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Opernpremiere in KölnCarolina López Moreno begeistert als Manon Lescaut

3 min
Carolina López Moreno als Manon Lescaut und Gaston Rivero als Des Greux

Carolina López Moreno als Manon Lescaut und Gaston Rivero als Des Greux

Die Premiere von Giacomo Puccinis „Manon Lescaut“ wird im Staatenhaus frenetisch gefeiert.

Am Ende fällt der Satz, in dem Giacomo Puccini alle großen Gefühle seiner „Manon Lescaut“ wieder vergehen lässt: „Fast sehne ich mich nach der Stille eines Grabes.“ In dieser Düsternis offenbart sich das große Können der jungen Sopranistin Carolina López Moreno, die der Protagonistin ungemeine Intensität gibt und Gänsehaut erzeugt.

Koproduktion mit Teatro Real Madrid

Die lange Sterbeszene in der Wüste, das krampfartige Zucken und Halluzinieren im vierten Akt meistert die 34-Jährige so brillant und überzeugend, dass man schon fast selbst Durst leidet. Dafür wurde sie vom Publikum der Kölnpremiere der Koproduktion mit dem Teatro Real Madrid im Staatenhaus frenetisch gefeiert.

Doch überwiegend süffig ist die Musik des Liebesdramas in vier Akten. Andrés Orozco-Estrada, der neue GMD am Pult des Gürzenich-Orchesters, dirigiert Sturm und Drang mitreißend und punktgenau. Gut sichtbar sitzen die Musiker vor der Bühne, die Stimmen der Gesangssolisten wirken manchmal leider etwas überdeckt, was ein Graben wahrscheinlich verhindert hätte.

Der Chor der Oper unter der Leitung von Rustam Samedov gibt dem spärlichen Bühnenbild eine folkloristische Note, die an Luchino Viscontis Jahrmarktsschilderung im Film „Ossessione“ (Besessenheit, 1943) erinnert. Sparsam bleibt Regisseur Carlos Wagner, der Puccinis Werk auch als Geburtsstunde der Filmmusik versteht, in seiner Inszenierung und siedelt im Zentrum ein Karussell an, das in der Wüste zum kreisrunden Todeskrater wandelt.

Schockverliebt

Fast mag es einem schwindelig werden, wie dicht aufeinander die Bilder folgen. Im lustig und beschwingtem Auftakt ist eine heitere Grundmelodie gesetzt, in die schwere Schicksalsschläge und musikalischer Furor donnern. Die Treue der Protagonistin Manon zum armen und schockverliebten Studenten Des Grieux (anrührend: Gaston Rivero) wird gleich mehrfach auf die Probe gestellt.

Denn Manon ist eben auch durch den schnöden Mammon verführbar, geht in Paris eine Liaison mit dem schwerreichen Steuerpächter Geronte Di Ravoir (verletzbar: Cristian Saitta) ein. Es ist der Fluch ihrer Schönheit. Die Fäden im Hintergrund zieht Manons Bruder Lescaut (gewitzt: Insik Choi) der mit dem armen Studenten mitfühlen kann, aber für die von vielen Männern begehrte Schwester dann doch den alten Geldsack ködert. Im Pariser Palast lebt Manon wie im Käfig — ein Tanzlehrer (akkurat: Wesley Harrison) für manierierte Madrigale soll sie zur Vorzeigefrau dressieren.

Paar im Palast erwischt

Aber ihr geht Des Grieux nicht aus dem Kopf. Als er erscheint und es zur mitreißenden Versöhnungsszene „Tu, tu, amore“ (Du, du, Geliebter) kommt, wird das Paar im Palast erwischt. Manon schmeißt den ganzen Pomp aus Pelz und Perlen hin, brüskiert den verliebten Alten, der aus Rache ihre Verbannung nach Amerika erwirkt. Ein Schicksal, das sie mit anderen Frauen, die gegen die Konventionen verstießen, teilt. Carlos Wagner belässt einige von ihnen auf der Bühne, wo sie wie Zombies durch die Neue Welt irren.

Damit gibt er der Drangsal der Frauen, die in absolutistischer Zeit einfach in die Kolonien verpfercht wurden, ergreifende Präsenz. Manon kann auch im Exil von ihrem gewohnten Luxusleben nicht lassen, geht erneut fremd.  Nach einem Duell, bei dem Des Grieux den Liebhaber tötet, fliehen sie in die Wüste. Während Manon verdurstet, lässt sie die ganze Geschichte noch einmal Revue passieren. Sie fleht um Wasser, nach dem Des Grieux vergeblich sucht.

Auch er ist dehydriert, läuft auf die anderen verbannten Frauen zu, findet erst zuletzt wieder zu Manon. Sie bricht zusammen und in der Arie „Sola, perduta, abbandonata“ (Einsam, verloren, verlassen …) kulminiert der ganze Kummer um ein verhunztes Leben. Sie bekennt ihre Schuld und beteuert, immer nur Des Grieux geliebt zu haben. Es sei nicht die Stunde der Trauer, sondern die der Küsse.

Drei Stunden mit Pause, wieder am 2., 4., 5., 8., 12., 15., 17. und 19. Oktober