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Theater am DomDieses Kölner Theater kommt ohne Subventionen aus

Lesezeit 4 Minuten
Oliver Durek im Saal des traditionsreichen Theaters am Dom.

Oliver Durek im Saal des traditionsreichen Theaters am Dom.

Das traditionsreiche Theater am Dom kommt ohne öffentliche Zuschüsse aus und kann sich einen Flop bei jährlich vier Produktionen nicht leisten. 

„Die Leute lieben es, wenn Geschichten erzählt werden“, sagt Oliver Durek, der zusammen mit dem Düsseldorfer René Heinersdorff das Theater am Dom leitet. Solche Geschichten zum Beispiel, wie sie der Autor und Rechtsanwalt Karsten Dusse in „Achtsam morden“ vorlegt. Die bringen auch neue Besucher ins Haus an der Glockengasse. Denn die Krimireihe ist ein Bestseller.

Keine Schnellschüsse

Im vergangenen Jahr veröffentlichte Netflix eine Serie mit acht Folgen. Und auch das Boulevardtheater fegt mit der Story die Menschen von der Straße. „Wer das Buch gelesen hat, schaut es sich gerne bei uns auf der Bühne an“, sagt Durek. Achtsamkeit ist aber auch etwas, das Durek in seinem Metier beherzigen muss. Schnellschüsse kann sich das Theater nicht erlauben, denn das Publikum reagiert auf Geschichten, die dem Geschmack nicht entsprechen, auch schon mal mäkelig. Was gespielt und bezahlt wird, soll den Erwartungen entsprechen.

Aber was sind das für Erwartungen? Das ist gar nicht immer so einfach zu beantworten. Durek bezeichnet sein Theater mit rund 30 Mitarbeitern denn auch als Tanker, den es umsichtig durch eine sich immer schneller ändernde Zeit und gesellschaftliche Umbrüche zu manövrieren gelte. Einen Flop kann sich die Mannschaft nicht leisten. Jede der jährlich vier Produktionen wird fast drei Monate en suite durchgespielt — von Dienstag bis Sonntag. „Das Stück muss gefallen“, sagt Durek. Nur so komme Geld in die Kasse.

Anders als viele freie Theater unterhält das Theater am Dom seine Bühne ohne Subventionen. Auch bei der Stadt steht es nicht auf der Gehaltsliste. Alles muss auf den Brettern, die die Welt bedeuten, eingespielt werden: Zu den laufenden Kosten von monatlich rund 50.000 bis 60.000 Euro kommen unter anderem die Gagen für die Schauspieler. Auch Requisiten, Bühnenbau, Tantiemen, Werbung und vieles mehr. Punktgenau ist der Spielplan durchgeplant. Da das Theater am Dom mit Häusern in Düsseldorf, Essen, München, Bielefeld und Neuwied im Verbund ist, entstehen Synergien. Man kann Produktionen untereinander austauschen.

Johannes Heesters auf der Bühne

Traditionsreich ist das Haus, das unter der Leitung von Dureks Vater Hubertus 1957 seine Eröffnungsvorstellung mit „Ein Inspektor kommt“ von John Boynton Priestley feierte. Namen wie Johannes Heesters, Ilse Werner oder Harald Juhnke sind nur einige wenige der langen Liste der Promis, die auf der Bühne standen. Viele Klassiker von Goethe, Sophokles, Shaw oder Strindberg standen auf dem Spielplan. Aber auch avantgardistische Stücke von Ionesco oder Vauthier.

Das Theater am Dom etablierte sich fest in der Kölner Kulturszene und war offen für Neues. Für elektronische Musik von Karl-Heinz Stockhausen zum Beispiel, dessen Partnerin Mary Bauermeister ein Aquarium mit Goldfischen und Käfige mit Wellensittichen und weißen Tauben von der Decke baumeln ließ. 1970 kam es zur Firmenkrise. Hubertus Durek wurde nachgesagt, dass er mehr als Künstler, denn als Kaufmann agierte. Kurzum: Er produzierte viel zu teuer.

Aber die wilden Zeiten sind lange vorbei, Achtsamkeit ist angesagt. Die Geschäftsphilosophie, die Oliver Durek und René Heinersdorff von ihren Müttern übernahmen, bewährt sich bis in die Gegenwart. Die beiden Damen brachten den Tanker – nachdem zuerst die Theatergemeinde, Freie Volksbühne und die Stadt aus der Krise geholfen hatten — als neue Geschäftsführerinnen wieder auf Kurs. Inge Durek kannte das Unternehmen von der Pike auf, Barbara Heinersdorff war Betriebswirtin, die in Düsseldorf mit ihrem Mann eine Konzertagentur leitete.

Sie konzentrierten sich fortan auf Komödien. 26.000 Stammabonnenten, was zu dieser Zeit weder ein Schauspielhaus noch eine Philharmonie hatten, sorgten schon alleine für eine Auslastung jeder Vorstellung von 95 Prozent. „Da es nur wenig Restkarten gab, machte die Kasse nur kurz auf und schnell wieder zu“, sagt Durek.

Theater als Kraftakt

Von solchen Zeiten kann er heute nur träumen. „Trotzdem war es immer ein Kraftakt, privat finanziertes Theater ist immer ein Kraftakt“. Das Publikum ist dem Theater am Dom nach wie vor treu, das Einzugsgebiet reicht weit über die Stadtgrenzen hinaus bis in den Oberbergischen Kreis und an die Erft. Einen Einschnitt bei den Abos gab es durch Corona. „Das war für uns natürlich heftig, wir mussten alles reduzieren, runterfahren.“ Zäh waren die Anträge auf Förderung. Einmal konnte die Verwaltung des Landes ein PDF nicht hochladen, die Frist lief ab.

Aufgrund der nicht gewährten Förderung sah sich das Theater 2024 gezwungen, die Notbremse zu ziehen, eine Insolvenz in Eigenverwaltung durchzuführen. „Es kann nicht sein, dass wir weiter mit guten Zahlen arbeiten, aber nicht in der Lage sind, zusätzliches Geld zu erwirtschaften, um nicht in einen Zahlungsverzug zu geraten“, so Durek. Es sei gelungen, wieder liquide zu werden. „Das haben wir alles hinter uns gelassen, wir sind wieder in normalem Fahrwasser.

Aber man sah, dass es wirklich eng wurde. Wenn es nicht funktioniert, ist die Luft ganz dünn und das Seil auch. Da fällt man schnell runter.“