Meine RegionMeine Artikel
AboAbonnieren

Tödliche Badeunfälle im Rhein„Als ob man gegen eine feste Wand drückt“

3 min
Kian Shahbodaghi, Katharina Schmeißer und Alexander Lustig sind Rettungsschwimmende im DLRG.

Kian Shahbodaghi, Katharina Schmeißer und Alexander Lustig sind Rettungsschwimmende im DLRG.

Immer wieder gehen Menschen in Köln trotz Warnungen im Rhein schwimmen. Die Rettungskräfte der DLRG berichten, warum die Strömungen dort so gefährlich sind.

„Niemand stellt sich freiwillig auf eine stark befahrene Autobahn und spielt darauf. Dasselbe gilt für den Rhein, das ist nichts anderes“, sagt Kian Shahbodaghi, Rettungsschwimmer und Pressesprecher der DLRG Bezirk Köln. Trotz mehrerer Warnungen baden viele Menschen im Rhein, und die tödlichen Unfälle häufen sich. Allein vergangene Woche gab es zwei tödliche Badeunfälle in Köln. Der Rhein fließt nicht nur in einer hohen Geschwindigkeit, sondern ist auch die meistbefahrene Wasserstraße Europas. Dadurch entstehen unberechenbare Strömungen und Strudel, gegen die selbst erfahrene Schwimmende nicht ankommen.

„Die Kraft des Rheins wird von den Leuten massiv unterschätzt“, so Alexander Lustig, stellvertretender Bezirksleiter der Kölner DLRG. Er und Shahbodaghi sprechen aus Erfahrung: In der Ausbildung zum Rettungsschwimmer werden Mitglieder in den Rhein gelassen, um die Strömungen selbst zu erleben und den Umgang mit gefährlichen Bedingungen zu üben. Natürlich erfolgt das Training nur unter Sicherheitsvorkehrungen.

Gegen die Strömungen kommen selbst Profis nicht an

Shahbodaghi beschreibt die Strömungen im Rhein: „Es fühlt sich an, als ob man gegen eine feste Wand drückt. Man schwimmt gegen die Strömung, aber merkt, dass man keinen Millimeter weiterkommt.“ So würden Menschen schnell die Kraft verlieren und untergehen. Eine weitere Übung demonstriere die Geschwindigkeit des fließenden Wassers: „Man legt sich mit dem Rücken in den Rhein und schließt für ein paar Sekunden die Augen.“ Die Distanz aus mehreren Metern, die Betroffene in so einer kurzen Zeit zurücklegen, sei erschreckend.

In Düsseldorf, Neuss und seit Dienstag auch in Meerbusch gilt ein Badeverbot im Rhein. Auch in Köln steht ein Verbot zur Debatte. Laut der Verordnung dürfen Personen nicht mehr als in knöcheltiefem Wasser verweilen. Das aus gutem Grund: „Durch den Schiffsverkehr entsteht eine starke Sogwirkung“, so Shahbodaghi. Wenn ein Schiff vorbeifährt, verdrängt es das Wasser zur Seite, dabei entsteht eine Welle am Ufer. Danach fließt das Wasser zurück in den Fluss zurück und bewegt sich vom Land weg. Das heißt: Am Ufer sinkt erstmal der Wasserspiegel erstmal und kommt dann mit Wucht zurück. Wer bis zu den Knien im Wasser steht, kann plötzlich im wahrsten Sinne des Wortes weggespült werden.

In der Ausbildung zum Rettungsschwimmer werden Gefahrensituationen im Wasser simuliert.

In der Ausbildung zum Rettungsschwimmer werden Gefahrensituationen im Wasser simuliert.

„Wer sich in einer Strömung befindet, sollte nicht dagegen ankämpfen“, sagt Lustig. Betroffene sollten versuchen, Ruhe zu bewahren: „Wir sagen grundsätzlich, sich in eine 45 Grad Neigung zu positionieren und versuchen, sich in der Strömung Richtung Ufer treiben zu lassen“, schildert Shahbodaghi. „Währenddessen sollte man auf sich aufmerksam machen.“ Aber: „Die Leute schlucken Wasser, überall sind Wellen, und dann kommt die Panik“, so Lustig.

Betroffene in Strömungen sollen Ruhe bewahren

„Es gibt an mehreren Stellen Rettungsringe, die man zu den Betroffenen im Rhein werfen kann“, sagt Rettungsschwimmerin Katharina Schmeißer. „Entlang des Rheins sind Schilder, die den Rheinkilometer anzeigen.“ Diese Zahl soll man bei einem Notruf nennen, damit Rettungskräfte den Ort finden können. Ansonsten gilt: Ort so gut wie möglich beschreiben und auch im Zweifel einen Notruf absetzen – auch wenn sich später herausstellt, dass keine akute Gefahr bestand.

„Wir befürworten grundsätzlich ein Badeverbot“, so Shahbodaghi. Ein Verbot sei laut Lustig kein Allheilmittel: „Durch Köln fließt der Rhein 40 Kilometer lang. Das durchgängig zu kontrollieren, ist schwierig.“ Allerdings könne ein Verbot die Hemmschwelle erhöhen. „Wir warnen die Leute oft vor dem Rhein. Aber solange es nicht verboten ist, machen sie es trotzdem.“ Die Rettungsschwimmer appellieren erneut an die Vernunft der Menschen. Laut Shahbodaghi habe das Wasser viele Gefahren, die nicht immer einschätzbar seien. „Geht nur an gesicherten Badestellen schwimmen“, sagt Lustig. Dabei sollen vor allem Eltern ihre Kinder nicht aus den Augen lassen. „Nur weil ein Ort bewacht ist, ist er nicht gleich ungefährlich.“