Wo die Reichen wohnenEntlang Kölns prächtigster Villen in Marienburg

Lesezeit 6 Minuten
Villa Schröder

Villa Schröder war einst der Sitz der Schweizer Botschaft.  

  • Um der Stadt zu entfliehen, muss man sie nicht unbedingt verlassen.
  • Unsere Autoren zeigen neue Wege durch die Veedel.
  • Die heutige Tour führt durch das noble Villenviertel Marienburg.

Köln-Marienburg – Eindrucksvolle Villen, breite Alleen und riesige Gartenanlagen sind die Markenzeichen von Kölns noblem Stadtteil Marienburg. Es gibt Gebäude, die dem Historismus, dem Jugendstil, dem Expressionismus und der Moderne zugerechnet werden.

Oft wird das Villenviertel als Gesamtkunstwerk bezeichnet und mit dem Berliner Grunewald oder Münchner Edelviertel Grünwald verglichen. Wer sich für Architektur, Tratsch und Klatsch interessiert, der ist bei dieser Tour genau richtig.

Start am Militärring

Wir starten am Militärring. Die halbkreisförmige Kölner Festungswallanlage stammt aus dem 19. Jahrhundert. Hier im Kölner Süden beginnt sie am Rheinufer, wenige Meter zur Linken steht als historisches Zeugnis das Zwischenwerk VIII b (1). Wer sich über die preußischen Festungsanlagen Kölns informieren möchte, kann das hier im Kölner Festungsmuseum tun. Es hat am ersten Samstag und am dritten Sonntag im Monat geöffnet.

Stadtspazier-Marienburg-01

Stadtspaziergang Marienburg 

Um in die Marienburg zu kommen, queren wir an der nächsten Fußgängerampel den Militärring und gehen in die Leyboldstraße. Auf der linken Seite erstreckt sich bis zur nächsten Straßenkreuzung das ehemalige Grundstück des Tabakfabrikanten Heinrich Neuerburg. Rauchen war damals nicht verpönt, die Marke „Overstolz“ der Renner. Gemeinsam mit Reemtsma besaß Neuerburg im Jahr 1928 etwa 85 Prozent des deutschen Zigarettenmarkts.

Tabakfabrikanten Villa Neuerburg

Villa Neuerburg

Neuerburg verlegte den Firmensitz von Trier nach Köln, ließ das Verwaltungsgebäude am Güllichplatz in der Altstadt und die „Villa Neuerburg“ (2) in Marienburg erbauen. Ab 1962 wechselten die Besitzer, zunächst ging die Villa in das Eigentum des Deutschlandfunks über, danach in das der polnischen Botschaft. Derzeit entsteht auf dem Grundstück eine Wohnanlage.

Die „Wiege“ der Villenkolonie 

Wir gehen rechts in die Lindenallee und weiter bis zur Parkstraße. Unser Ziel ist die Hausnummer 55, die „Villa Marienburg“ (3). Das circa 1845 erbaute Haus steht auf einer Anhöhe, so dass man es, wenn die Bäume noch kein Laub tragen, von der Rheinuferstraße und von der Parkstraße aus gut sehen. Das Grundstück ist 52 000 Quadratmeter groß und wurde einst für 2700 Taler vom Kölner Bodenspekulanten Paul Hagen ersteigert.

Hagen ließ sein Haus nach den Plänen des Neuen Pavillons in Berlin-Charlottenburg bauen, und da seine Tochter Maria hieß, nannte er den Familiensitz Villa Marienburg. In den nachfolgenden Jahren wechselten die Besitzer: Ernst Leybold, Heinrich Schütte, Robert Gerling – um nur einige zu nennen – und jeder baute die Marienburg nach seinem Gusto um. Den Schalenbrunnen vor dem Haupteingang ließ Heinrich Schütte errichten. Er zeigt in seinem Zentrum zwei sitzende und zwei stehende unbekleidete Kinderfiguren für die vermutlich Schüttes Töchter Modell standen. Heute befindet sich hier ein vom Gerling-Konzern verwaltetes Schulungszentrum.

Geheimdienstaktivitäten im Iranhaus?  

Wir verlassen die „Wiege“ der Villenkolonie, gehen die Parkstraße hinunter, queren die Marienburgerstraße und stehen vor der Hausnummer 5, dem „Iranhaus“ (4). Seit 1958 gehörte die Villa dem iranischen Staat und von 1984 an sollen von hier zahlreiche Geheimdienstaktivitäten ausgegangen sein. Ursprünglich befand sich auf dem Areal die „Maschinen-Fabrik P. Kyll“. Nach der Verlagerung des Produktionsstandorts im Jahr 1908 nach Sürth erwarb der Zeitungsverleger Josef Neven DuMont das Grundstück, ließ es um vier Meter über dem Straßenniveau aufschütten und sicherte sich damit einen freien Blick zum Rhein. 

Iranhaus 1 Parkstrasse 5

War das „Iranhaus“ einst das Zentrum von Geheimdienstaktivitäten?

Wir gehen nach rechts zurück in die Marienburgerstraße. Das Haus mit der Nummer sieben ist die „Villa Funken“ (5). Der kubische Bau aus Sichtbeton mit den silbernen Stahlblechvorhängen passt rein optisch nicht recht zu den üblichen Villen der Marienburg. Entwickelt wurde er vom Kölner Architekten Artis Paas, der beim Bau besonderen Wert auf ökologische Nachhaltigkeit legte. 

Auf dem Gelände der heutigen Hausnummer sieben, erkennbar durch die neugotische Backsteinfassade, befand sich einst das neue Rathaus (6) der Gemeinde Rondorf, das aber 1888 mit der Eingemeindung Marienburgs nach Köln seine Funktion verlor.

Tina Turner soll in Marienburg gewohnt haben

Wir gehen weiter und biegen nach links ab. Auf der Ecke Unter den Ulmen/Tiberiusstraße steht die „Villa Vorster“ (7), die 1893 für den Mitbegründer der Chemischen Fabrik Kalk, Fritz Vorster, erbaut wurde. Sie war eine der ersten Villen im englischen Landhausstil und ein bedeutender Meilenstein für die Marienburg als Villenkolonie. In einer der Villen gegenüber soll jahrelang Rocksängerin Tina Turner gewohnt haben.

Kaffeepause im Südpark  

Wir gehen die Tiberiusstraße hinunter, am Gartenzaun der Villa Vorster entlang und erreichen ein kleines Rondell mit einem Kiosk (8). Bei warmen Temperaturen kann man auf der Grünfläche dahinter auf Gartenstühlen die Sonne, Kaffee und frisch gebackene Waffeln genießen. In Pandemie-Zeiten gibt es alles „to go“. Gleich hinter dem Kiosk erstreckt sich der Südpark, eine der kleinsten Grünanlagen der Stadt. Der heutige Baumbestand mit Blutbuchen, Platanen, Kastanien- und Maronenbäumen stammt zum Teil aus den Gründerjahren. Im denkmalgeschützten Park befindet sich ein 1920 von Bildhauer Fritz Behn in Bronze gegossener Panther (9).

Panther im Südpark

Der Panther von Fritz Behn

Wir verlassen den Park Richtung Norden. Hier steht die ungewöhnliche Kirche St. Maria Königin (10), erbaut von den Kölner Architekten Dominikus und Gottfried Böhm. Gleich daneben, in der Leyboldstraße 42-44, liegt eine der größten im englischen Stil erbauten Häuser, die Villa Ahn (11), die 1912 von Paul Pott für den Verleger Albert Ahn errichtet wurde. Im Süden grenzt das Grundstück bis an den Südpark. 

20er Jahre Flair 

Weiter geht es über die Eugen-Langen-Straße bis zur Marienburgerstraße zurück, die wir rechts hochgehen. Erwähnenswert sind hier die Villa Stüssgen (12) mit der Hausnummer 48 und das Haus Arntzen (13) mit der 19. Man kann nicht viel sehen vom Familienanwesen der Familie Stüssgen. Aber was sich hinter der hohen Hecke verbirgt, ist ein Werk des deutsch-amerikanischen Architekten Theodor Merill, der den Grundstein für die Erschließung des Hahnwalds gelegt hat.

Das könnte Sie auch interessieren:

Für Cornelius Stüssgen, der die ersten Selbstbedienungsläden in Deutschland gründete, baute Merill Anfang der 20er-Jahre eine repräsentative Villa, die bis heute weitgehend originalgetreu erhalten ist. Auch das Haus Arntzen stammt aus dieser Zeit. Fabrikant Arntzen hatte dem Architekten nur eine Vorgabe gemacht: „Das wunderschönste Haus in Marienburg zu bauen.“ 

Das ehemalige Palästina Haus 

Wir biegen nach links ab in die Straße Unter den Ulmen, die direkt zum Bayenthalgürtel führt. Die Eckvilla mit der Nr. 96 war einmal das sogenannte Palästina Haus (14). Hausherr Ludwig Schneller, Sohn von Missionaren, die in Syrien ein Waisenhaus eröffneten, verlegte 1905 den Sitz der Missionsgesellschaft nach Marienburg. 1949 zog die Gesandtschaft des Königreichs Schweden ein, seit 2000 ist das Gebäude in Privatbesitz.

Das Eckhaus auf der anderen Straßenseite ist die „Villa Schröder“ (15) mit Kutscherhaus und einem großen Park, erbaut 1902 durch den Bankdirektor Heinrich Schröder. Von 1952 bis 1977 war hier der Sitz der Schweizer Botschaft.  

Infos zur Tour

An- und Abfahrt: Die KVB Linie 16 hält an den Haltestellen Heinrich-Lübke-Ufer (Hinfahrt) und am Bayenthalgürtel (Rückfahrt vom Bismarckturm aus). Wer mit dem Auto kommt, nutzt den Park&Ride-Parkplatz unter der Rodenkirchener Brücke. Länge: Die einfache Tour von Haltestelle zu Haltestelle ist ca. fünf Kilometer lang. Wer mehr laufen will, kann das auf der Rheinpromenade tun. Mehr Veedelsspaziergänge gibt es im Internet unter

www.ksta.de/freizeit/ausflug

Wir queren den Bayenthalgürtel und gehen in der Mitte der Platanenallee (16) in Richtung Rheinufer. Die 185 Bäume stehen seit 1899 an Ort und Stelle und sind ein geschütztes Naturdenkmal. Wir erreichen den Bismarckturm (17), mit seiner 15 Meter großen Rolandsfigur, deren Gesichtszüge denen des Reichskanzlers Otto von Bismarck nachempfunden sind. Der Turm wurde weitgehend von Heinrich Stollwerck finanziert, der Schokoladenproduzent ließ sich in unmittelbarer Nähe eine verschnörkelte Burg bauen, die „Bismarckburg“.

Rundschau abonnieren