Nach PersonalmangelKölner Stadionbad hofft auf neue Rettungsschwimmer

Ein Rettungsschwimmer im Stadionbad.
Copyright: Meike Böschemeyer
Köln – Für den Neustart in den Freibädern herrscht an diesem Wochenende angemessenes Wetter. Das Quecksilber in den Thermometern stoppt bei 25 Grad, öfters mal ziehen graue Wolkengebilde am Himmel vorüber. Lange Schlangen bilden sich so nicht vor den Bädern, die nun wieder geöffnet sind.
Auch das Stadionbad. Doch das kommt den Verantwortlichen der Kölnbäder GmbH derzeit nicht ungelegen. Denn selten war die Personalnot so groß wie in diesem Frühsommer. „Normalerweise haben wir im Sommer viele Studierende von Uni und Sporthochschule als Saisonkräfte. Doch das ist in diesem Jahr extrem schwierig“, sagt Claudia Heckmann, Chefin der Kölnbäder GmbH.
Speeddating für Rettungsschwimmer
Neuerdings steht Heckmann deshalb auf schnelle Bekanntschaften. Zweimal hat sie in den vergangenen Wochen ein Speeddating veranstaltet, um Menschen mit besonderen Qualitäten zu finden. Retterinnen und Retter, die auch mal ins kalte Wasser springen, wenn es sein muss. „Wir suchen Dich“ steht seit Ende April unübersehbar auf der Internetseite der Kölnbäder, zuletzt konnte das Stadionbad wegen des Personalmangels nicht öffnen.
Schwimmen lernen im Lkw-Anhänger? – Stadt prüft Konzept
2017
startete im Schweizer Dorf Evolène ein ungewöhnliches Konzept: ein Schwimmbad auf Rädern. Sein Erfinder Jean-Francois Buisson wollte damit eine Möglichkeit schaffen, damit Kinder auch dort schwimmen lernen können, wo der Weg zum nächsten Bad sehr weit ist oder die Kapazitäten nicht reichen.
Sieben Jahre hatte er an seiner Idee einer mobilen Schwimmschule getüftelt. Das Ergebnis ist ein Mini-Schwimmbad in Form eines Lkw-Anhängers, das sich mit einer Zugmaschine überall hintransportieren und praktisch auf jedem Schulhof oder Parkplatz aufstellen lässt. In Frankreich und der Schweiz ist es bereits in mehreren Städten im Einsatz. Auf Antrag der SPD hat der Sportausschuss jetzt beschlossen, dass die Verwaltung prüfen soll, ob dieses Konzept auch in Köln Sinn ergibt. Seit Jahren reicht das Angebot an Schwimmkursen nicht aus. Auch beim Bau dringend benötigter Schwimmbäder in Köln gebe es „leider keine sichtbaren Fortschritte“, so SPD-Ratsherr Oliver Seeck. Daher müsse die Stadt „unkonventionelle Wege gehen“. Geplant sind allerdings zusätzliche Schwimmbecken im Ossendorfbad und im Lentpark.
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Meter lang und 2,10 Meter breit ist das Becken im Lkw-Schwimmbad, das von der Schweizer Firma Aqwa Itineris vertrieben wird. Der Boden ist in der Höhe verstellbar und ermöglicht Wassertiefen bis 1,20 Meter. Das Wasser lässt sich auf 28 bis 34 Grad heizen, es gibt ein Reinigungssystem sowie sechs Umkleiden, eine Dusche und eine behindertengerechte Toilette. Die Standardausführung kostet laut Jean-Francois Buisson aktuell 575 000 Euro, die Lieferzeit beträgt sechs Monate. Die Lebensdauer soll 20 Jahre betragen. (fu)
Nun scheint Rettung in Sicht. „Die Zahl der Bewerbungen nimmt zu, in den kommenden beiden Wochen werden wir noch einige Prüfungen abnehmen und hoffentlich auch Leute einstellen.“
Schwimmbad leidet noch unter den Pandemie-Folgen
Die Corona-Pandemie stellt derzeit einige Branchen, die mit langen Schließungszeiten im Lockdown zu kämpfen hatten, vor Probleme. Die Gastronomie leidet, die Veranstaltungsbranche auch. Und viele Schwimmbad-Betreiber. „Es ist ein grundsätzliches Problem, was die ländlichen Regionen noch stärker trifft als die Großstädte“, stellt Berthold Schmitt, Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für das Badewesen, fest.
Zwei Jahre sei kaum Freibadbetrieb möglich gewesen, viele Studierende hätten sich andere Jobs gesucht. Und behalten.Zuletzt hatten sich die Kölnbäder einen recht stabilen Stamm an Aushilfskräften für die Sommermonate aufgebaut. Der ist während der Pandemie stark geschrumpft.
Knapp die Hälfte der Stellen der Saisonkräfte noch vakant
Die Erfahrungen der Gastronomie zeigen, dass viele Studierende offenbar in Corona-Testzentren jobben. Denn dort werden zum Teil Stundenlöhne zwischen 12 und 18 Euro gezahlt – andere Branchen können da nicht mithalten.
Etwa 60 Saisonkräfte werden bei den Kölnbädern benötigt, knapp die Hälfte der Stellen sind noch vakant. Im Notfall sollen die Bäder auch in den Sommerferien erst um 11 Uhr öffnen. „Dann kämen wir mit einer Personalschicht hin“, sagt Heckmann.
Schließung von Hallenbädern und Saunen möglich
Das Personal soll in den Freibädern konzentriert werden, sollte es knapp werden, könnte die punktuelle Schließung von Hallenbädern und Saunen nötig werden. In Phasen anhaltender Hitze tummeln sich manchmal bis zu 9000 Badegäste allein im Stadionbad. Für die vielen Becken werden an solchen Tagen bis zu zwölf Rettungsschwimmer benötigt. Corona-Beschränkungen gibt es derzeit nicht mehr – eine Vollauslastung der Bäder ist erlaubt.
Auch vor der Pandemie hatten viele Badbetreiber bereits Mühe, Personal zu finden. Es fehlen Bäder-Fachangestellte, die schon lange deutlich mehr Aufgaben haben als es landläufig das Image des Bademeisters vermuten lässt. Die Deutsche Gesellschaft für das Badewesen plant jetzt eine Kampagne, um das Berufsbild zu stärken. „Die Zeiten, in denen jemand mit Trillerpfeife und weißem Shirt am Beckenrand steht, sind vorbei“, sagt Berthold Schmitt.
Staidonbad wegen Personalmangel zuletzt geschlossen
Zuletzt war das Stadion-Freibad geschlossen, weil Personal fehlte. „Es ist zu Einschränkungen gekommen, weil die Sicherheit vorgeht. Es muss ausreichend Personal da sein“, betont Bäder-Chefin Heckmann. Anfang 2019 hatte sie den Chefposten in Köln von Berthold Schmitt übernommen, der zu den Bädern nach Bochum gewechselt war. Im Grunde agiert Heckmann seitdem im Krisenmodus. Erst die Pandemie, dann die kriegsbedingte Energiekrise mit stark steigenden Kosten. Und nun der Personalmangel.
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Auswirkungen soll dies auch auf die Zahl der Schwimmkurse haben. Die Nachfrage war zuletzt deutlich höher als das Angebot. Während vor der Pandemie noch 644 Kurse angeboten wurden, waren es voriges Jahr 414. Nun haben die Bäder für die Sommerferien erneut zahlreiche Schwimmkurse angeboten, mehr als 100 Plätze sind noch frei.
Die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) hatte die Zahl der Zehnjährigen, die nicht sicher schwimmen können, schon vor Ausbruch der Pandemie mit 60 Prozent angegeben und sich auf repräsentative Umfragen berufen. (tm)