In der 95-minütigen Solo-Performance enthüllt Schauspieler Andreas Beck neue Details zum Potsdamer Geheimtreffen - und bezieht klar Position für die Demokratie.
Kölner Schauspiel startet politischKay Voges bringt neue Correctiv-Recherche auf die Bühne

„Geheimplan gegen Deutschland - Ein Nachspiel“ mit Andreas Beck
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Es war die Premiere, bevor es richtig losgeht in der ersten Spielzeit am Schauspiel Köln unter Kay Voges. Und es war mehr als nur ein dezenter Hinweis darauf, was dem neuen Intendanten und seinem Team am Herzen liegt: Theater mit Haltung und mit Botschaft sowie politische Auseinandersetzungen.
Angekündigt als „Geheimplan gegen Deutschland – ein Nachspiel“, wurde der Abend parallel zur Aufführung im Depot 2 - live im Internet gestreamt, erreichbar über die Seite des Schauspiels und von „Correctiv“, jener Redaktion, die im Januar 2024 über eine Diskussionsveranstaltung mit Rechtsextremen in Potsdam berichtet hatte. Dieser Rahmen sollte nun genutzt werden, um neue Erkenntnisse von „Correctiv“ zu präsentieren.
Andreas Beck blickt zurück
Kay Voges hatte kurz nach der ersten Veröffentlichung 2024 die Rechercheergebnisse auf die Bühne des Berliner Ensembles gebracht, auch dieser Abend war live gestreamt worden und im Anschluss noch abrufbar - kostenlos. Insgesamt haben 1,5 Millionen Menschen sich die Theatralisierung angesehen.
Einer der Schauspieler, Andreas Beck, gehört mittlerweile zum Kölner Ensemble. Im „Nachspiel“ berichtet er nun 95 Minuten lang, was in den rund 21 Monaten passiert ist. Es geht um die Reaktionen auf die Veröffentlichung, die Prozesse gegen „Correctiv“ oder auch andere Medien und Menschen, um die Zweifel, die an den Inhalten des ursprünglichen Artikels aufkamen.
Der Begriff der „Remigration“
Oder um Rechtanwalt Ulrich Vosgerau, seinen Kölner Rechtsbeistand Ralf Höcker und um Vosgeraus Prozesskosten-Crowdfunding-Kampagne, bei der bislang um die 180.000 Euro zusammengekommen sind. Um weitere Akteure wie den AfD-Bundestagsabgeordneten Maximilian Krah, den Influencer Erik Ahrens, den Verleger Götz Kubitschek oder den österreichischen rechtsextremen Aktivisten Martin Sellner.
Thema ist auch der Aufstieg der AfD in der Folge. Und darum, wie der Begriff „Remigration“, der im Zusammenhang mit der Potsdam-Geschichte zum ersten Mal einer breiten Öffentlichkeit gewahr wurde, von einem Umwort zu einem akzeptierten Begriff der rechten Bewegung und einem Slogan der AfD wurde.
Was ist justiziabel?
Und es geht darum, was die Teilnehmenden des Treffens gesagt haben sollen und was sie nicht gesagt haben wollen. Wurde darüber gesprochen, dass Millionen von Deutschen mit Migrationshintergrund sowie mit oder ohne deutschen Pass das Land verlassen sollen oder doch nur ein Teil von ihnen? Zu welchen Einsichten sind die Gerichte in der Zwischenzeit gekommen, welche Urteile haben sie gefällt, und welche Prozesse laufen noch?
Es geht an diesem Abend auch darum, was man über das Treffen sagen und vor allem schreiben dürfe, so dass es nicht justiziabel sei (hierfür wurden für die berichterstattende Presse auch die entsprechenden Sätze und Formulierungen unter anderem auf der Seite des Schauspiels zur Verfügung gestellt).
Eigene Zweifel thematisiert
Und Andreas Beck thematisiert auch die eigenen Zweifel, die ihn in den vergangenen Monaten beschlichen hätten, ob das alles so richtig gewesen sei. Wie Freunde sein Mitwirken an der Theaterfassung infrage gestellt hätten. Man spoilert nicht, wenn man verrät, dass er diese Zweifel ausräumen konnte.
Denn er kommt zu dem Schluss, dass er diesen Abend mache, „weil’s hier gerade um Alles geht. Und weil ich mir nicht vorwerfen will, als es wirklich darauf ankam, nicht alles getan zu haben. Für unsere Demokratie, die Würde des Menschen und den festen Glauben daran, dass wir alle gleich sind, gekämpft zu haben“.
Erik Ahrens' eidesstattliche Versicherung
Kurz vor Schluss wird dann die in Aussicht gestellte Neuigkeit präsentiert: Semidramatisch, wir befinden uns schließlich in einem Theater, öffnet Andreas Beck einen Umschlag, aus dem er die Kopie einer eidesstattlichen Versicherung zieht, die Erik Ahrens, einer der Teilnehmer des Potsdamer Treffens, „Correctiv“ gegenüber abgegeben hat.
Der Inhalt ist praktisch so zusammenzufassen, dass Ahrens, der seines Zeichens öffentlich via Youtube und soziale Medien, eine Wandlung vom Saulus zum Paulus durchlaufen hat, die Recherchen von „Correctiv“ zum „Geheimplan“ bestätigt.
Großer Schauspielabend
Ganz so überraschend ist das nicht, hatte Ahrens schon vor einer Woche dem Onlineportal „t-online“ gegenüber die Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung bestätigt. Und wie sich die eidesstattliche Versicherung auf die laufenden und abgeschlossenen Prozesse auswirkt, bleibt selbstredend offen.
Doch der Abend ist nicht nur die gesellschaftspolitische Visitenkarte, die Kay Voges und sein Team hier abgeben, sondern auch die schauspielerische von Andreas Beck. Aus den eng beschriebenen 40 Seiten Stücktext (für den neben Beck und Voges auch Hausregisseur Calle Fuhr und Chefdramaturg Alexander Kerlin sowie Lolita Lax und Jean Peters von „Correctiv“ zeichnen) macht er einen spannenden, informativen, aber auch unterhaltsamen Abend. Hier ist ein Bühnenprofi am Werk, dem man gerne folgt, wenn er durch die Untiefen der rechten und rechteren Sümpfe lotst.
Was kann der Abend bewirken?
Das Schaudern, das einen beim Zuschauen ergreift, ist wahrlich nicht wohlig. Die harten Bandagen, mit denen hier von Rechtsaußen gekämpft, sind beängstigend. Und so gab es nach rund 95 Minuten Jubel für Beck und für einen Abend, der wahrlich nicht von denen wahrgenommen wird, die sich von menschenverachtenden Haltungen nicht davon abhalten lassen, bei Wahlen ihre Stimme rechts abzugeben.