Interview zu Kölner IHK-Streit„Bis einige die Brocken hinschmeißen“

Lesezeit 4 Minuten
Neuer Inhalt

Marcus Hehn, Rechtsanwalt und Mediator.

  • Öfter ist die Stimmung bei Sitzungen der Vollversammlung der IHK Köln aufgeladen.
  • Über Streit in Gremien sprach Ralf Arenz mit Marcus Hehn, Rechtsanwalt und Mediator.
  • Hehn ist in der Verbandsarbeit und der Kommunalpolitik haupt- und ehrenamtlich tätig.

Köln – Vorspann: Öfter ist die Stimmung bei Sitzungen der Vollversammlung der IHK Köln aufgeladen. Das ist immerhin das höchste Gremium der Kammer.

Über Streit in Gremien sprach Ralf Arenz mit Marcus Hehn, Rechtsanwalt und Mediator. Ausgebildet wurde er unter anderem an der Fernuni in Hagen. Hehn ist in der Verbandsarbeit und der Kommunalpolitik haupt- und ehrenamtlich tätig

In der IHK Köln gibt es schon seit Jahren Streit. Wie lange hält das eine Organisation oder ein Gremium aus?

Es gibt Organisationen, die seit zehn Jahren streiten. Wenn sie Lust am Streit haben, auch länger. Das geht so lange gut, bis einige Gremienmitglieder die Brocken hinwerfen.

Sind Streit um Positionen und auch Konflikte in Gremien unvermeidbar?

Konflikte müssen in Gremien sein, um dann Positionen nach außen zu formulieren. Vor Wahlen werden sie besonders häufig auch öffentlich ausgetragen, danach eher nicht. Verbandsgremien sind ja gerade dazu da, unterschiedliche Meinungen zu diskutieren und Entscheidungen zu treffen. D Wenn das Gremium sich aber eine Meinung gebildet hat, sollte es sie nach außen als Einheit vertreten. Schließlich geht es bei Verbänden ja um die Interessenvertretung nach außen.

Streit um das Kammergebäude

Seit über zehn Jahren ringt die IHK Köln um ihr Domizil. Ihr Gebäude in der Kölner City sollte erst renoviert werden. 40 Millionen Euro durfte das kosten, so die Vollversammlung als höchstes Gremium. Dafür wollte niemand bauen, weil etwa teurer Brandschutz nötig ist. 57 Millionen verlangte ein Generalunternehmer, zu teuer fand die IHK. Im Oktober beschloss die Vollversammlung mit Gremienvorbehalten den Ankauf des Loflhaus in Köln-Mülheim für insgesamt 39,2 Millionen. „Ermüdungsbruch“, sagten Gremienmitglieder sagte. Die Versammlung war der Diskussionen überdrüssig. Es war die billigste Lösung – auch nachdem Wirtschaftsprüfer nachgerechnet hatten. Es war nicht die wirtschaftlichste.

Gegen den Kauf stemmten sich Vollversammlungsmitglieder, auch weil sie Fan des alten Gebäudes waren. Sie verlangten eine Nutzwertanalyse, bei der auch Image eine Rolle spielen sollte. Das lehnte die Vollversammlung ab. Im Dezember bekräftigte das alte Gremium in seiner letzten Sitzung den Kauf. Auch ein angerufenes Gericht stoppte ihn nicht. Jetzt moniert der Rechnungsprüfungsausschuss die fehlende Nutzwertanalyse. Es muss neu gerechnet und entschieden werden. Es gibt es keinen Abschluss für 2019 – und vielleicht bald zwei IHK-Gebäude. (raz)

Da sind ja üblicherweise einige Alpha-Tiere in einer IHK-Vollversammlung versammelt….

Alphatiere in der Führung von Gremien stellen dann kein Problem dar, wenn sie das Vertrauen der Gremienmitglieder genießen und die sich gut vertreten fühlen. Auch dann nicht, wenn sie andere Meinungen der Gremienmitglieder akzeptieren und nicht unterdrücken. Wenn Alphatiere bei Wahlen unterlegen sind, wird es oft schwieriger.

Wo sind die Grenzen beim Streiten?

Es gibt zum einen rechtliche Grenzen. Gremien haben in der Regel klare Zuständigkeiten. Im Streit darf auch die Integrität von Personen nicht verletzt werden. Es sollte um die Sache gehen. Das ist aber manchmal schwierig.

Was sind die Folgen von Auseinandersetzungen in Gremien?

Eine negative Folge ist Stillstand. Dann beschäftigen sich die Gremien nur noch mit sich selbst und vertreten nicht mehr die Interessen ihrer Organisation und ihrer Mitglieder gegenüber Politik und Gesellschaft. Und wenn die Auseinandersetzungen die persönliche Ebene erreicht haben, ist ein Sprechen über die Sache oft schwierig. Wenn nicht, kann eine fair und konstruktiv ausgetragene Auseinandersetzung auch förderlich sein beim Ringen um Sachlösungen.

Wie können Konflikte, in denen sich Lager gegenüberstehen, noch gelöst werden?

Personen und Sache müssen getrennt werden. Oft gelingt das nur noch mit Hilfe von außen. Dann müssen erfahrene Mediatoren ran, die erst einmal zuhören. Die werden aber oft erst dann gerufen, wenn die Karre tief im Dreck steckt, also auf einer wirklich hohen Eskalationsstufe.

Das könnte Sie auch interessieren:

Kann denn Zusammenarbeit um der Sache willen dann noch gelingen?

Nur wenn Leute ihre Persönlichkeit zurücknehmen und anfangen, sich wieder auf die Sacharbeit zu konzentrieren.

Rundschau abonnieren