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Tausche Anzug gegen PostuniformEhemaliger Anwalt aus Serbien wagte Neuanfang in Deutschland

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Ein Mann in Postuniform steht neben einem gelben DHL-Zustell-Transporter.

Einst Anwalt in Serbien, arbeitet Dorde Protic heute für die DHL als Verbundzusteller.

Einst Anwalt in Serbien, arbeitet Dorde Protic heute in Köln für die DHL als Verbundzusteller. Warum er glücklich über diese Entscheidung ist.

17 Jahre hat Dorde (spricht sich George) Protic als Anwalt in Belgrad in Serbien gearbeitet. Der heutige 46-Jährige studierte in Novi Sad, der zweitgrößten Stadt Serbiens, Rechtswissenschaften. Seine Frau arbeitete als Hebamme. „Als die Kinder kamen, hat sich unsere Einstellung geändert. Wir wollten eine bessere Zukunft für unsere Mädchen. Wir sahen das in unserer Heimat nicht“, sagt Protic in fließendem, einfachen Deutsch. Manchmal mischt sich auch englisch dazu. Das hat er an der Universität gelernt.

Die Familie entschied sich nach langer Überlegung, für die Mädchen nach Deutschland auszuwandern. Er kam zunächst alleine, arbeitete auf einer Baustelle in Brühl bei einem Bekannten. „Der Rohbau war wirklich sehr interessant“, sagt der Anwalt freundlich und blickt auf seine Zeit in Serbien zurück. „Da habe ich mich mit Recht in einem Land beschäftigt, in dem kein Recht herrscht.“

Politische Krisen und Umweltprobleme in Serbien

Serbien hat mit politischen Spannungen und Protesten aufgrund von Korruption, Machtmissbrauch und einer als autoritär empfundenen Regierung zu kämpfen, was zu gewaltsamen Zusammenstößen führen kann. Hinzu kommen wirtschaftliche Probleme. „Wir haben auch ein sehr großes Problem mit Müll. Die Luft ist extrem schlecht“, sagt Protic.

Täglich fuhr er zur Baustelle nach Düsseldorf, bis er von einer Anzeige las, dass die DHL Zusteller sucht. Seit etwas mehr als einem Jahr arbeitet der zweifache Familienvater als Verbundzusteller bei der Deutschen Post, das heißt, er stellt sowohl Briefe als auch Pakete zu. Aufgrund seiner zuverlässigen und guten Arbeit ist sein Arbeitsvertrag zum 1. September 2025 entfristet worden.

Neuanfang bei der Post bringt Zufriedenheit

Seine Familie ist vor einem Jahr ebenfalls nachgekommen. „Es hat wirklich lange gedauert“, sagt er. Die beiden Töchter besuchen den Kindergarten, seine Frau einen Integrationskurs. „Milena, unsere Ältere, spricht mittlerweile besser Deutsch als wir.“

Die Arbeit bei der Post gefällt ihm gut, die Bewegung, die frische Luft und auch die Begegnungen mit den Menschen, die er zwischen Godorf und Rondorf mit Briefen und Paketen beliefert. „Als Anwalt sind mir immer alle reserviert begegnet. Jetzt ist das ganz anders. Die Leute freuen sich.“ Dass er dafür Anzug und Lackschuhe gegen eine DHL-Uniform tauschen musste, stört ihn nicht. „Wir haben es nicht für das Geld getan. Es war eine ganz bewusste Entscheidung. Wir sind glücklich und zufrieden hier.“

Seit der großen Flüchtlingswelle vor zehn Jahren hat die DHL mehr als 30.000 Geflüchteten eine Perspektive auf dem Arbeitsmarkt eröffnet. Zusätzlich zu festen Arbeitsverträgen und Praktika haben seit 2015 rund 350 Geflüchtete eine Ausbildung gemacht. „Viele haben unsere Angebote auch als Einstiegsjob genutzt“, erklärt DHL-Pressesprecherin Christina Schläger Herrero. Dass sich die Perspektive für Protic weiter positiv entwickeln kann, sieht sie durchaus.

Das Einzige, was dieser manchmal vermisst, sind seine Familie und Freunde in der Heimat. „Wir haben über 40 Jahre aufgegeben.“ Und die einfache Sprache, die er bisher sprechen kann, mag der Serbe auch nicht sonderlich. Als gelernter Anwalt störe ihn das.