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Neues DomblattWie der decke Pitter gerettet wurde

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Im zweiten Weltkrieg sollte der decke Pitter eingeschmolzen werden.

Köln – Es ist eine eigene Tradition in Köln: „Weihnachten ist, wenn das Domblatt kommt“, sagte Dompropst Gerd Bachner am Freitag bei der Vorstellung der 84. Ausgabe des Jahrbuchs, das stets kurz vor dem Fest erscheint und die wichtigsten Ereignisse und Forschungen rund um den Kölner Dom präsentiert. Neben dem Bericht von Dombaumeister Peter Füssenich und kunsthistorischen Analysen zu verschiedenen Epochen enthält der Band einen spannenden Aufsatz einer Nachwuchsforscherin zur Geschichte des „Decke Pitter“. Unter dem Titel „Glocken für den Endsieg“ beschreibt Abiturientin Clara Oepen (18), wie der Kölner Domkapellmeister Johannes Mölders die Einschmelzung der berühmten Petersglocke im Zweiten Weltkrieg geschickt verhinderte.

Glocken als Rohstoff für die Rüstungsindustrie

1940 hatten die Nationalsozialisten befohlen, im ganzen Reich die Kirchenglocken einzuschmelzen, sie sollten als Rohstoff für die Rüstungsindustrie dienen. Dafür wurden sämtliche Glocken in vier Kategorien von A bis D eingeteilt. Sicher waren nur die Glocken in Gruppe D, sie wurden als dauerhaft erhaltenswert eingestuft, während allen anderen der Schmelzofen drohte. In Köln erhielten zunächst nur die mittelalterlichen Domglocken Pretiosa und Speciosa diesen Schutzstatus, während der 1923 in Apolda (Thüringen) gegossenen, 24 Tonnen schweren Petersglocke angesichts ihres hohen Materialwerts die Zerstörung bevorstand. Drei der Domglocken sollten sofort abgeliefert werden, doch der Aufforderung des Stadtkonservators Hans Vogts kam man nicht nach. In einem Gutachten vom 17. April 1940 führte Domkapellmeister Mölders nicht nur aus, dass es sich beim „Decke Pitter“ um die größte freischwingende Glocke der Welt handele, ihr Klang besonders rein sei und sie ein Meisterwerk deutscher Glockengießerkunst sei. Geschickt argumentierte er auch, die Petersglocke sei seit dem Ende der Rheinlandbesetzung „an allen patriotischen Tagen“ geläutet worden, sie müsse also auch erklingen, wenn die deutschen Truppen siegreich aus dem Krieg zurückkehrten – „als ein Symbol deutscher Größe, Kraft und Einigkeit“. Ein Argument, das Wirkung zeigte. Der Pitter kam in Kategorie D. Zwar wurde er 1942 in die gefährdete Kategorie C zurückgestuft, doch der Streit zwischen Berlin und Köln zog sich so lange hin, dass am Ende alle Domglocken vor dem Einschmelzen bewahrt wurden.

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Weitere Artikel im neuen Domblatt drehen sich um das früheste Altarbild im Domchor. Weitgehend verborgen, im Originalzustand erhalten und noch nie restauriert, zeigt das um 1260 entstandene Wandgemälde den Tod Marias. Nur rund drei Jahrzehnte später wurde das Bild bei einem Umbau verdeckt und später teilweise übermalt. Es befindet sich heute hinter dem Altar der Stadtpatrone.

Herausgegeben und finanziert wird das Domblatt vom Zentral-Dombau-Verein (ZDV), der inzwischen 17 700 Mitglieder hat und dieses Jahr rund 4,5 Millionen Euro zu den Instandhaltungskosten des Doms von knapp 8 Millionen Euro jährlich beigesteuert hat.

Kölner Domblatt 2019, 216 Seiten, 118 Abbildungen, 19,80 Euro. ISBN 978-3-922442-96-7.