Köln – Kaum ist die neue U-Bahn-Haltestelle Heumarkt eröffnet, haben die Tauben das 90-Millionen-Bauwerk eingenommen und schon jetzt ordentlich verdreckt. Die Abbrucharbeiten an der Ostseite des Doms haben auch dort zu neuen Problemen geführt: Die Vögel, die sich sonst im Tunnel unter der Bahn und neben der Philharmonie aufhalten, haben sich seit neuestem tagsüber Plätze an der Westseite der Kathedrale gesucht. 160 bis 180 Tauben halten sich in der Dom-Fassade auf, sagt Jörg Sperner, Assistent von Dombaumeister Michael Hauck. Auch die Kuppel der neuen Zentralmoschee in Ehrenfeld ist oben mit Taubenkot überzogen.
Nach Meinung von Dr. Egbert Lechtenböhmer, Leiter des Veterinäramtes, ist nicht das Tier, sondern der Mensch schuld: „Die Taube fliegt ja nicht in die U-Bahn, weil sie sie so schön findet, sondern weil die Leute Essensreste fallen lassen.“ Die Stadt hat in der Vergangenheit alles Mögliche versucht, der Plage Herr zu werden. Im Grunde hat nichts genutzt. Die „Pille“ für Tauben sei daran gescheitert, dass auch artgeschützte Tiere sie im Futter aufnahmen; „eigentlich müsste man bei der Methode jede Taube persönlich füttern“, so Lechtenböhmer. Die Netze, die die Abfallwirtschaftsbetriebe an Unterführungen anbrachten, hätten „hervorragend“ als Abschreckung funktioniert – bis Unbekannte sie aufschlitzten. Daraufhin flogen die Tauben hinter die Netze, fanden nicht mehr hinaus und verhungerten.
Am Dom sind – fast unsichtbar – an manchen Stellen zum Schutz intakte Netze und Draht angebracht. Hier und da wurde laut der früheren Dombaumeisterin Barbara Schock-Werner in der Vergangenheit schon mal bis zu 50 Zentimeter hoher Taubenkot entfernt. „Wir werden der Situation nicht Herr, wenn die Fütterung nicht eingedämmt wird“, betont Lechtenböhmer und fordert eine konsequente Bestrafung. In Köln ist Taubenfüttern verboten, wer dagegen verstößt, muss schlimmstenfalls 1000 Euro Strafe zahlen.
Eier gegen Attrappen ausgetauscht
Zweite Möglichkeit: Taubenhäuser, in denen die Tiere nisten können und in denen ihre Eier durch Gipseier ersetzt werden. Das aber erfordert Leute, die sich kümmern. In der Vergangenheit hatten Tierschutzvereine das zwar zugesichert, aber nicht in die Tat umgesetzt. Deshalb wurden die Häuser abgebaut. Kürzlich hat sich wieder eine Tierschützerin gemeldet, die sich ehrenamtlich um einen solchen Taubenschlag kümmern möchte.#
Am Dom wird das seit langem gemacht. 36 Taubennistkästen gibt es laut Sperner in der Fassade. Ein Dachdecker der Dombauhütte versorgt die Schläge, säubert sie und tauscht die Eier aus. „Am Anfang gibt es in den Nistkästen Vollpension“, erklärt Sperner, dann wird nicht mehr gefüttert. Der Vorteil der Taubenschläge: Fremdtauben, die sich anschicken zu nisten, werden von den ansässigen verjagt.
Auch ein Falkenpaar nistet am Dom und trägt dazu bei, dass die Taubenpopulation nicht zu groß wird, sagt Falkner Lothar Ciesielski (55) aus Dünnwald. Mit seinen Wüstenbussarden geht er gegen Tauben vor, die im Domumfeld unter Brücken und Unterführungen leben. Auf 10?000 bis 15?000 Brutpaare schätzt der Greifvogelexperte den Taubenbestand in Köln, aber genau wisse das niemand. Ganz werde man die Tiere nie vertreiben können. Es gehe darum, sie dort zu verjagen, wo sie stören oder sich zu stark vermehren. Die Taubenabwehr mit trainierten Greifvögeln, die die Tiere nicht schlagen, sondern nur vertreiben, sei eine effektive Methode, sagt Ciesielski. „Meist werden Falkner gerufen, wenn andere Ideen keinen Erfolg hatten.“ Er wurde unter anderem von der Moschee und der Großmarkthalle engagiert, der KVB hat er ein Angebot für die Haltestelle Heumarkt gemacht. Dass Tauben manchmal sogar mit der U-Bahn fahren, wie es Tierfilmer in London bereits beobachtet haben, sei nicht überraschend. „Tauben kennen den Menschen als Futterlieferant und folgen ihm.“