In Köln präsentierte Krimiautor Arne Dahl bei der „Crime Cologne“ sein neues Buch „Kaltes Fieber“. Mit uns hat er vorab darüber gesprochen – und über die Zukunft des Genres.
Krimiautor Arne Dahl„Wir sind nur ein paar, die überlebt haben“

Der schwedische Krimiautor Arne Dahl in Köln.
Copyright: Nabil Hanano
Seit vielen Jahren veröffentlicht der schwedische Autor Jan Arnald als Arne Dahl Krimis und gehört zu den erfolgreichsten Autoren des Genres. In Köln präsentierte er im Rahmen der „Crime Cologne“ sein neues Buch „Kaltes Fieber“. Vor der Lesung sprach er mit Axel Hill.
Gibt es einen Unterschied zwischen Jan Arnalds und Arne Dahl?
Arne Dahl existiert eigentlich nur beim Schreiben und auf der Bühne.
Fühlen Sie sich denn anders, wenn Sie als Arne Dahl angekündigt werden?
Möglicherweise ein bisschen enthusiastischer. (grinst) Ich habe nicht versucht, daraus ein schizophrenes Problem zu machen. Bis ich 35 war, hatte ich versucht, anspruchsvolle Literatur zu schreiben. Aber vielleicht war ich zu jung, zu überambitioniert - ich bekam eine Schreibblockade, wollte mir aber eine zweite Chance geben und habe diesen anderen Autor erfunden.
Das hat geklappt. „Kaltes Fieber“ ist der zweite Band einer neuen Krimi-Reihe, Ihrer mittlerweile vierten.
In den ersten beiden hatte ich diese Kollektiverzählungen: viele Personen, viele Perspektiven, viele Fäden, ein Netz von Handlungssträngen - mit sehr viel Recherche vorab. Für die „Berger/Blom“-Reihe wollte ich das ein wenig zurücknehmen, weniger Menschen, alles enger, dichter, psychologischer. In der „Nova“-Reihe versuche ich beides ein wenig zu kombinieren.
Was war zuerst da: das Ende der alten Serie oder die Idee für die neue?
„Berger/Blom“ war nach fünf Bänden auserzählt, weil die beiden Hauptpersonen plötzlich glücklich waren. Ich wusste aber immer, dass ich nicht mein Leben lang dieselbe Reihe schreiben will.
So wie etwa Donna Leon, um nur eine zu nennen?
Da hat man das ganze Leben in einen Kommissar investiert. Ich dachte mir, ich muss immer zu einem Ende kommen. Nicht unbedingt die Figuren töten, aber sie auf jeden Fall ruhen zu lassen. Das heißt, sie könnten noch einmal auferstehen.
Eva Nyman hat mit der „Nova“ eine Truppe um sich versammelt, die sich prima für eine Gruppentherapie eignen würden.
Ja (lacht).
Gleichzeitig verkörpern sie auch viele aktuelle Probleme: mentale Gesundheit, Einsamkeit, ältere weiße Männer, Alkoholmissbrauch, Migrationshintergrund, queere Menschen. Fast schon zu perfekt in dieser Konstellation.
Früher hatte ich diese idealisierte Kollektiv- und Teamidee: Durch die perfekte Zusammenarbeit wird das Team in der Summe größer als die einzelnen Mitglieder. Bei „Nova“ haben alle ein bisschen mehr gelebt und mehr Schwierigkeiten gehabt. Und Eva Nyman kennt alle ihre Schwächen und nutzt dies für sich.
Die Opfer werden in Nachbauten der Sieben Weltwunder öffentlich zur Schau gestellt. Wie entstand die Idee?
Es begann eigentlich mit einer Vision: Ich habe diese weiße Statue des Zeus vor mir gesehen, auf Skinnarviksberget in Södermalm, wo ich in Stockholm wohne. Viel früher hatte ich schon einmal von einer uralten Buddha-Statue gehört: Als man sie mit Röntgenstrahlen durchleuchtete, sah man, dass darin die Leiche eines Mönchs steckte. Und dann hatte ich die Idee, dass es ein fantastisches Bild ein könnte, wenn die Statue zwar aussieht, als sei sie aus Marmor, sich aber dann im Regen auflöst. Obwohl ich eigentlich nichts mit Zahlen machen wollte, habe ich mich dann doch für die Sieben Weltwunder entschieden.
Haben Sie die Serie schon durchgeplant? Gibt es schon weitere Ideen für Serienmorde?
Schon in Band eins ging es eher um terroristische Attentate. Und Band drei geht eher in die Richtung von Spionage und Thriller. Aber der Serienmord als Genre bietet so viele Möglichkeiten. Und er beinhaltet Vergangenheit - was ist passiert, wer hat es getan? und gleichzeitig gibt es die Bedrohung für die Zukunft ...
Haben Sie manchmal das Gefühl, dass der Buchmarkt insgesamt von zu vielen schwedischen Krimis überschwemmt wird? Dass die Konkurrenz groß ist und die Nachfrage irgendwann nachlässt?
Absolut. Es ist viel schwieriger für neue schwedische Autoren, in Deutschland bekannt zu werden. Der große Skandivanien-Krimi-Boom ist vorbei. Wir sind nur ein paar, die überlebt haben. Dennoch erscheinen jedes Jahr in Schweden noch 500 neue Krimis. Im Vergleich dazu: In Norwegen sind es nur 60. Es gibt also eine Krimi-Inflation bei uns. Und viele „richtige“ Autoren denken, das schaffe ich in einem Monat. Und Sie können es nicht, denn es ist mehr Handwerk als freies künstlerisches Schreiben.
Sind diese Autoren das einzige Problem?
Nein, das andere sind die Hörbücher.
Darauf haben Sie schon bei unserem letzten Gespräch vor fünf Jahren hingewiesen: Die Verlage würden dafür „Easy Listening“ haben wollen, also leicht konsumierbare Kost.
Und das Problem ist noch größer geworden. Viele Autoren schreiben direkt für Hörbücher ...
...so wie früher Filme „direct to video“ gedreht wurden?
Genau. Und deshalb gibt es neue Regeln, wie man schreiben soll: Es darf nicht zu viele Personen geben, man muss immer wissen, wer ist wer und wo ist das Böse.
Wie schon andere Ihrer Bücher zuvor wurde „Kaltes Fieber“ in Fortsetzungen auf der Homepage der Tageszeitung „Dagens Nyheter“ veröffentlicht. Zur Zeit von Dickens, aber auch lange Zeit im 20. Jahrhundert war das Usus. Wie waren jetzt die Reaktionen - also die Klickzahlen?
Sie wurden weniger und weniger, und etwa zur Halbzeit wurde auch das Buch veröffentlicht. Aber der Verlag wollte es ausprobieren: Wollen die Leute Tag für Tag abwarten oder lieber möglichst schnell das Buch kaufen...