Kommentar zum Grünen-HassGrenze des Tolerierbaren ist schon jetzt überschritten

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Erlebt viele Anfeindungen: Ricarda Lang, Bundesvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen

Erlebt viele Anfeindungen: Ricarda Lang, Bundesvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen

Wenn Wahlhelfer an Ständen angegriffen werden und politische Veranstaltungen abgebrochen werden müssen, dann schadet das der Demokratie insgesamt.

Deutschland steht ein heißes Wahljahr bevor. Es hat bereits unrühmlich begonnen – mit Blockaden von Veranstaltungen der Grünen und mit gewaltsamen Übergriffen auf Politiker, sogar in ihrem privaten Bereich. Was wird da in den nächsten Monaten noch kommen? Die Grenze des Tolerierbaren ist schon jetzt überschritten. Wenn Wahlhelfer an Ständen angegriffen werden und politische Veranstaltungen abgebrochen werden müssen, weil Redner niedergebrüllt oder gar bedroht werden, dann schadet das der Demokratie insgesamt.

Man muss zur Kenntnis nehmen, dass politische Auseinandersetzungen heute härter geführt werden als noch vor Jahren. Viele Menschen sind politischer geworden, weil die Zukunft ihnen Angst macht und das Meinungsspektrum in wichtigen Fragen polarisiert ist. Manche Menschen sind für Waffenlieferungen an die Ukraine, andere strikt dagegen. Manche Menschen fordern radikalen Klimaschutz, andere einen behutsamen Weg – oder gar keine Maßnahmen. Manche Menschen wollen unbegrenzt Flüchtlinge aufnehmen, andere wollen das nicht mehr. Der Kompromiss, gerade bei derart schwierigen Themen die Königsdisziplin der Politik, ist angesichts der immer aufgeregteren Debatten aus der Mode gekommen, leider.

Es ist gut und richtig, wenn all diese unterschiedlichen Meinungen sich gleichermaßen Gehör verschaffen können. Wer Andersdenkende mundtot machen will und bedroht, verabschiedet sich aus diesem mühsamen, aber normalen demokratischen Aushandlungsprozess. Es wäre wünschenswert, alle Parteien würden klar machen, dass Grenzen überschritten wurden und Gewalt nicht der Normalzustand sein kann. Wenn Politiker solchen Anfeindungen ausgesetzt sind, will ihre wichtigen Jobs bald keiner mehr machen. Das kann nicht das Ziel sein.

Die Solidarität sollte allerdings für alle gelten. Auch wenn AfD-Politiker verprügelt oder mit Hundekot beworfen werden, ist das ein Tabubruch und Schadenfreude fehl am Platz. Kritik und Protest mit friedlichen Mitteln sind dagegen nicht nur erlaubt, sondern höchst wirksam. Dabei sollten wir unbedingt bleiben.

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