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Toter 15-Jähriger im Mülheimer Hafen
Rache als mögliches Tötungsmotiv – Haftbefehle wegen Mordes

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Hinter einem Sichtschutz sicherten Mitarbeitende der „Kriminaltechnischen Untersuchung“ am Sonntag Spuren im Mülheimer Hafen. Zu sehen sind Männer in weißen Schutzanzügen.

Hinter einem Sichtschutz sicherten Mitarbeitende der „Kriminaltechnischen Untersuchung“ am Sonntag Spuren im Mülheimer Hafen.

Mit mehreren Messerstichen sollen zwei junge Männer einen Jugendlichen getötet haben. Als Motiv kommt Rache infrage, denn kürzlich sagte das Opfer vor dem Amtsgericht gegen einen der Beschuldigten aus.

Bislang ging es in der kriminellen Vita der beiden jungen Männer (18, 20), die am frühen Sonntagmorgen im Mülheimer Hafen einen Jugendlichen (15) getötet haben sollen, vornehmlich um Drogendelikte. Der ältere der beiden Verdächtigen lebt in Mülheim, seine Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz hatten ihm kürzlich eine Anklage vor dem Amtsgericht eingebracht. Weil die Zurückhaltung bei Jugendstrafsachen groß ist, wurde unter Ausschluss der Öffentlichkeit verhandelt. Das Verfahren endete mit einer Verurteilung des 20-Jährigen, ausschlaggebend war neben den Beweisen auch die Aussage eines Belastungszeugen – des 15-jährigen Jungen.

Ermittler am Tatort in Köln-Mülheim

Ermittler am Tatort in Köln-Mülheim

Der neue Vorwurf gegen die Männer wiegt ungleich schwerer. Am Montag hat die Staatsanwaltschaft Haftbefehle wegen gemeinschaftlichen Mordes beantragt, am Abend waren sie dann bereits in U-Haft. Das Rachemotiv spielt für die Einordnung der Tat eine wichtige Rolle. Der Antrag der Staatsanwaltschaft stützt sich „auf das Mordmerkmal der niedrigen Beweggründe“. Wie die Rundschau aus Kreisen der Ermittlungsbehörden erfuhr, sollen die jungen Männer ihrem Opfer in der Nacht zu Sonntag gezielt aufgelauert haben.

Durch die Auswertung von sichergestelltem Videomaterial und der Aussage mehrerer Zeuginnen und Zeugen kristallisiert sich inzwischen auch das Geschehen vor der Mülheimer Kneipe „Zum Krug“ in der Andreasstraße heraus. Beim Anblick der beiden jungen Männer war der 15-Jährige in die Kneipe geflüchtet. Dort sollen sie ihn „unter Vorhalt von Waffen“ herausgezerrt und entführt haben. Nach Rundschau-Informationen soll mindestens einer der Beschuldigten mit einer Schusswaffe gedroht haben. Offenbar hatten die Zeugen deshalb zwar sofort den Notruf gewählt, aber die Männer und den verschleppten Jungen nicht verfolgt.

Zwischen der Kneipe und dem Fundort der Leiche liegen gut 700 Meter. Mit Waffengewalt sollen die Verdächtigen den Jungen über die „Katzenbuckel“-Brücke auf eine Landzunge im Hafen geführt haben. „Dort sollen die Beschuldigten ihr Opfer mit mehreren Messerstichen getötet und den Leichnam in der Nähe des Hafenbeckens abgelegt haben“, schildert Oberstaatsanwalt Ulrich Bremer den mutmaßlichen Mord. Ob einer der Tatverdächtigen das Messer anschließend ins Wasser geworfen hat, wird wohl ungewiss bleiben. Fest steht, dass die Tatwaffe verschwunden ist.

Starker Anstieg von Gewalttaten bei jungen Menschen

Der Notruf der Zeuginnen und Zeugen in der Mülheimer Kneipe hatte gegen 1.30 Uhr am Sonntagmorgen einen Großeinsatz der Polizei ausgelöst. Die Bereitschaftspolizei wurde alarmiert, anschließend beteiligten sich 24 Polizeifahrzeuge an der Suche nach dem entführten Jungen, der ebenfalls aus Mülheim stammte. Die Polizei entdeckte die Leiche des 15-Jährigen schließlich um acht Uhr an der Böschung des Hafenbeckens. Die Sicherung der Spuren dauerte am Sonntag bis zum späten Nachmittag.

Viel Schlaf hatten die Ermittlerinnen und Ermittler der Mordkommission nach dem Leichenfund am Sonntagmorgen nicht bekommen. Die Zeit drängte, denn nach einer vorläufigen Festnahme dürfen Beschuldigte erstmal nur für 24 Stunden in Gewahrsam gehalten werden. Am Montag trug die Polizei dann die Informationen aus dem Gerichtsverfahren zusammen, in dem der 15-Jährige mutig als Zeuge ausgesagt hatte. Auch die Passantinnen und Passanten, vor deren Augen der Jungen entführt worden war, wurden ausführlich befragt.

Der brutale Angriff auf den Jugendlichen ist bislang der unrühmliche Höhepunkt zahlreicher schwerer Gewalttaten unter Beteiligung junger Männer (siehe Infokasten). Immer wieder kamen dabei zuletzt auch Messer zum Einsatz. Im Jahr 2022 hatte die Polizei in Köln einen deutlichen Anstieg von Gewaltdelikten festgestellt, bei denen Jugendliche und junge Erwachsene verdächtigt wurden.

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