Erfolglose KlagenAm Montag wählt das Electoral College den nächsen US-Präsidenten

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Joe Biden

Er wird aller Voraussicht nach am Montag duch das Electoral College zum nächsten US-Präsidenten gewählt: Joe Biden.

Washington – Am Montag dürfte Donald Trump endgültig auf dem harten Boden der Tatsachen landen. Dann votiert das Electoral College, gebunden an das Wahlergebnis vom 3. November, um zu bestimmen, wer in den nächsten vier Jahren im Weißen Haus residiert. Nach alter Tradition versammeln sich die 538 Wahlleute am Montag nach dem zweiten Mittwoch im Dezember in ihren jeweiligen Bundesstaaten sowie im Hauptstadtbezirk District of Columbia, um das Resultat formell zu bestätigen. Anschließend werden ihre Stimmzettel versiegelt und am 6. Januar, vor beiden Kammern des Kongresses, öffentlich ausgezählt. Wobei Mike Pence, dann noch für zwei Wochen Vizepräsident, die Sitzung leiten wird.

So viel zum Procedere, das eigentlich alle vier Jahre reine Formsache ist. Daran, wie es ausgeht, kann es auch diesmal keinen Zweifel mehr geben. Joe Biden wird 306, Trump 232 Stimmen bekommen. Die Elektoren, kommentiert Al Gore, der hauchdünn Unterlegene des Wahldramas 2000, den Sinn des formalen Akts, „werden eine lange und spannungsgeladene Kampagne beenden und die Kontinuität unserer Demokratie unterstreichen“.

Klagen gegen das Wahlergebnis blieben erfolglos

Zuvor hatte sich die Annahme, die drei von Trump ernannten Verfassungsrichter könnten im Bunde mit drei weiteren konservativen Kollegen den Willen der Wähler konterkarieren, als falsch erwiesen. Am Freitagabend (Ortszeit) wies der Oberste Gerichtshof eine Klage des Bundesstaats Texas ab, ohne dass Amy Coney Barrett, Neil Gorsuch oder Brett Kavanaugh Einspruch erhoben. Ken Paxton, der republikanische Generalstaatsanwalt des „Lone Star State“, hatte gegen vier Swing States geklagt, deren Ergebnisse letztlich den Ausschlag zu Gunsten Bidens gaben.

In Georgia, Michigan, Pennsylvania und Wisconsin sei die Verfassung verletzt worden, indem Offizielle die Regeln geändert und von den ursprünglichen Beschlüssen der örtlichen Parlamente abgewichen seien, argumentierte er. Gemeint war, dass die genannten Staaten, wie andere auch, mit Blick auf die Pandemie das Wählen per Brief erleichterten. Hätte sich Paxton durchgesetzt, hätten die von Republikanern beherrschten Lokalparlamente des Quartetts im Sinne Trumps die Wahlleute benennen können – de facto ein kalter Putsch.

Der Supreme Court schmetterte den Vorstoß mit einer so kurzen wie eindeutigen Begründung ab: Texas habe nicht nachweisen können, dass die Art, wie andere Staaten ihre Wahlen organisieren, für den eigenen Staat juristisch von Belang sei. Damit war sie aus dem Weg geräumt, die Hürde, an der Biden nach den Plänen seiner hartnäckigsten Gegner straucheln sollte.

Dass von den 196 republikanischen Abgeordneten des Repräsentantenhauses 126 das texanische Manöver ausdrücklich unterstützten, zeigt allerdings, wie groß der Einfluss Trumps in den eigenen Reihen nach wie vor ist.

Trump wettert auf Twitter weiter

Wer sich gegen ihn stellt, muss damit rechnen, abgestraft zu werden von einer Parteibasis, die ihm, dem selbsternannten Rebellen, unbeirrt die Treue hält. Bei den nächsten Primaries könnten Anhänger des Milliardärs Gegenkandidaten nominieren, um jeden auszubremsen, der jetzt auf Distanz zu Trump geht. Die Drohkulisse hat zweifellos Wirkung erzielt. Zwar gibt es unabhängige Köpfe, die sich von ihr nicht beeindrucken lassen, doch es sind Ausnahmen, etwa Adam Kinzinger, ein ehemaliger Luftwaffenpilot, der einen Wahlkreis in Illinois im US-Kongress vertritt. „Ich will klar sagen, das Oberste Gericht ist nicht der deep state“, twitterte er und nahm Bezug auf Verschwörungstheoretiker, die in vermeintlichen Seilschaften eines tief verwurzelten Staatswesens die wahre Ursache für die Abwahl ihres Idols sehen. „Echte Männer begegnen einer Niederlage mit Würde“, schrieb Kinzinger noch.

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Der Amtsinhaber tut seinerseits nichts, um seine Getreuen mit der Realität zu versöhnen. Statt angesichts der nunmehr besiegelten Aussichtslosigkeit seiner juristischen Spielchen die weiße Flagge zu hissen, goss er auch am Wochenende mit zornigen Tweets Öl ins Feuer. „Dies ist eine juristische Schande, eine Peinlichkeit für die USA“, wetterte Trump und warf dem Supreme Court vor, weder mutig noch weise gehandelt zu haben. Als sich am Samstag mehrere Tausend seiner Fans auf der Pennsylvania Avenue in Washington versammelten, um vor dem Votum des Electoral College Stärke zu demonstrieren, war er so entzückt, dass er den Hubschrauber, in dem er auf dem Weg zu einem Footballspiel saß, dreimal über die Menge hinwegknattern ließ.

Mittendrin etwa 200 „Proud Boys“, die auf Krawalle aus waren, etliche mit Helm auf dem Kopf, einige mit kugelsicheren Westen. Am Abend kam es zu Zusammenstößen zwischen Mitgliedern der rechtsradikalen Miliz und linken Gegendemonstranten. Vier Menschen mussten, von Messerstichen getroffen, mit teils lebensbedrohlichen Verletzungen ins Krankenhaus eingeliefert werden.

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