Die Schöffengerichte sind chronisch überlastet und der Nachschub stockt, ein Teil des Problems sind die gesetzlichen Vorschriften.
„Eines der interessantesten Ämter“In NRW fehlen 10.000 Schöffen

Michael Haßdenteufel, Landesvorsitzender Nordrhein-Westfalen der Deutsche Vereinigung der Schöffinnen und Schöffen (DVS).
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Der NRW-Schöffenverband wirbt um Bewerber für das Amt des Laienrichters. Laut dem Verbandsvorsitzenden Michael Haßdenteufel fehlen allein in Nordrhein-Westfalen rund 10000 Kandidaten. Wegen gesetzlicher Vorschriften müssten aber doppelt so viele Bewerber vorhanden sein. Hat man zu wenige, werden per Zufallsprinzip Menschen aus dem Melderegister herausgesucht. Diese können dann zu dem Ehrenamt, obwohl es widersprüchlich klingt, verpflichtet werden.
Allein in Düsseldorf fehlen mindestens 1000 Bewerber, wie Haßdenteufel erklärte. Dabei sei Laienrichter eines der interessantesten Ämter überhaupt, berichtet der Chef des Landesverbands der Deutschen Vereinigung der Schöffinnen und Schöffen (DVS). „Auch wenn man da Einblicke in die Gesellschaft bekommt, die nicht immer schön sind, denn Schöffen gibt es ausschließlich bei Strafgerichten. Man muss wissen, dass man in das Leben eines anderen Menschen eingreift – von Angeklagten, aber auch von Opfern“, so Haßdenteufel.
Einfaches Wahlverfahren
Angesichts des akuten Mangels fordert er, die Regelung, dass es doppelt so viele Bewerber wie zu besetzende Ämter geben muss, aufzulösen: „Das ist einfach nur Unsinn. Wir setzen uns für ein einfacheres Wahlverfahren ein. Derzeit erstellen die Gemeinden die Vorschlagsliste. Die wird vom Stadt- oder Gemeinderat beschlossen. Dann geht es in einen Schöffenwahlausschuss. Und dort werden die Schöffen gewählt.“
Das Problem dabei: Die Wahlausschussmitglieder wüssten nicht, ob sich ein Kandidat freiwillig gemeldet habe oder aus dem Einwohnermelderegister ausgewählt worden sei. So komme es vor, dass Menschen, die sich nie dafür beworben hätten, gegen Jahresende einen Brief vom Gericht erhielten, in dem sie zum Schöffenamt verpflichtet würden. „Das ist sehr ärgerlich, weil bei diesem Verfahren manchmal Leute nicht ausgewählt werden, die es gerne gemacht hätten“, gibt Haßdenteufel zu bedenken.
Die Einflussmöglichkeiten eines Schöffen seien groß, erklärt er. Bei der Abstimmung habe die Stimme des Laienrichters das gleiche Gewicht wie die eines Berufsrichters. Ärger mit dem Arbeitgeber müsse man übrigens nicht befürchten. Dieser sei verpflichtet, einen Mitarbeiter für das Schöffenamt freizustellen.