Mit Kunst und Herz die ganze Welt umarmt

Lesezeit 2 Minuten

SANKT AUGUSTIN. Er klopfte an und stand einfach da - im Atelier von Yrsa von Leistner. Damals, als die Baronin an jener Straße wohnte, die Konrad Adenauer auf seinem Weg ins Palais Schaumburg nahm, schaute der Kanzler immer wieder mal bei der Malerin und Bildhauerin herein und ließ sich porträtieren. Die Bronze, entstanden 1955, ist das erste offizielle Porträt des ersten Kanzlers der Bundesrepublik und ebnete der Künstlerin den Weg in die Karriere. Am 12. April ist Yrsa von Leistner, wie erst jetzt bekannt wurde, gestorben. Mehr als 40 Jahre lebte und wirkte die international bekannte Künstlerin in Sankt Augustin, in ihrem Atelier im Park der Steyler Missionare, bevor sie sich Ende 2001 ins Hennefer Helenenstift zurückzog.

Ihre Spuren hat die Künstlerin, deren Geburtsjahr mal mit 1917, häufiger mit 1921 angegeben wird, in der ganzen Welt hinterlassen. Und auch in Sankt Augustin. Im Zentrum steht ihre Skulptur des Stadtpatrons, die ehemalige Trauerhalle auf dem denkmalgeschützten alten Friedhof in Menden hat sie mit ihrem Werk „Der aufbrechende Sarg“ zu einer Gedenkstätte umgestaltet, an der B 56 finden sich die „Indische Weisheit“ und der „Auferstandene Christus“ aus ihrem Monumentalzyklus „Weltreligionen“ und manifestieren das Credo der Künstlerin, die weniger das Trennende als vielmehr die „verbindenden Strömungen“ der Religionen gesucht hat. Sie habe, wie sie selbst einmal sagte, sich als eine Künstlerin empfunden, „deren Herz die ganze Welt umfasst“. Das ist ihr zumindest künstlerisch gelungen. Als Tochter eines Münchner Kirchbaumeisters geboren, zog sie mit ihren Eltern schon als Kind durch die Welt, lebte in Mexiko und den USA, bevor sie im Alter von 16 Jahren in die Kunstakademie München eintrat. Zwei Jahre später war sie schon Meisterschülerin und schuf mitten im Zweiten Weltkrieg die monumentale Bronze „Der Kriegsblinde“ und wenig später eine Büste von Professor Ferdinand Sauerbruch, die heute noch in der Berliner Charité steht. Weitere Persönlichkeiten, deren Wesen sie in ihren Werken zu ergründen versuchte, waren die Päpste Pius XII. und Paul VI., der Dalai Lama und Mutter Teresa. Für Japan schuf sie als Mahnmal für die Atombombenopfer ihre 3,5 Meter große „Madonna von Nagasaki“, für Rom das „Weltzeitalter“, für den Vatikan das Relief „Jüdische Passion“ und für die George-Washington-Universität in St. Louis, die sie zu Ehrenprofessorin ernannte, „Das hohe Lied der Liebe“.

Ihr Oeuvre, schreibt die Europäische Kulturstiftung, sei eine „Mahnung zur Vergebung und Versöhnung“.

Rundschau abonnieren