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AnalyseFlüchtlinge in NRW und ihr weiter Weg zu guter Arbeit

Lesezeit 4 Minuten
Düsseldorf: Eine Mitarbeiterin der Bundesagentur für Arbeit in Düsseldorf berät eine Kundin.

Düsseldorf: Eine Mitarbeiterin der Bundesagentur für Arbeit in Düsseldorf berät eine Kundin. (Archiv)

Die Arbeitsmarktintegration von Flüchtlingen in NRW läuft positiv, mit steigenden Beschäftigungsquoten. Doch Hürden bleiben, besonders für Frauen.

„Jeder und jede wird gebraucht“, sagte vor einem Jahr NRW-Arbeitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) beim Start einer Landes-Initiative zur Integration von Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt. Aber wie viele Asylbewerber finden tatsächlich Arbeit? Eine Spurensuche mit Hilfe der Bundesagentur für Arbeit in NRW:

Wie viele Flüchtlinge schaffen es in den Arbeitsmarkt?

„Die Integration geflüchteter Menschen in den Arbeitsmarkt von NRW gestaltet sich seit Jahren positiv“, sagte Roland Schüßler (Foto), Chef der Regionaldirektion NRW der Bundesagentur für Arbeit (BA), auf Anfrage unserer Redaktion. „Insbesondere im vergangenen Jahr hat sie noch einmal deutlich an Dynamik gewonnen, und hier besonders bei Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern aus der Ukraine.“

46.600 Ukrainer gingen laut der BA im Januar 2025 in NRW einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nach. Zum Beginn des russischen Angriffskrieges seien es 10.000 gewesen. Die Beschäftigungsquote liege hier aktuell bei 29,3 Prozent – sieben Prozent mehr als vor einem Jahr.

Bei den Asylsuchenden seien 155.100 Arbeitnehmer in NRW sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Die Beschäftigungsquote liege bei 44,3 Prozent – 3,3 Punkte über der des Vorjahres.

Laut Yuliya Kosyakova, Leiterin des Forschungsbereiches Migration beim Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), sind nach fünf Jahren 45 Prozent der Nicht-Ukrainischen Geflüchteten in Deutschland erwerbstätig, nach sieben Jahren 63 Prozent. „Unter diesen Berufstätigen sind etwa 90 Prozent sozialversicherungspflichtig beschäftigt, die meisten auch in Vollzeit“, berichtet Kosyakova.

Welche Nationalitäten haben Nachteile?

„Duch das Asylverfahren für Syrer, Afghanen, Iraker, Iraner, Somalier und andere sinken deren Chancen, schnell einen guten Job zu finden“, erklärt Kosyakova. „Ukrainer waren zumindest am Anfang an dieser Stelle freier, und das hat gewirkt. Sie hatten sofort Zugang zu Sprachkursen, zu Beratung durch die Jobcenter, und daher fanden viele schnell einen Job.

Sind Frauen bei der Suche nach Jobs benachteiligt?

Die Bundesagentur hat Zahlen dazu für Nordrhein-Westfalen: Demnach arbeite mehr als die Hälfte der männlichen Geflüchteten, aber nur etwa jede vierte geflüchtete Frau. Expertin Yuliya Kosyakova präzisiert: „Vor allem Frauen mit kleinen Kindern haben zunächst geringere Beschäftigungsquoten. Das gilt sowohl für Geflüchtete aus der Ukraine als auch für solche aus außereuropäischen Ländern. Die Arbeitsmarkt-Integration von Frauen ist deutlich schlechter als die von Männern.“

Wie groß ist das Interesse der Flüchtlinge an Arbeit?

„Das IAB macht eine jährliche repräsentative Umfrage unter Geflüchteten dazu. Demnach wollen etwa 90 Prozent der Ukrainerinnen und Ukrainer unbedingt oder sehr wahrscheinlich in Deutschland arbeiten. Bei Syrern, Afghanen, Irakern und anderen liegt das Interesse über 90 Prozent“, erklärt Yuliya Kosyakova.

Wieviel verdienen Flüchtlinge in ihren Jobs?

Die Entlohnung ist weit unterdurchschnittlich. Diejenigen, die im Jahr 2015 als Asylbewerber zugezogen und sieben Jahre später in Vollzeit erwerbstätig waren, verdienten im Schnitt knapp 2600 Euro brutto im Monat, liegen also an der Grenze zum Mindestlohn, so das IAB. „Sie verdienen etwa 60 Prozent dessen, was deutsche Vollzeit-Beschäftigte im Schnitt verdienen, Ukrainer etwa 80 Prozent“, rechnet Kosyakova vor.

Laut der Bundesagentur für Arbeit in NRW suchten 72 Prozent der Menschen aus den Asylherkunftsländern derzeit eine Tätigkeit nur auf Helferniveau.

Was bremst die Arbeitsmarkt-Integration?

Kosyakova sagt: „Die Geflüchteten kommen nicht in erster Linie, weil sie auf Jobsuche sind, sondern, weil sie unter großem Druck Schutz suchen. Sie können sich nicht auf den deutschen Arbeitsmarkt vorbereiten, zum Beispiel mit Sprachkursen.“ Dann müssten sie durch ein langes Asylverfahren, der Wohnsitz werde ihnen zugeteilt, und das bedeute in vielen Fällen zunächst: Wohnen in Gemeinschaftsunterkünften. In den ersten drei Monaten gebe es ein Beschäftigungsverbot. Danach könnten sie zwar arbeiten, wenn sie nicht in einer Gemeinschaftsunterkunft wohnen, aber die Auflagen seien streng. Je länger das Asylverfahren dauere, je länger der Aufenthalt in Gemeinschaftsunterkünften sei, desto geringer würden die Chancen, eine gute Arbeit zu finden.

Was sagt Fluchtministerin Josefine Paul (Grüne)?

Die Arbeitsmarktintegration von Geflüchteten helfe bei der Integration und im Kampf gegen den Fachkräftemangel, erklärt die zuständige NRW-Ministerin Paul. Der Bund dürfe an dieser Stelle nicht sparen. „Statt Integrationskurse zu kürzen, wie im ursprünglichen Haushaltsentwurf des Bundesinnenministeriums veranschlagt, müssen die Kursangebote ausgeweitet und mehr an den Bedarfen der Teilnehmenden orientiert werden.“ Ausländische Abschlüsse müssten leichter anerkannt, Arbeitsverbote aufgehoben werden.