Während Putin seine angebliche Gesprächsbereitschaft betont, droht Moskau mit neuen Eroberungen in der Ukraine und warnt das Baltikum.
„Ein Akt symbolischer Demütigung“Erst macht Putin ein vergiftetes Angebot, dann droht Moskau mit neuen Eroberungen

Kremlchef Wladimir Putin bleibt auf Kriegskurs. (Archivbild)
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Auch wenn Kremlchef Wladimir Putin gegenüber US-Präsident Donald Trump stets seine angebliche Gesprächsbereitschaft versichert, hat sich an den Bedingungen des russischen Präsidenten nichts geändert. Bei der Pressekonferenz zum Abschluss seiner China-Reise versicherte Putin zwar erneut, dass Verhandlungen über das Schicksal der Ukraine möglich seien. Anschließend machte Putin jedoch einmal mehr deutlich, dass der Kreml kein Interesse an einer diplomatischen Lösung hat, bei der die russischen Bedingungen nicht erfüllt werden.
Wladimir Putin will Ziele auch „auf militärischem Wege erreichen“
„Wenn es nicht gelingt, sich über die Ukraine zu einigen, dann werden wir unsere Ziele auf militärischem Wege erreichen“, sagte Putin. Zuvor hatte Außenminister Sergej Lawrow bereits bekräftigt, dass die Ukraine auf die bereits 2014 von Russland besetzte Krim-Halbinsel und vier weitere Regionen, die Moskau zum Staatsgebiet erklärt hat, verzichten müsse.
Vollständig eingenommen hat die russische Armee unterdessen lediglich die Krim. Wenn es nach dem Kreml ginge, müsste sich die Ukraine also sogar aus Gebieten zurückziehen, die sie kontrolliert. Der Kremlchef zeigte sich nun dennoch siegesgewiss. Russlands Militär sei überall an der Front erfolgreich auf dem Vormarsch. Die Reserven der ukrainischen Streitkräfte seien erschöpft, sagte der 72-Jährige.
Tatsächlich stoßen russische Truppen im Osten der Ukraine weiter langsam vor. Zuletzt glückten den ukrainischen Verteidigern aber auch wieder vermehrt Gegenangriffe, die zur Rückeroberung einzelner Ortschaften führten.
Putin: Lob für Trump und ein vergiftetes Angebot für Selenskyj
Lob von Putin gab es derweil für Trump, der für „Licht am Ende des Tunnels gesorgt“ habe, wie der Kremlchef erklärte. Dann ließ er den US-Präsidenten jedoch ebenfalls auflaufen. Trump will direkte Gespräche zwischen Putin und dem ukrainischen Präsidenten herbeiführen.
Dieser Plan sei eine „Sackgasse“, erklärte Putin und führte Selenskyjs angeblich mangelnde Legitimität ins Feld. Ein vergiftetes Angebot an den Ukrainer, er könne doch für Gespräche nach Moskau kommen, unterstrich Putins Ablehnung schließlich nur noch.
„Bewusst inszenierter Akt symbolischer Demütigung“
Damit mache der Kremlchef sich über das jüngste Treffen mit Trump „mehr oder weniger offen lustig“, kommentierte der Historiker und Russland-Experte Matthäus Wehowski den Auftritt in Peking. Auch der Politik-Analyst Alexander Dubowy kam zu diesem Schluss. Putins Einladung sei kein ernstzunehmendes Verhandlungsangebot, sondern ein „bewusst inszenierter Akt symbolischer Demütigung“, erklärte der Osteuropa-Experte bei X.
„Der Präsident des überfallenen Landes soll – unter Ausschluss neutraler Vermittlung und unter vollständiger Kontrolle des Aggressors – im Machtzentrum des Feindes erscheinen. Hier geht es nicht um Dialog auf Augenhöhe, sondern um rituelle Unterwerfung.“
Auftritt in China: Putins „übliche Arroganz“
Selbst für „Putins Verhältnisse“ hätten die Worte des russischen Präsidenten „ein starkes Level an Zynismus“ enthalten, erklärte auch Wehowski. Putin habe mit seiner „üblichen Arroganz“ klargestellt, dass sich an Moskaus Kriegszielen nichts geändert habe. Ein Kriegsende sei derzeit „so weit weg wie immer seit Februar 2022“, so der Historiker.

Kremlchef Wladimir Putin am 4. September bei einem Besuch in Kursk. Der russische Präsident hat seinem ukrainischen Gegenüber ein vergiftetes Angebot gemacht.
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Die Bestätigung für seinen aggressiven Kurs lieferte Moskau dann selbst – und das wie so oft seit Kriegsbeginn in Person des ehemaligen Kremlchefs Dmitri Medwedew. Aus Wut darüber, dass Großbritannien die Zinsgewinne aus eingefrorenen russischen Vermögenswerten an die Ukraine überwiesen hat, polterte Medwedew in seinem Telegram-Kanal drauflos.
Dmitri Medwedew droht mit neuen Eroberungen in der Ukraine
„Britische Diebe haben russisches Geld an Neonazis überwiesen“, beklagte er und bediente damit mal wieder die unwahre russische Erzählung von einem „Neonazi-Regime“, das in der Ukraine angeblich an der Macht sei. Da das Geld nicht auf legalem Wege zurückgeholt werden könne, werde Russland nun Sachwerte beschlagnahmen, drohte der Ex-Kremlchef.
„Das heißt, ‚ukrainisches Land‘ und darauf befindliche Immobilien und bewegliche Güter“, setzte Medwedew seine Tirade fort und stellte klar, dass mit der Drohung neue Eroberungen gemeint sind. „Natürlich spreche ich nicht von den Ländern der neuen Regionen Russlands, die gehören bereits uns.“ Wahlweise könne Moskau aber auch „Wertgegenstände der britischen Krone“ beschlagnahmen, fügte der nunmehrige Vizechef des russischen Sicherheitsrates an.
Russisches Außenministerium verspottet Lettland
„Für die ‚Verhandlungen‘ will Russland wohl guten Willen zeigen“, kommentierte der Kölner Politikwissenschaftler Thomas Jäger mit ironischen Worten die neuerlichen Ausführungen Medwedews, der sich zuletzt noch über Kanzler Friedrich Merz (CDU) und Frankeichs Präsident Emmanuel Macron ausgelassen hatte.
Auch das russische Außenministerium unterstrich am Donnerstag den aggressiven Kurs des Kremls und fand bedrohliche Worte und Häme für die Nachbarstaaten im Baltikum.
„Wir werden die militärischen Aktivitäten unserer [lettischen] Nachbarn weiterhin genau beobachten, einschließlich der auf ihrem Boden durchgeführten Militärübungen, die aufgrund ihrer operativen Konzeption und Ziele das Risiko einer militärischen Eskalation erhöhen“, teilte das russische Außenamt mit und veröffentlichte dazu ein spöttisches Foto, auf der eine kläglich wirkende Militärparade zu sehen war. (mit dpa)