Corona und der Mangel im SupermarktEinzelhändler rechnen mit Entspannung der Lage

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Es wäre genug Klopapier für alle da. Eigentlich.

  • Auch wenn man im Supermarkt dieser Tage oft vor leeren Regalen steht, Experten sprechen nicht von einer Lebensmittelknappheit.
  • Nach wie vor versichert der Einzelhandel, es gäbe trotz der gesteigerten Nachfrage keine Probleme mit Nachschub.
  • Handelsverbände rechnen mit einer Entspannung der Lage in der kommenden Woche.

Köln – Wieder kein Toilettenpapier. Am Samstagmittag waren die entsprechenden Regale nicht nur in einem Supermarkt im Kölner Norden leer. Das heißt nicht, dass es am Samstag gar kein Toilettenpapier gab. Möglicherweise kam eine Lieferung am Nachmittag oder die vom Morgen war schon verkauft.

„Fragen Sie im Markt nach, wenn es wirklich knapp wird“ rät Michael Gerling, Geschäftsführer des Vereins Mittelständischer Lebensmittel-Filialbetriebe (MLF). Im MLF sind 120 selbständige Lebensmittelkaufleute Mitglied, die fast 1000 Supermärkte mit einem Jahresumsatz von etwa sechs Milliarden Euro betreiben. Darunter sind auch selbstständige Kaufleute der Rewe oder von Edeka.

Es ist genug Ware da

Eine generelle Warenknappheit gebe es nicht. „Ware ist da“ sagt Gerling. Und mehr noch. „Ende dieser Woche ist im Lebensmittelhandel wieder alles normal“, prophezeit er. Die Lage beruhige sich. In der vorletzten Woche sei es schwieriger gewesen. Märkte, die keine Lebensmittel verkaufen, mussten vorübergehend schließen.

Da hätten die Bürger wohl auch um die Versorgung mit Lebensmitteln gefürchtet. Wegen Hamsterkäufen habe sich der Umsatz in den Läden teils verdoppelt. Außerdem sind Restaurants, Kantinen und Mensen zu, sodass mehr zu Hause gegessen wird. Auch sei kaum jemand im Urlaub, so Gerling. Da sei die Logistik nicht nachgekommen.

Fahrer können aushelfen

Das kann auch Marcus Hover, Pressesprecher vom Logistikverband VVWL NRW, bestätigen. Während etwa die Transporteure von Teilen für die Autoindustrie kaum etwas zu tun hätten, schlügen sich die Lebensmittellogistiker doppelt. Zwar ließen sich mit Fahrzeugen für Autoteile nicht unbedingt auch Lebensmittel transportieren. Aber im Rahmen der Personalüberlassung könnten demnächst Fahrer bei der Lebensmittellogistik aushelfen. Nötig ist das wohl.

Hover berichtete von einem Spediteur, der normalerweise pro Tag ein bis zwei Paletten mit H-Milch in das Zentrallager eines Discounters bringe. Jetzt bringe er H-Milch mit sechs LKW. „Die Lage beruhigt sich bald“, ist auch Hover überzeugt.

Warennachbestellung muss erst lernen

Gerling vom MLF weist auch darauf hin, dass die Warenwirtschaftssysteme, die nachbestellen, wenn eine Ware zur Neige geht, erst „lernen“ mussten, mit der neuen Situation umzugehen. Auch die Betreiber der Märkte hätten dem Algorithmus helfen müssen. „Punktuell hat Ware gefehlt“, so Gerling. „Das hat sich aber eingeschwungen.“ Gerade die selbstständigen Kaufleute wären sehr findig. Einige hätten im Gastronomiegroßhandel zugegriffen. Wenn Restaurants geschlossen sind und nur außer Haus verkaufen dürfen, dann brauchen sie auch kein Toilettenpapier.

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„Wir verzeichnen derzeit eine extrem gesteigerte Nachfrage nach einigen Produkten des täglichen Bedarfs, unter anderem auch bei Toilettenpapier“, teilte Aldi Süd mit. Bei einer Sorte habe sie sich vervierfacht. So könne es hier und da mal vorkommen, dass ein Produkt vergriffen sei. „Es wurde und wird genug Klopapier für alle produziert“, heißt es weiter. Das Unternehmen gebe sein Bestes, um die Filialen schnellstmöglich wieder zu beliefern. Lieferintervalle seien angepasst, Ware von Lieferanten werde auch an Wochenenden entgegengenommen, und bereits bestehende Bestellungen bei den Lieferanten seien vorgezogen worden. Und Aldi bitte die Kunden um Rücksichtnahme und Solidarität. Wenn Toilettenpapier verfügbar ist, sollte nur so viel gekauft werden, wie im Haushalt verbraucht wird. Auch Aldi beobachtet aktuell eine leichte Entspannung der Lage in den Filialen.

Mehr Nachfrage, als produziert werden kann

Die aktuelle Kundennachfrage bei Toilettenpapier liege über den Produktionskapazitäten in Deutschland, heißt es bei der Rewe. Das habe die Bestände in den Handelslagern kleiner werden lassen. Aktuell würden kleinere Mengen in die Märkte geliefert, die bei gleichbleibenden hohen Abverkaufszahlen schneller abverkauft sind. Insofern könne es für ein paar Tage zu einer Lücke im Regal kommen. Wir arbeiten intensiv mit den Herstellern daran, diese Zeit so kurz wie möglich zu halten.

 Hygieneartikel würden weiter verstärkt nachgefragt, heißt es bei Rossmann. Die Abgabe von Toilettenpapier sei auf eine Packung pro Kunde beschränkt. „Wir arbeiten mit Hochdruck daran, die Warenversorgung in der gewohnten Qualität und Auswahl flächendeckend aufrechtzuerhalten“ heißt es weiter.

Auch H-Milch, Mehl und Reis waren zeitweise vergriffen. Die Verbraucherbeobachter von Nielsen stellen die am meisten gehamsterten Artikel zusammen. Spitzenreiter: Brotmischungen, deren Absatz zeitweise um 400 Prozent zugelegt hatte. Vorne auch Desinfektionsmittel oder Nudeln.

An einer Tankstelle hat Gerling am Wochenende eine ganze Palette Toilettenpapier gesehen. Das war freilich teurer als im Supermarkt und wurde dem Tankwart nicht aus den Händen gerissen. Jeder Preis wird offenbar noch nicht bezahlt.

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