„Die Wendy kam nach meiner Zeit“IHK-Präsidentin Grünewald im etwas anderen Interview

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  • In unserer Rubrik „Das andere Gespräch“ zeigen wir Prominente ganz privat.
  • Dieses Mal haben wir Dr. Nicole Grünewald, Präsidentin der Industrie- und Handelskammer Köln, getroffen.
  • In Bergisch Gladbach stellte sie uns ihre Fjordpferde Ina, Maik und Mr. Twilight vor und verriet, wieso sie bis zu ihrem 18. Geburtstag auf Alkohol verzichtete.

„Das andere Gespräch“ zeigt Prominente ganz privat. Dr. Nicole Grünewald (47) ist Präsidentin der Industrie- und Handelskammer. Johanna Tüntsch stellte sie auf dem Hebborner Hof in Bergisch Gladbach ihre Fjordpferde Ina, Maik und Mr. Twilight vor.

Frau Grünewald, als Jahrgang 1973 sind Sie in einer Zeit aufgewachsen, in der sich viele Mädchen für Pferde begeisterten. 1986 erschien erstmals Wendy, eine Pferdezeitschrift für Mädchen. Haben Sie die damals gelesen?

Nein, Wendy kam nach meiner Zeit. Meine Liebe zu Pferden war nicht medial getriggert. Pferde fand ich schon immer toll, so weit ich mich zurückerinnern kann. Ich müsste meine Eltern fragen, wie das kam. Es kann das Ponyreiten im Urlaub auf Wangerooge gewesen sein. Schon mit drei, vier Jahren wollte ich immer aufs Pferd. Der Kölner Reit- und Fahrverein und der Frohnhof waren ja direkt bei uns in Junkersdorf. Ich hatte auch ungefähr 50 Spielzeugpferde, die ich als Kind abends schlafen gelegt und morgens wieder aufgestellt habe. Jedes hatte seinen eigenen Namen.

Hatten Ihre Eltern denn auch schon mit Pferden zu tun?

Mein Großvater ist geritten und mein Vater mal kurze Zeit in seiner Jugend. Meine Mutter nicht, im Gegenteil! Sie hatte mit meinem Vater „Vom Winde verweht“ gesehen. Da gibt es eine Szene, in der ein Kind mit einem Pony über ein Hindernis springt, herunterfällt und stirbt. Meine Eltern haben mir das Reiten erlaubt, aber immer gesagt: Springen darfst du auf keinen Fall! Ich habe als Jugendliche trotzdem heimlich Springstunden genommen.

Wenn ich dann doch mal gestürzt bin, habe ich zu Hause die Zähne zusammengebissen und nichts davon erzählt. Heute würde das nicht mehr gehen, aber früher hat man vieles lockerer gesehen. Da durften wir Mädchen allein durch den Stadtwald reiten. Die einzige Bedingung war, dass wir eine Reitkappe trugen. Mit meinen Eltern gab es übrigens auch die Absprache: Wenn ich bis zu meinem 18. Geburtstag nicht rauchen und keinen Alkohol trinken würde, bekäme ich dann ein Auto oder ein Pferd.

Haben Sie das durchgehalten, und wenn ja: Worauf fiel die Wahl?

Das hat tatsächlich geklappt. Bis ich siebzehneinhalb war, stand für mich fest, dass ich mir das Pferd wünschen würde. Aber dann zeichnete sich ab, dass ich in Münster studieren würde. Deswegen habe ich mich letztlich doch für das Auto entschieden – und es dann dafür genutzt, zu den Pferden zu kommen. Das Münsterland ist ja ein Pferdeland, das war himmlisch!

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Was gefällt Ihnen am Reiten?

Pferde kann man zu nichts zwingen, sondern nur überzeugen und motivieren. Man muss ihr Vertrauen gewinnen, und wenn man das hat, kann man mit ihnen zu einer Einheit werden. Das ist einfach ein tolles Gefühl. Außerdem lernt man im Umgang mit Pferden, dass man mit Ruhe weiter kommt. Zum Beispiel mögen meine Pferde es gar nicht, wenn ich mit dem Handy zugange bin. Wenn ich hier bin, schaue ich manchmal stundenlang nicht aufs Handy. Das ist sonst anders!

Ihre Pferde erinnern mich an Retriever.

(Lacht.) Ja, die Blondies. Es sind Fjordpferde. Sie sind den Urpferden sehr ähnlich, die es auch im Kölner Zoo gibt. Das Besondere an ihnen ist, dass sie ein sehr feines, ausgeglichenes Wesen haben, sehr brav und zuverlässig sind.

Wie unterscheiden sich Ihre drei Pferde?

Mr. Twilight ist jetzt fünf, in den Flegeljahren und deshalb ziemlich frech. Gleichzeitig ist er schlau und fleißig und möchte alles richtig machen. Das ist allerdings manchmal anstrengend. Zum Beispiel kann er apportieren, aber es kann auch nerven, wenn er die ganze Halle aufräumt und Sachen bringt, die er gar nicht holen sollte. Maik ist nervöser und sehr sensibel. Meine Stute Ina ist mir die liebste. Ina ist sehr treu, anhänglich – und extrem verfressen! Ich habe sie schon seit zwanzig Jahren.

Warum gerade Fjordpferde?

Das hat sich zufällig ergeben. Mit Mitte 20 hatte ich mich gerade selbständig gemacht. Gerade in der Anfangszeit haben wir oft bis in die Nacht gearbeitet. Da habe ich gemerkt, dass ich einen Ausgleich brauche. Nach der Arbeit war es oft zu spät, um noch einen Tennispartner zu organisieren, und joggen wollte ich im Dunkeln nicht. In dieser Zeit habe ich meine Cousine zu einer Fjordpferdezucht in Refrath begleitet, wo sie Reitstunden genommen hat. Ich kannte Fjordpferde vorher nicht und war direkt begeistert.

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Davor bin ich am liebsten Araberpferde geritten. Die haben richtig Power! Ob man das nach zwölf Stunden im Job noch möchte, überlegt man sich. Wenn ich nach der Arbeit in den Stall komme, ist der Umgang mit den Fjordpferden für mich wie Urlaub. Genau das, was man neben dem Job braucht.

Lernt man im Umgang mit Pferden eher Durchsetzungsstärke oder eher Empathie?

Wenn man Empathie mitbringt, ist es auf jeden Fall einfacher, aber ob man sie durch die Pferde erlernen kann, weiß ich nicht. Durchsetzungsstärke entwickelt man beim Reiten definitiv. Pferde leben in Rangordnungen, und so ein Pferd wiegt 500 Kilogramm. Wenn man ihm sagen möchte, was es tun soll, sollte man schauen, dass man der Ranghöhere ist und respektiert wird.

Haben Sie Jugendfreundschaften aus dem Reitsport?

Damals waren wir eine verschworene Clique, und einige von ihnen kenne ich immer noch. Man muss bei den Ponymädels aber sehen: Wenn es Richtung Turniersport geht, dann wird man zur Konkurrenz. Deswegen möchte ich übrigens auch keine Turniere reiten. Ich bin sehr kompetitiv, und ich gewinne auch gerne. Aber man braucht etwas, wo man einfach nur die Seele baumeln lassen kann.

Noch eine Frage, an der man in Köln nicht vorbeikommt: Gehören Pferde in den Rosenmontagszug oder nicht?

Ganz ehrlich: Ich bin als Kind nur wegen der Pferde zum Rosenmontagszug gegangen! Für mich gehören Pferde im Zug zur Tradition und gerade in Köln auch zum Brauchtum. Natürlich müssen die Pferde für den Einsatz im Zug vernünftig trainiert werden und auch vom Wesen her unerschrocken und ausgeglichen sein. Man kennt seine Pferde ja und sieht ihnen an, wie es ihnen geht. Mr. Tveiten, der Vater von Mr. Twilight, ist oft als St. Martins-Pferd unterwegs. Er hat sehr viel Vertrauen in seine Besitzerin und deshalb auch keine Angst vor dem Feuer. Und wie Twilight mag er es sehr, wenn er im Mittelpunkt steht und von allen Kindern bewundert wird.

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