Die Modern Dance Company „Complexions Contemporary Ballet“ tanzt beim schon traditionellen Kölner Sommerfestival.
Star DustBowie rettet den Ballett-Abend in der Kölner Philharmonie

Star Dust in der Philharmonie
Copyright: Thomas Brill
Nach ihren umjubelten Auftritten 2019 und 2022 ist die New Yorker Modern Dance Company „Complexions Contemporary Ballet“ nun zum dritten Mal beim schon traditionellen Kölner Sommerfestival in der Philharmonie zu Gast. Während David Bowie – der „Dauerbrenner“ der Company – auch diesmal im Mittelpunkt des Abends steht, beziehungsweise den gesamten zweiten Teil des anderthalbstündigen Programms ausfüllt, stellt Choreograph Dwight Rhoden ihm mit Ludwig van Beethoven ein musikalisches Schwergewicht zur Seite, an dem er sich aber prompt überhebt.
Minimalistische Kostüme
Denn der erste Satz seines 5. Klavierkonzertes in Es-Dur, op. 73 erweist sich schon nach wenigen Klängen als völlig ungeeignet für eine Ballett-Performance, weil die Musik einfach keine Geschichte erzählt. Athletische Körper erinnern eher an BodybuildingDa kann sich das aus aller Welt (USA, der Mongolei, Kolumbien, Italien, Venezuela und Brasilien) zusammengestellte Ensemble mit seinen 16 Tänzern und Tänzerinnen noch so bemühen: Irgendwie wirkt der getanzte Beethoven, als schaue man einer Ballett-Übungsstunde zu, in der jeder als Solist, als Paar oder als Gruppe seine tänzerischen Begabungen vorführt.
Die minimalistischen Kostüme betonen dabei ihre athletischen Körper, die bisweilen eher an Bodybuilding-Training denn an zerbrechliche Klassik-Tänzer erinnern. Das kommt natürlich dem Choreografie-Stil Rhodens entgegen, der trotzdem Wert darauf legt, dass die Mitglieder seiner Company eine klassische Ausbildung haben, auf der sie dann ihren individuellen Tanzstil entwickeln können. Das wird dann besonders augenscheinlich in dem Zwischenspiel „First Comes Love“, in dem die hochaufgeschossene, weißhäutige und kurzhaarige Jilliam Davis in ihrer Androgynität wie eine Mischung aus David Bowie und einer Figur aus dem Mal-Universum von Otto Dix wirkt – und mit dem eher erdverbunden wirkenden, dunkelhäutigen Joe Gonzales einen atemberaubenden Pas de Deux hinlegt.
Instrumentale Liebeserklärung
Leider fällt Dwight Rhoden bei seiner – teilweise instrumentalen - Liebeserklärung an die Pop-Band U2 und ihren Lead-Sängers Bono („For Crying out Loud“ ) wieder in die choreografischen Redundanzen seines Beethoven-Parts zurück, so dass sich ein wenig gepflegte Langeweile einstellt. Dafür geht nach der Pause dann die erwartete Post ab – und bringt mit der David Bowie-Hommage „Star Dust“ die Philharmonie zum Kochen. Von „Space Oddity“(1969) über „Rock'n'Roll Suicide“ (1972) bis hin zu „Let's Dance“ (1983) entführt uns das Ensemble in die fantastische Welt der Pop-Ikone.
Herrschten vor der Pause noch schlichte Trainings- und magentafarbene Design-Kostüme vor, zeugt die vom Glam-Rock inspirierte Ausstattung – inklusive Plateau-Schuhen und extravagantem Make-up – der Bowie-Episode, nicht nur vom glamourösen Leben des Super-Stars, sondern auch von der überbordenden Kreativität der Kostümbildnerin Christine Darch. Und wenn sie im stimmungsvollen Lichtdesign von Michael Korsch das Ensemble in den ständig wabernden Bühnennebel schickt, dann wird zu jedem der elf Songs ein anderer zu „Ziggy Stardust“, der mit tänzerischer Perfektion über die Bretter wirbelt – und dabei auch noch mit leidenschaftlich vorgetragener Playback-Technik die Bowie-Hits trällert.
So rettet Bowie den Tanzabend, weil seine Lieder und die Choreografie endlich Geschichten im Kopf des Publikums entstehen lassen, es beinahe dazu bringen, sich zu einem Sing-Along- und Let's Dance-Ausklang hinreißen zu lassen. Wäre da nur nicht der olle Beethoven gewesen!