Intendant Kay Voges holt für sein Ensemble viele neue Gesichter ans Schauspiel Köln. Einige von ihnen stellen wir Ihnen in den kommenden Wochen in loser Folge vor. Für das heutige Gespräch hat sich Rolf-Ruediger Hamacher mit Uwe Schmieder getroffen.
Neu am Schauspiel KölnUwe Schmieder: „Köln könnte ein perfekter Abschluss sein“

Mit Ramones-T-Shirt beim Interview: Uwe Schmieder.
Copyright: Thomas Brill
Auch auf den 1959 in Bautzen geborenen Uwe Schmieder trifft das in vielen Künstler-Familien gepflegte Klischee von der „schon in die Wiege gelegten Liebe zum Theater“ zu. Nur, dass sich der Sohn der am Theater Zeitz tanzenden Klaus und Renate Schmieder nicht für die Profession seiner Eltern, sondern – nach einer Ausbildung zum Berufskraftfahrer – für das Schauspiel entschied. Obwohl man dem heute 66-Jährigen durchaus auch den durchtrainierten Tänzer abnehmen würde, als er zum Interview im Chelsea Hotel erscheint, wo er die Wartezeit überbrückt, ehe er in seine Wohnung in Köln ziehen kann.
„Ich bin eigentlich auch nur ein alter, weißer Mann mit langen Haaren“, kokettiert er ein wenig mit seiner drahtigen Figur. Die wird ab September über die Bühne des rechtsrheinischen Depot wirbeln, in Kay Voges’ Eröffnungsstück „Imagine“.
Das wird für Uwe Schmieder kein Sprung ins kalte Wasser sein, war er doch schon während Voges’ Intendanz am Schauspiel Dortmund dort von 2011-2020 fest engagiert, brillierte unter anderem in der deutschsprachigen Erstaufführung von Rainer Werner Fassbinders „Welt am Draht“.
Uwe Schmieder: Rückblick auf ein spannendes Künstlerleben
Von 2020 bis 2025 folgte er Kay Voges ans Wiener Volkstheater. „In dieser Zeit habe ich vor allem den Respekt vor der Kunst der unterschiedlichsten Regiehandschriften gelernt“, erinnert sich Schmieder, „und ich habe Voges’ Credo verinnerlicht, dass es für mich nichts gibt, was nicht spannend ist.“ Und das waren die Jahre im Wiener Volkstheater unbedingt.
Ein spannendes Künstlerleben hat Uwe Schmieder wahrlich hinter sich: Auf „die Bretter, die die Welt bedeuten“ bereitete er sich von 1981-85 an der Hans Otto Theaterschule in Leipzig vor. Es folgten erste Engagements in Rudolstadt und Greifswald, ehe er nach der Wende 1991 das Orphtheater in Berlin mitgründete, an dem er als Schauspieler und Regisseur wirkte.
Später wurde das Orphtheater zum NNU (Neuer Notwendiger Untergrund), einer Vereinigung von Künstlern, Tänzern, Musikern, Sängern, Fotografen, Schauspielern und auch Köchen: „Zwanzig Jahre gehörte ich nun jener freien Szene an, die sich bisweilen mit Kellnern über Wasser hielt“, blickt Schmieder amüsiert zurück. Es folgte ein unstetes Schauspielerleben durch die ganze Republik von Berlin über Bad Hersfeld und Bamberg bis München, bei dem Schmieder mit vielen großen Regisseuren und Regisseurinnen, wie Holk Freytag, H.W. Kroesinger, Jean-Claude Berutti, Gesine Danckwart , Susanne Truckenbrodt und Claudia Bauer arbeitete.
Besonders angetan von Frank Castorf
Besonders angetan war er von Frank Castorf („Der hat das Theater revolutioniert!“) und der Zusammenarbeit mit Wolfram Lotz („Heilige Schrift“, „Einige Nachrichten an das All“), den er „für den interessantesten, deutschen Gegenwarts-Theaterautoren“ hält. Aber es gibt auch Begegnungen der ganz besonderen Art in Schmieders Vita: In Dortmund spielte er etwa im trashigen „Green Frankenstein und Sexmonster“ des B-Movie Regisseurs Jörg Buttgereit.
Und in Rom hatte er ein geradezu erleuchtendes Erlebnis: „Da habe ich einen Theater-Raum gemietet, mit 20 internationalen und 20 italienischen Kollegen und Kolleginnen Heiner Müllers ‚Hamletmaschine’ erarbeitet, die in Dortmund meine erste Inszenierung war. Wir haben uns die acht Tage selbst verpflegt und das Abschlussfest mit den Bewohnern des Viertels gemeinsam gefeiert“, erzählt er begeistert. „Da habe ich wieder mal erfahren, wie sehr sich, vor allem die Älteren, nach Geschichten sehnen und ich mich nach der Kommunikation mit dem Publikum. Denn diese war in Corona-Zeiten Schauspiel- und Regie-Proben am Laptop gewichen. Sodass ich mich manchmal gefragt habe: Was soll man denn noch im Theater spielen?“
Welche Erwartungen hat nun Uwe Schmieder an sein Engagement in der Domstadt, schließlich ist er ja schon im wohlverdienten Rentenalter? „Köln könnte ein perfekter Abschluss sein!“, meint er – und schickt ein augenzwinkerndes „irgendwann“ hinterher.