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Kritik in NRW wird lauterFloppt die elektronische Patientenakte?

3 min
Ein Hausarzt lädt in seiner Praxis Dokumente in eine elektronische Patientenakte „ePA“.

Ein Hausarzt lädt in seiner Praxis Dokumente in eine elektronische Patientenakte „ePA“.

Die Einführung der elektronischen Patientenakte in NRW verläuft problematisch; viele Kliniken kämpfen mit technischen Schwierigkeiten und Sicherheitslücken.

Sie wurde als Meilenstein der Digitalisierung im Gesundheitswesen gefeiert. Doch die Einführung der elektronischen Patientenakte (ePA) verläuft aus Expertensicht katastrophal. Die Krankenkassen melden derzeit lediglich rund 1,2 Millionen aktive Nutzer der seit dem 29. April bundesweit verfügbaren ePA, obwohl rund 70 Millionen sie nutzen könnten. Neben Hausärzten sind auch die Krankenhäuser in NRW alarmiert.

Technische Hürden in NRW-Kliniken

„Flächendeckend funktioniert die ePA in den Krankenhäusern noch nicht“, sagte Ingo Morell, Präsident der Krankenhausgesellschaft NRW, dieser Redaktion. „Nur sehr wenige Kliniken sind in der Lage, diese Akte zu befüllen. Die allermeisten stecken weiter in der Umsetzungsphase“, so Morell.

in Reiter ePa mit einer Patientenakte ist auf dem Monitor eines Arztes in der Arztpraxis Praxis am Königsforst bei einer Demonstration der elektronischen Patientenakte „ePA“ zu sehen.

Ein Reiter ePa mit einer Patientenakte ist auf dem Monitor eines Arztes in einer Arztpraxis  zu sehen.

Dahinter steckten Sicherheitslücken und die damit zusammenhängenden technischen Probleme. Den Krankenhauscomputern fehlt der Zugang zum System: Die Anbieter der Klinikprogramme hinken beim Ausrollen der IT-Schnittstellen weit hinterher. In NRW verfügten nur einzelne Krankenhäuser darüber. Dabei war NRW eine der drei bundesweiten Testregionen – bereits seit Mitte Januar sollten zehn Krankenhäuser die Technik erproben.

Forderungen nach Verbesserungen

Der Patientenbeauftragte der Bundesregierung, Stefan Schwartze (SPD), fordert Nachbesserungen. Ihn erreichten Zuschriften von Bürgerinnen und Bürgern, die Probleme bei der Einrichtung der elektronischen Patientenakte beklagten, sei es etwa durch ein dafür ungeeignetes Smartphone oder andere Zugangsprobleme, sagte Schwartze „Ippen Media“. Das müsse sich dringend verbessern.

Schwartze rief dazu auf, die Patientenakte anwendungsfreundlicher zu machen. Es müsse problemlos erkennbar sein, welche Daten wie gespeichert seien. Außerdem sollten die Informationen so aufbereitet sein, dass jeder den Inhalt der eigenen Akte verstehen könne.

Die Betreibergesellschaft für die Digitalisierung im Gesundheitswesen Gematik sagt, die ePA werde zunehmend in Einrichtungen wie etwa Praxen genutzt. Die ePA starte in einer bundesweiten Hochlaufphase, in der sich Einrichtungen nach und nach mit ihr vertraut machen könnten. Allein in der vergangenen Wochen sind laut Gematik über 42 Millionen Akten geöffnet worden.

In Krankenhäusern sei die Einführung komplexer, aber es gebe bereits Kliniken, die die ePA vollumfänglich nutzten, so eine Sprecherin der Gematik. Noch gilt eine gesetzliche Übergangsfrist. Erst ab dem 1. Oktober sollen Praxen und Kliniken nach Angaben des Bundesgesundheitsministeriums verpflichtet werden, die ePA zu nutzen. Sanktionierungsmaßnahmen gehören nicht zum Zuständigkeitsbereich der Gematik, so die Sprecherin.

Sicherheitsstandards als Hindernis

Dass es für Versicherte schwer ist, sich für die eigene Patientenakte zu registrieren, erklärt die Gematik mit den hohen Sicherheitsstandards. „Das Schutzniveau ist durch die obersten Sicherheitsbehörden vorgegeben“, so eine Sprecherin. Die Gematik stehe fortlaufend in Gesprächen mit allen Beteiligten. Die Zahl der heruntergeladenen ePA-Apps sage aber nichts über die tatsächliche Nutzung der ePA im Versorgungsalltag aus.

In der ePA werden digital alle Informationen zu Gesundheitsstand und Krankengeschichte von Patientinnen und Patienten auf einem Server gespeichert und sind damit zentral abrufbar. Die Nutzung für Patientinnen und Patienten ist freiwillig, ein Widerspruch über die Kassen jederzeit möglich.

Die Krankenhausgesellschaft NRW fordert den Verzicht auf Strafen für Kliniken, die die ePA bis zum Herbst noch nicht einführen können. „Sanktionen wären in dieser Lage unangemessen“, sagte Ingo Morell.