AfD-Politiker Maximilian Krah warnt vor möglichen Auswirkungen eines Verbots der „Identitären Bewegung“ auf die Partei. Er fordert eine klare Positionierung.
„Da ist was im Busch“AfD-Rechtsaußen Krah will mehr Distanz zu „Identitären“

AfD-Politiker Maximilian Krah
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Wird es eng für die „Identitäre Bewegung“? Zumindest der AfD-Bundestagsabgeordnete Maximilian Krah nimmt an, dass die Gruppe bald von den Behörden aufgelöst werden könnte. Vergangene Woche mahnte er bei einem internen Vortrag vor Abgeordneten und Mitarbeitern der Partei: Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) könnte „den Stecker ziehen“. Zuerst hatte das Recherchenetzwerk „Correctiv“ berichtet. Eine Aufnahme des Vortrags hatte Krah am Donnerstagabend auf seinem YouTube-Kanal veröffentlicht.
Razzien deuten auf Maßnahmen gegen die „Identitäre Bewegung“ hin
Der Politiker verweist darin auf Razzien nach einem „Remigrations-Gipfel“ in Mailand als Indiz für eine bevorstehende Maßnahme gegen die völkische Bewegung. An dem Treffen im Mai hatten mehrere Identitäre teilgenommen. Der offizielle Grund für die Hausdurchsuchungen waren Verstöße gegen das Passgesetz. Noch in diesem Jahr sei mit einem behördlichen Zugriff zu rechnen: „Da ist was im Busch“, ist Krah überzeugt.
Die „Identitäre Bewegung“ ist eine Gruppe aus rechtsextremen Aktivisten, die in Deutschland seit 2012 aktiv ist. Laut Verfassungsschutz hat sie bundesweit rund 450 Anhänger. Leitfigur und ideologischer Kopf des Vereins ist Martin Sellner. Der Österreicher hat maßgeblich zur Umdeutung des Wortes „Remigration“ beigetragen.
„Remigration“: Ein rechtsextremer Kampfbegriff
Kommt es ursprünglich aus der Migrationsforschung, ist es heute ein rechtsextremer Kampfbegriff, der die massenhafte Abschiebung und Verdrängung von Menschen mit Migrationshintergrund meint. Mitunter sogar von Staatsbürgern, wenn sie sich nicht assimilieren, also die eigene Kultur nicht vollkommen aufgeben wollen.
Um diesen Begriff geht es auch in Krahs Vortrag. Vor allem nach dem Potsdamer Geheimtreffen, das Anfang 2024 zu bundesweiten Protesten führte, hatten er und andere in der AfD die millionenfache „Remigration“ offensiv propagiert. Auch in seinem 2023 erschienenen Manifest „Politik von rechts“ fordert der Jurist die Wiederherstellung der deutschen Kultur durch „Remigration“ oder Assimilierung.
Strategiewechsel: Krah fordert klarere Definition von „Remigration“
Inzwischen schlägt Krah andere Töne an – wohl aus strategischen Gründen. Seit Wochen verlangt er eine klarere Definition des Begriffes von seinen Leuten. Eine, die nicht zwischen deutschen Staatsangehörigen unterscheidet, ob mit oder ohne Migrationshintergrund.
Natürlich will auch Krah abschieben, Grenzen dichtmachen, Migration vollkommen stoppen. Aber ihm schwebt vor, dass sich Menschen nach Ethnien und Kultur regional sammeln und dort unter sich bleiben. Als Beispiele nennt er das schon heute „außereuropäische“ Berlin-Neukölln und Kleinmachnow in Brandenburg, wo angeblich nur Deutsche lebten. Eine „staatliche Erziehung zu einem neuen Staatsvolk“ dürfe es nicht geben. Segregation statt Integration: Auch das ist eine radikale Idee.
Krah fürchtet, dass eine unpräzise oder falsche Verwendung des Begriffes „Remigration“ für die AfD gefährlich werden könnte. Seinen Vorstoß begründet er in seiner Rede mit einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig.
Gerichtsurteil: Verfassungsfeindlichkeit des „Remigrationskonzepts“
Im Juni hatten die Richter das Verbot des rechtsextremen Magazins „Compact“ zwar aufgehoben, sie ließen aber keinen Zweifel daran, dass das von Sellner entworfene „Remigrationskonzept“ klar verfassungsfeindlich ist. 2023 hatte Sellner auf Videos bei „Compact“ etwa die „Remigration“ für fünf bis sechs Millionen „nicht-assimilierter Staatsbürger“ vorgeschlagen.
Sellner unterscheide zwischen deutschen Staatsbürgern mit und ohne Migrationsgeschichte, eine Vorstellung, die nicht mit dem Grundgesetz vereinbar sei, urteilten die Leipziger Richter. „Compact“ habe sich damit identifiziert. Das Magazin nenne Sellner bewundernd „unser Held“, seine Strategie werde als „machbar“ und „rechtsstaatlich“ verharmlost.
Der Juraprofessor Fabian Wittreck teilt die Ansichten aus Leipzig. „,Compact‘ ist unter anderem deshalb davon gekommen, weil das Gericht es als Presseorgan anerkannt hat und nicht bloß als Verein“, sagt der Leiter des Instituts für Öffentliches Recht und Politik an der Universität Münster. „Die Hürden für ein entsprechendes Verbot sind in diesem Fall hoch.“
Auswirkungen eines möglichen Verbots auf die AfD
Bei der „Identitären Bewegung“ sei das anders. Diese hätte mit einer Klage gegen ein Verbot deutlich weniger Erfolgschancen, eben weil es sich um einen Verein handle. Außerdem sei der „Verstoß gegen die Menschenwürde, ein Prinzip der freiheitlich demokratischen Grundordnung, bei der Organisation ziemlich offensichtlich gegeben“.
AfD-Mann Krah fürchtet, dass ein Verbot der „Identitären Bewegung“ zum Risiko für die AfD werden könnte. Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat die Partei als gesichert rechtsextrem eingestuft. Ein Gericht prüft das gerade. Wenn jedoch keine Abkehr von der Bewegung und von Sellner stattfinde, so Krahs Appell, dann könnte das Verfassungsschutzgutachten gerichtlich bestätigt werden. Und das hätte dann Auswirkungen auf ein mögliches Parteiverbotsverfahren.
Das hält auch Jurist Wittreck für denkbar. Ein Verbot der „Identitären Bewegung“ wäre „ein weiterer Mosaikstein in der Frage nach dem Umgang mit der AfD“. Offiziell will die AfD mit den Aktivisten nichts zu tun haben. Die Organisation steht auf einer Unvereinbarkeitsliste der Partei, allerdings beschäftigt die AfD-Bundestagsfraktion nach Recherchen des Bayerischen Rundfunks Mitarbeiter aus dem Umfeld des Vereins. „Wenn es gerichtsfeste Beweise für diese Verbindungen gibt, dann könnte das ein zusätzliches Argument für ein Parteiverbotsverfahren sein“, glaubt Wittreck.
Kritik aus dem eigenen Lager: Kubitscheks Bruch mit Krah
Die ideologische Wende hat Krah im völkischen Lager viel Kritik eingebracht. Götz Kubitschek, Vordenker der Neuen Rechten, hat bereits mit seinem einstigen Verbündeten gebrochen. Eigentlich sollte Krahs neues Buch in seinem Antaios-Verlag erscheinen. Daraus wird nun aber nichts, denn Kubitschek erhebt schwere Vorwürfe gegen den AfD-Politiker. In einem ausführlichen Text schreibt er, Krah habe die „Remigration“-Debatte als „Feindzeuge“ geführt und vergiftet.