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„Hingerotzt“Wahlreform löst hitzige Debatte im Bundestag aus – Ampel und Opposition im Angriffsmodus

Lesezeit 3 Minuten
Alexander Dobrindt, CSU-Landesgruppenchef, während seiner Rede im Bundestag.

Alexander Dobrindt, CSU-Landesgruppenchef, während seiner Rede im Bundestag.

Wegen der Wahlreform haben sich die Parteien im Bundestag die wohl intensivste Debatte dieses Jahres geliefert.

Der Bundestag hat nach jahrelangem Streit eine Wahlrechtsreform beschlossen, die das Parlament verkleinern und dauerhaft auf 630 Abgeordnete begrenzen soll. Ein Entwurf von SPD, Grünen und FDP erreichte am Freitag in Berlin die erforderliche einfache Mehrheit.

Die Debatte zur Abstimmung wurde hitzig geführt. Die Union und die Linkspartei sehen sich durch die Reform benachteiligt – und machten daraus keinen Hehl. „Bigotte Arroganz ist unübertroffen“, echauffierte sich Jan Korte, 1. Parlamentarischer Geschäftsführer der Linksfraktion im Bundestag, gegenüber der Ampel.

Linken-Politiker Jan Korte greift Ampel wegen Wahlreform scharf an

Bezogen auf das Wahlrecht bezeichnete er den Gesetzesentwurf als „größten Anschlag, den es auf diesen Grundpfeiler gab seit Jahrzehnten“. Von der Wahlrechtsreform würden ausschließlich die Parteien der Ampel-Regierung profitieren.

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„Ich möchte hier feststellen, dass sie mit Änderungsantrag – also hier hingerotzt – mal eben zwei Oppositionsparteien aus dem Bundestag politisch eliminieren wollen. Hingerotzt“, so Korte weiter.

Union beschuldigt Regierungsparteien, „Existenzrecht der CSU“ infrage zu stellen

Zustimmung erhielt er für diese Worte nicht nur von seiner eigenen Fraktion, sondern auch von der Union, die wie die Linkspartei bereits eine Klage vor dem Bundesverfassungsgericht angekündigt hat.

CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt sagte, der Plan ziele darauf ab, die Linke aus dem Parlament zu drängen und „das Existenzrecht der CSU“ infrage zu stellen. „Sie machen hier eine Reform für sich selbst“, um den „Machtanspruch der Ampel“ zu zementieren, so Dobrindt.

Verkleinerung des Bundestags: Ampel-Politiker können Aufregung um Wahlreform nicht verstehen

Mit der Reform soll der auf 736 Abgeordnete angewachsene Bundestag auf 630 Mandate verkleinert werden. Dass künftig auf Überhang- und Ausgleichsmandate verzichtet wird, könnte vor allem für die CSU zum Problem werden. Denn ihnen droht im Zweifel, an der Fünf-Prozent-Klausel zu scheitern.

Die sogenannte Grundmandatsklausel entfällt ebenfalls. „Ich wusste nicht, dass die CSU die Fünf-Prozent-Hürde fürchtet“, bemerkte die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Britta Haßelmann, süffisant. Um dieses Risiko zu minimieren, könnten CDU und CSU bei Wahlen künftig als Parteienverbund antreten oder eine Liste eingehen.

Konstantin Kuhle bezichtigt CSU, nur an sich selbst zu denken

Leidenschaftlich argumentierte auch FDP-Politiker Konstantin Kuhle, der die Kritik von Seiten der CSU nicht verstehen kann. „Die CSU macht aus jeder Diskussion über eine Wahlrechtsreform eine über die CSU. Sie müssen damit klar kommen, dass es auch mal einen einzigen Tag gibt, an dem es nicht um die CSU geht, sondern um dieses Land. Und das ist der Tag, an dem der Bundestag verkleinert wird“, so Kuhle.

Eine Bitte des Unionsfraktionsvorsitzenden Friedrich Merz (CDU), die Abstimmung um zwei Wochen zu verschieben, da die kurzfristig vorgelegten Änderungen erheblich seien und viel Beratungsbedarf ausgelöst hätten, wies SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich zurück.

Der CDU-Chef kommentierte die die Abstimmung im Anschluss kämpferisch. „Wir werden uns mit einer solchen Wahlrechtsreform (…) nicht abfinden und wir werden jede Gelegenheit nutzen, die uns in Zukunft gegeben sein wird, um das zu korrigieren“, so Merz. (mit dpa)

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