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„In die Hölle verwandeln“Trump rudert zurück – und Putins Staats-TV ruft nach Eskalation gegen Europa

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US President Donald Trump speaks at the inaugural Pennsylvania Energy and Innovation Summit on the campus of Carnegie Mellon University in Pittsburgh, Pennsylvania, on July 15, 2025.
ANDREW CABALLERO-REYNOLDS / AFP

Donald Trump bei einem Energie-Gipfel in Pennsylvania. Der US-Präsident ist hinsichtlich der zuvor angekündigten Maßnahmen 

Trump schwächt seine Drohungen gegen Russland schon wieder ab – der Kritik zum Trotz. Moskau bombt weiter und setzt auf scharfe Töne.

US-Präsident Donald Trump hat seine Drohungen gegen Russland kurz nach ihrer Verkündung bereits wieder abgeschwächt und eine Parteinahme zugunsten der Ukraine bestritten. „Ich stehe auf der Seite von niemandem“, sagte Trump am Dienstag (15. Juli) gegenüber Reportern.

„Ich stehe auf der Seite der Menschlichkeit, ich will das Töten tausender Menschen pro Woche stoppen“, fügte der US-Präsident an, der Kremlchef Wladimir Putin zu Wochenbeginn eine Frist von 50 Tagen gesetzt hatte, um den Krieg gegen die Ukraine zu beenden.

Donald Trump: „Ich stehe auf der Seite von niemandem“

Trump hatte außerdem amerikanische Waffenverkäufe an Nato-Staaten angekündigt, die ihrerseits die erworbenen Waffen schließlich an die Ukraine liefern würden. Auch dahingehend rudert der US-Präsident nun bereits wieder zurück und erklärte, dass die USA keine Langstreckenwaffen liefern werden. „Das haben wir nicht vor“, antwortete der Republikaner auf eine entsprechende Frage eines Reporters.

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Die Ukraine wünscht sich eine Lieferung jedoch bereits seit langer Zeit – und hat entsprechende US-Raketen des Typs ATACMS auch von Trumps Vorgänger Joe Biden geliefert bekommen. Mehrfach gelangen den ukrainischen Streitkräften mit den Raketen mit großer Reichweite empfindliche Schläge gegen Kommandoposten, Militärflugplätze und wichtige Rüstungsproduktionsstätten in Russland.

US-Regierung weist Bericht über Angriffe auf Moskau zurück

Angriffe auf zivile Ziele durch die ukrainische Armee sind derweil nicht bekannt. Die russischen Streitkräfte greifen hingegen nahezu täglich zivile Infrastruktur in der Ukraine an, darunter immer wieder auch Krankenhäuser oder Schulen, und verfügen über ein breites Arsenal an Lang- und Mittelstrecken-Raketen.

Trump wies indessen auch einen Bericht der „Financial Times“ zurück, wonach er den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj beim letzten Telefonat der beiden Staatschefs aufgefordert haben soll, militärische Ziele in den russischen Metropolen Moskau und St. Petersburg anzugreifen.

Donald Trump über Selenskyj: „Er sollte Moskau nicht angreifen“

Die Zeitung habe Trumps Äußerungen „völlig aus dem Kontext gerissen“, erklärte dessen Sprecherin Karoline Leavitt zunächst. „Präsident Trump hat lediglich eine Frage gestellt, nicht zum weiteren Töten ermutigt.“ Trump selbst sagte mit Blick auf Selenskyj und entsprechende Nachfragen von Reportern nun: „Er sollte Moskau nicht angreifen.“

Kritik an der willkürlich erscheinenden Frist für den Kreml von 50 Tagen wischte Trump ebenfalls weg. „Ich glaube nicht, dass 50 Tage sehr lang sind“, erklärte der US-Präsident und lieferte weiterhin keine Begründung für den von ihm angesetzten Zeitraum, der sogar in Moskau für Verwirrung und Unverständnis gesorgt hatte.

Parteiintern und aus Europa: Gegenwind für Trumps Kurs

Zuvor hatte es Gegenwind für die Fristsetzung gegeben – sowohl aus Europa, als auch innerhalb der republikanischen Partei. „Die 50-tägige Verzögerung bereitet mir Sorge, dass Putin versuchen könnte, die 50 Tage zu nutzen, um den Krieg zu gewinnen oder um in eine bessere Position für die Aushandlung eines Friedensabkommens zu gelangen, nachdem er gemordet und möglicherweise weiteres Terrain gewonnen hat“, zitierte die Nachrichtenagentur AP etwa den republikanischen Senator Thom Tillis aus dem US-Bundesstaat North Carolina.

Kritik kam jedoch auch aus Europa: Der ehemalige britische Premierminister Boris Johnson brachte sein Unverständnis über die Fristsetzung des US-Präsidenten zum Ausdruck. „Warum warten?“, fragte Johnson angesichts des US-Kurses auf der Plattform X. „Weltweit kaufen Länder Putins Öl und Gas und ermöglichen seinen abscheulichen Krieg. Lasst uns jetzt die Putin-Unterstützer sanktionieren.“

„Putin lässt sich nicht von Schlagzeilen täuschen“

Deutliche Worte kamen auch aus dem Baltikum, das als eines der nächsten möglichen Ziele für eine russische Aggression gilt. „Wir müssen uns auf Lieferungen konzentrieren, nicht auf Ankündigungen“, fand etwa der ehemalige litauische Außenminister Gabrielius Landsbergis deutliche Worte für Trumps Kurs im Umgang mit Russland. „Ich glaube erst, dass der Westen Waffen an die Ukraine liefert, wenn ich lese, dass die Ukraine diese Waffen nach Russland verschossen hat“, fügte Landsbergis an.

„Putin lässt sich nicht von Schlagzeilen täuschen, die für die neueste westliche Luftnummer werben“, warnte der Litauer, der große Zweifel daran äußerte, dass Trumps nun bereits wieder abgeschwächte Kursänderung bleibenden Eindruck in Moskau hinterlässt.

Russland reagiert betont unbeeindruckt auf Trump

„Trumps Drohungen würden im Kreml nur dann ernst genommen, wenn er gleichzeitig damit drohen würde, gegen Unternehmen in China, Indien und anderen Ländern vorzugehen“, führte Landsbergis aus. „Aber das wurde nicht angekündigt.“ 

Tatsächlich geben die bisherigen russischen Reaktionen auf Trumps leichten und jetzt bereits wieder abgeschwächten Kurswechsel eher den Kritikern des US-Präsidenten recht. Moskau zeigt sich betont unbeeindruckt – und hat die eigenen Kriegspläne in seinen ersten Reaktionen deutlich bekräftigt. Auch die russischen Angriffe auf zivile Ziele in der Ukraine gingen nach Trumps Ankündigung in unveränderter Härte weiter.

Rufe nach Eskalation und Atombomben in Putins Staats-TV

Russische Staatsmedien betonten unterdessen, dass die Aktienkurse in Russland nach Trumps Ankündigung sogar gestiegen seien. Die 50-tägige Frist bringe Moskau dem Sieg in der Ukraine näher, hieß es etwa bei der staatlichen Agentur RIA Novosti. Auch in den Talkshows im Staatsfernsehen gibt es in diesen Tagen erneut schrille Worte zu hören.

Als Reaktion auf die geplanten westlichen Waffenlieferungen sollte Moskau „Ziele in Europa für legitim erklären“, forderte nun etwa der prominente TV-Moderator Wladimir Solowjow in seiner Sendung. „Ich würde außerdem dazu übergehen, taktische Atomwaffen einzusetzen. Wir müssen den Pfad der Eskalation beschreiten“, sagte Solowjow, der für den zweitgrößten russischen TV-Sender Rossija-1 moderiert.

Trumps 50-tägige Frist: „Ukraine in die Hölle verwandeln“

„Während dieser 50 Tage sollten wir die Ukraine in die Hölle verwandeln“, forderte der einflussreiche Moskauer Propagandist und schlug zudem einen Deal zwischen Russland und Nordkorea vor, um bis zu 400.000 nordkoreanische Soldaten in die Ukraine entsenden zu können. „Europa sollte in einem gerechten Feuer brennen“, fügte Solowjow an.

Angesichts der andauernden russischen Luftangriffe und der eindeutigen Statements aus Moskau kommt auch aus Kyjiw am Mittwoch (16. Juli) nun sanfte Kritik an Trump. „Da Russland keine Absicht zeigt, aufzuhören, wären wir den Vereinigten Staaten aufrichtig dankbar, wenn sie mit ihrer Stärke und ihrem weltweiten Einfluss dazu beitragen könnten, echten Druck auf Moskau auszuüben“, schrieb Andrij Jermak, Leiter des ukrainischen Präsidialamtes und enger Vertrauter von Präsident Wolodymyr Selenskyj, bei X.