Ministerpräsident Tobias Hans„Jede Zusammenarbeit mit der AfD führt ins Verderben“

Tobias Hans (CDU), Ministerpräsident des Saarlandes
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- Für den saarländischen Ministerpräsident Tobias Hans ist der Rücktritt von Annegret Kramp-Karrenbauer konsequent.
- Im Interview spricht er über Parteimitglieder, die der Geschlossenheit der CDU schaden.
- Und er erklärt, warum auch in Zukunft eine Zusammenarbeit mit den Linken ausgeschlossen ist.
Lag der Rückzug von Frau Kramp-Karrenbauer in der Luft?
Es war immer klar, dass es eine Entscheidung zur Kanzlerkandidatur geben muss und dafür auch andere in Frage kommen. Annegret Kramp-Karrenbauer hat die Chance eröffnet, dass wir das konsensual und in einem klar geordneten Prozess hinbekommen.
Sie sagt, der Verzicht auf die Kandidatur sei seit geraumer Zeit in ihr gereift. Haben Sie Anzeichen wahrgenommen?
Ich kenne sie seit langem als eine Frau, die sich ihre Gedanken macht. Wer sich anschaut, wie sie ein hart erkämpftes Regierungsamt aufgab, um sich in den Dienst der Partei zu stellen, der weiß, wie sie denkt: Sie hat an sich den Anspruch, der Partei auch wirklich zu helfen. Sie hat entschieden, dass Parteivorsitz und Kanzlerkandidatur in eine Hand gehören. Und sie hat entschieden, dass sie diese Person nicht ist. Nicht in einer Phase, in der es ungeklärte Machtfragen in der CDU und offenkundig auch Neben-Parteizentralen gibt. Das ist eine respektable Entscheidung.
„Neben-Parteizentralen“ – meinen Sie damit das Kanzleramt?
Alle Bürger müssen wissen, wer für die Partei spricht. Es ist völlig in Ordnung, dass es verschiedene Persönlichkeiten gibt, die in Bundesregierung, Bundestagsfraktion, in Landesregierungen und Landesparteien Verantwortung tragen. Aber das Wort der Parteivorsitzenden muss Gewicht haben. Wenn sie immer eindeutig zu Thüringen erklärt hat, dass kein Kandidat mit Stimmen der AfD ins Amt kommen darf, und einzelne meinen, das sei ihnen egal, dann schadet das nicht nur der Autorität der Parteivorsitzenden , sondern auch der Geschlossenheit der gesamten Partei. Auch daraus hat Kramp-Karrenbauer die Konsequenzen gezogen.
Wie haben Sie die Äußerungen der Kanzlerin zu Thüringen empfunden?
Sie waren in der Sache richtig. Aber es muss auch klar sein, was Partei und was Regierung ist. Das sollte man voneinander trennen. Oder man zieht die Konsequenz und legt es in eine Hand.
Wann haben Sie vom Schritt Kramp-Karrenbauers erfahren?
Am Montagmorgen.
Wohin steuert die CDU jetzt? Links? Mitte? Rechts?
Darum geht es nicht. Die CDU ist eine konservative Volkspartei der Mitte. Bei allen Strömungen ist immer klar, dass wir uns abgrenzen gegen den rechten Rand, insbesondere gegenüber der AfD, die rechtsextreme Züge in weiten Teilen hat und mit einem Björn Höcke agiert, der NS-Sprache benutzt. Aus völlig anderen Gründen grenzen wir uns auch von der Linkspartei ab, die nach wie vor ein völlig ungeklärtes Verhältnis gegenüber Unrechtsstaaten hat und gute Beziehungen zu autokratischen Machthabern pflegt. Es wird künftig auch wichtig sein, dass wir uns besser abgrenzen von den anderen Parteien im demokratischen Spektrum, selbst wenn wir mit ihnen koalieren.
Wie geht es in Thüringen weiter?
Die CDU kann Herrn Ramelow nicht mitwählen und wird daher mit Nein stimmen. Das bedeutet, dass er erst im dritten Wahlgang mit einfacher Mehrheit gewählt werden kann. Oder er wird von der AfD ins Amt gebracht. Dann gelten für ihn dieselben Maßstäbe wie für Herrn Kemmerich von der FDP: Er darf die Wahl nicht annehmen. Ansonsten wäre das auch unerträglich. Wenn er das vermeiden will, muss er dafür sorgen, dass es einen Konsenskandidaten gibt, vielleicht einen unabhängigen Kandidaten, der von der CDU, der FDP, der SPD, den Grünen und den Linken gewählt werden kann.
Es gibt Forderungen, die CDU müsse ihr Verhältnis zu den Linken neu justieren.
Das funktioniert nicht. Dann müssten wir auch unser Verhältnis zu den Mauertoten und zu linken Diktatoren in Südamerika neu justieren, solange die Linken das nicht machen, so lange es eine Kommunistische Plattform bei ihnen gibt. Es gibt einen meilenweiten Unterschied zwischen Herrn Ramelow von den Linken und dem Nazi Höcke. Aber Herr Ramelow steht auch für die Linke. Mit dieser Partei können wir als Union nicht zusammenarbeiten, weil wir sonst unsere Glaubwürdigkeit verlieren.
Was lernen Sie aus Erfurt für den Umgang mit der AfD?
Es muss doch spätestens jetzt jedem in der Union klar sein, dass jede Zusammenarbeit mit der AfD, ob wissentlich oder aus Naivität, ins Verderben führt. Christdemokraten können nicht mit Nazis zusammenarbeiten.
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Welche Favoriten sehen Sie bei Kanzlerkandidatur und Parteivorsitz?
Frau Kramp-Karrenbauer hat ein Vorgriffsrecht. Davon hat sie keinen Gebrauch gemacht. Aber wir haben ihr in Präsidium und Vorstand das Vertrauen ausgesprochen, diesen Prozess zu steuern.
Können Sie sich eine Beteiligung der Mitglieder mit Regionalkonferenzen vorstellen?
Am Ende wird es ein Parteitag entscheiden, wie es gute Tradition ist. Der jüngste Parteitag hat sich mit großer Mehrheit gegen Urwahlen ausgesprochen. Das wäre auch nicht so einfach, weil auch die CSU ein Wort mitzureden hat.
Aber wenn Parteivorsitz und Kanzlerkandidatur in eine Hand gehören, scheidet Markus Söder von der CSU doch automatisch aus, oder?
Er ist doch Parteivorsitzender.
Ging es hier nicht um den CDU-Vorsitz?
Natürlich, die CDU hat schon den Anspruch, den Kanzlerkandidaten zu stellen.
Wie geht es weiter mit der Werte-Union?
Es muss ganz deutlich werden: Ein Bekenntnis zur Werte-Union ist eine Beleidigung für alle CDU-Mitglieder. Wir machen Politik auf dem Fundament unserer Werte. Es braucht keine Werte-Union.
Sie werden sich also von der Werte-Union trennen?
Wir brauchen uns von nichts zu trennen, was nicht zu uns gehört. Jeder, der sich zur Werte-Union bekennt, muss sich überlegen, ob er seinen Platz noch in der Union hat. Wenn nicht, müsste er konsequenterweise sein Parteibuch zurückgeben.
Was wünschen Sie persönlich Annegret Kramp-Karrenbauer?
Ich wünsche ihr, dass sie mit ihrer Entscheidung zufrieden bleibt. Und ich wünsche mir für Deutschland, dass sie unsere Verteidigungsministerin bleibt. Sie hat in den wenigen Monaten bereits einen großartigen Job gemacht. Das kann man an der Motivation der Truppe spüren. Das tut der Bundeswehr gut und das tut Deutschland gut.