habe es hinbekommen, dass ich mich auch nicht nach Erwartungen im Schlagergeschäft gerichtet habe, sondern dass die Musik sich nach mir gebogen hat, sodass ich mich entwickeln durfte und ich keine Kunstfigur war. Ich bin immer greifbar gewesen und ich glaube, dass ich den Menschen eine authentische Geschichte erzählen konnte.

Schlagersängerin Michelle

Schlagersängerin Michelle

Wie sehen Sie die Schlagerszene heute?

Ich sehe die Schlagerszene im Moment sehr kritisch, weil ich finde, dass es an Künstlern fehlt, die Ecken und Kanten haben. Vor allem die Ballermann-Musik für die Mallorca-Urlauber ist sehr speziell. Es ist verständlich, dass die Menschen nach den Pandemie-Jahren einfach feiern und sich nicht mit schwierigen Texten auseinandersetzen wollen. Ich sehe diese Szene aber kritisch, weil ich finde, dass Werte verloren gehen. Aber das ist meine persönliche Meinung. Ich wünsche mir, dass einfach echte und authentische Musik wieder zurückkommt.

Welche Pläne für die Zeit nach der Karriere haben Sie? Ihre Hochzeit mit Ihrem Kollegen Eric Philippi steht ja bevor – gibt es noch weitere feste Zukunftspläne?

Der Plan für unsere Hochzeit steht natürlich - wann, werde ich noch nicht verraten. Aktuell sind wir mitten in der Tourvorbereitung, da bleibt nicht viel Zeit für andere Dinge. Das Karriereende erscheint aktuell noch weit weg, und ich glaube, es wird eher so ein leises Ausklingen sein. Meine volle Konzentration gilt jetzt dieser letzten, großartigen Tour. Für die Zeit danach habe ich viele Pläne, aber ich bin selbst noch nicht sicher, welche ich davon umsetzen werde. Vielleicht werde ich mich auch erst mal zu Hause einnisten, damit ich dort mal zur Ruhe komme und den Kopf wirklich freibekomme.