Investition in die ZukunftBahn erneuert Stellwerke im Raum Köln – Sperrungen bis 22. März

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Arbeiter montieren ein neues Signal.

Arbeiter montieren am Bahnhof Köln-West ein neues Signal.

In Köln wird mit einer Investition von 110 Millionen Euro die altgediente Stellwerkstechnik durch ein neues Elektronisches Stellwerk ersetzt. Ziel ist, den Zugverkehr pünktlicher und zuverlässiger zu machen.

Regionalbahnen, ICE und Güterzüge fahren derzeit keine auf dem Kölner Eisenbahnring. Stattdessen rollen am Mittwoch Zweiwegebagger durch den Bahnhof West. Dutzende Arbeiter sind auf der Baustelle damit beschäftigt, Kabel zu verlegen und Signale zu montieren. Endspurt für die Arbeiten am neuen Elektronischen Stellwerk (ESTW) „Linker Rhein“, mit dem der Zugverkehr künftig effizienter und reibungsloser gesteuert werden soll.

Fahrgäste leiden unter Sperrungen und Zugausfällen 

Seit mittlerweile zwei Wochen ist die viel befahrene Strecke gesperrt – zum Leidwesen vieler Bahnkunden, die deshalb Zugausfälle, Umwege und Ersatzverkehr mit Bussen auf sich nehmen müssen. Für tausende Berufspendler im Großraum Köln/Bonn bedeuten die momentanen Sperrungen, dass sie erheblich mehr Zeit für ihren Weg zur Arbeit einplanen müssen. Hinzu kommen aktuell die vielen Streiks bei der Bahn - kein Wunder, dass bei nicht wenigen Bahnkunden die Nerven blank liegen.

Die Probleme der Fahrgäste seien der Bahn bewusst, sagt Bahnsprecher Dirk Pohlmann. „Aber es ist einfach notwendig, weil in den letzten Jahrzehnten leider zu wenig in die Infrastruktur investiert worden ist.“ Und das müsse man jetzt nachholen – um digital zu werden und zuverlässig fahren zu können.

Umfangreiche Bauarbeiten führt die Bahn im Bahnhof Köln-West durch. Der helle Schotter zeigt, welche Gleise erneuert wurden.

Umfangreiche Bauarbeiten führt die Bahn im Bahnhof Köln-West durch. Der helle Schotter zeigt, welche Gleise erneuert wurden.

Deshalb investiert die Bahn in digitale Steuerungstechnik. Das Elektronische Stellwerk Linke Rheinseite umfasst die Erneuerung der alten Stellwerke im Bereich Köln-West, Köln-Süd und Hürth-Kalscheuren. Tatsächlich ist die bisher hier genutzte Relaistechnik seit mehr als 60 Jahren im Einsatz.

„Die Alttechnik ist sehr störanfällig und die Ersatzteilversorgung nicht immer gewährleistet. Durch das neue Stellwerk erhöhen wir die Stabilität und Flexibilität für den Betrieb“, erläutert Ricarda Kiehl. Die 33-jährige Ingenieurin aus Köln ist Projektleiterin, sie wechselte vor dreieinhalb Jahren von einer Ingenieurbaufirma zur Deutschen Bahn und hat selbst die Planungen für das Projekt gemacht. Jetzt muss sie dafür sorgen, dass die Bauarbeiten reibungslos ablaufen und pünktlich fertig werden.

Countdown: Abschluss der Arbeiten bis 22. März vorgesehen

Noch bis Freitag, 22. März, 21 Uhr, dauert die dreiwöchige Sperrpause, dann soll der Zugverkehr auf dem betroffenen Abschnitt wieder weitgehend fahrplangemäß und störungsfrei laufen.

Bis dahin haben die Arbeiter noch einiges zu tun. Insgesamt wurden seit Baubeginn 2020 zwei neue Stellwerksgebäude errichtet, elf Signalausleger, elf Signalbrücken sowie zahlreiche Einzelmastsignale. Auch fünf Weichenheizstationen wurden gebaut, mit denen im Winter Dutzende Weichen auf dem Streckenabschnitt vor dem Einfrieren geschützt werden können. Zudem wurden rund 30 Kilometer Kabelschächte und mehr als 300 Kilometer Kabel neu verlegt. Im Rahmen der Sperrungen wurden am Bahnhof West auch Gleise erneuert. „Wir versuchen, die Sperrpausen möglichst effektiv zu nutzen“, sagt Pohlmann. Insgesamt investiert die Bahn in das Elektronische Stellwerk Linker Rhein rund 110 Millionen Euro.

Nächster Schritt: Probefahrten und Inbetriebnahme des neuen Stellwerks

Wenn die Bauarbeiten bis kurz vor Ostern weitgehend abgeschlossen sind, ist die neue Technik aber noch nicht einsatzbereit. „Sämtliche Kabel und Signale müssen erst durchgeprüft und abgenommen werden“, erklärt Kiehl. Ab September sind auf dem betroffenen Abschnitt erste Probefahrten geplant. Ende des Jahres soll das neue Stellwerk dann in Betrieb gehen.

Ein Signalausleger über den Gleisen.

Ein Signalausleger über den Gleisen am Bahnhof Köln-West.

Doch das ist nur der erste Schritt. Parallel arbeitet die Bahn auch am Elektronischen Stellwerk Köln Hauptbahnhof, das die Technik von 1975 ersetzt, mit der bis heute ein Großteil des Zugbetriebs gesteuert wird. Es soll Ende 2025 vollumfänglich in den Einsatz gehen und dann auch den Fern- und Regionalverkehr steuern. Bisher wird damit nur der S-Bahn-Verkehr gesteuert. Fahrgäste müssen sich also noch fast zwei Jahre lang auf Einschränkungen einstellen. Erst ab dem Jahr 2026, wenn beide neuen Stellwerke in Betrieb sind, soll der Zugverkehr spürbar besser laufen als bisher.

Ursprünglich wollte die Bahn beide Stellwerke gleichzeitig in Betrieb nehmen. Dann entschied man sich aber dafür, die Projekte zu entzerren, um mehr Zeit für das komplexe Bauvorhaben zu haben. Schließlich muss ein Großteil der Arbeiten „unter dem rollenden Rad“ erledigt werden, also bei laufendem Zugbetrieb. Sperrpausen sollen so kurz wie möglich gehalten werden. Hinzu kommt, dass die Bahn im Großraum Köln/Bonn an weiteren Projekten arbeitet wie dem Ausbau der S-Bahn-Linie 13 und der Erneuerung des Stellwerks Bonn-Bad Godesberg.

Reisende müssen Einschränkungen hinnehmen.

Reisende müssen Einschränkungen hinnehmen.

Bis zu einer wirklichen digitalen Zugsteuerung ist es aber noch ein weiter Weg. Mit den Elektronischen Stellwerken schafft die Bahn nur die technischen Grundlagen für das digitale Zugkontrollsystem „European Train Control System“ (ETCS). Wann es rings um Köln eingeführt wird, ist offen.

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