„Herkunft nicht so wichtig“

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KERPEN-TÜRNICH. „Konzentriere dich auf deinen kleinen Finger“, so lautet in einer Geschichte über das japanische Maskentheater „No“ der einzige Satz auf der letzten Seite eines ansonsten leeren Buches über das Geheimnis der Schauspielerei. Ein Meister schenkte das Buch seinem Schauspielschüler.

Schmunzelnd erzählt Severin von Hoensbroech die Geschichte. Im Übrigen halte er den Satz für einen guten Tipp, er habe ihn selbst auf der Bühne im Falle einer „Unterspannung“ erfolgreich ausprobiert.

Zu Japan hat Severin von Hoensbroech eine besondere Beziehung, nicht nur, dass er die japanische Küche für die „beste der Welt“ hält und Respekt vor der 13-jährigen Ausbildung eines japanischen Fischschneidemeisters hegt.

Fotos zeigen ihn als hoch gewachsenes Kind mit blondem Schopf zwischen schmaläugigen und schwarzhaarigen Knirpsen eines japanischen Kindergartens, denn in Tokyo wuchs Severin von Hoensbroech auf: „Japanisch habe ich damals besser gesprochen als Deutsch.“ Der Vater Graf Godehard von Hoensbroech habe in den siebziger Jahren geschäftlich dort zu tun gehabt. Danach besuchte Sohn Severin das Gymnasium im Benediktinerkloster im Schweizer Engelberg und machte Abitur.

Freilich bleibe ihm heute von der Verehrung Japans häufig nicht einmal die Küche: „Ich kann sie mir nicht leisten. Meistens lande ich in Köln doch in der Stehpizzeria um die Ecke.“ Einen gedeckten Mittagstisch findet er aber im ehemaligen Gesindehaus des Schlosses Türnich bei den Eltern immer, wenn er dort sein Büro aufsucht.

Auf dem Schreibtisch türmt sich unbearbeitete Korrespondenz, eine löchrige Regenrinne an der Rückseite des Wohnhauses hat die Kontakte der Telefonanlage mit Wasser durchfeuchtet, und im Schwedenhaus des Anwesens fallen im Badezimmer an diesem Morgen die Kacheln von der Wand, auch hier ein Wasserschaden.

Eine Woche lang lag Severin von Hoensbroech in seiner Kölner Südstadt-Wohnung mit einer Grippe im Bett. Jetzt inspiziert er erst einmal die Schäden, regelt die Arbeiten im Obstpark, packt im Parka selbst mit an, Alltagsgeschäft für den Sohn des Grafen.

Seit 2002 obliegt dem 32-Jährigen die Verwaltung von Obstanbau und Schlosskomplex. Hier sei der Vater nach wie vor der Chef, sagt Severin von Hoensbroech. Bereits einmal hat Severin von Hoensbroech einen Spagat gemeistert, damals zwischen seinem Beruf als Schauspieler und dem Psychologiestudium in Bonn: „Ich wollte zusätzlich noch eine akademische Ausbildung aufsatteln.“

Bescheidener Ruhm

durch kleine Rollen

Heute arbeitet er wieder parallel, in seinem eigentlichen Beruf als Schauspieler, als Verwalter des Schlosskomplexes und an seiner CD „Frische Luft“. Ein unterhaltsames, abstruses Projekt, das sich am ehesten als „leicht erkälteter Deutschpop“ bezeichnen lasse. Dort finde er sich als Texter und Sänger wieder.

Sein Sinn für Abstruses habe ihm schon bei den ersten kleinen Schauspielrollen bescheidenen Ruhm eingebracht. Im Rahmen privater Partys seien seine Persiflagen auf den Aufführungsbetrieb der Salzburger Festspiele der „Riesenrenner“ gewesen, erzählt von Hoensbroech.

Auch den Regisseur Peter Stein habe er damit als Fan gewinnen können, denn auch den habe er mächtig aufs Korn genommen. Später habe ihn Stein zur Mitarbeit an der Inszenierung von Grillparzers „Libussa“ für die Festspiele eingeladen.

„Fernsehen habe ich auch schon verschiedentlich gemacht, letztes Jahr etwa in der ARD-Fernsehproduktion ,Die Eltern der Braut mit Gabi Dohm“, sagt Hoensbroech. Kürzlich war der Schauspieler allerdings Bestandteil einer Reportage über den deutschen Adel. „Die haben mich mehr oder weniger als Anti-Adeligen vorgestellt. Der bin ich ja gar nicht. Aber meine Herkunft spielt nicht die überragende Rolle. Ich glaube nicht, dass ich anders bin als andere.“

Auch das Bemühen um den Erhalt des Schlosses rechtfertigt Hoensbroech nicht mit adliger Verpflichtung: „Es ist ein bemerkenswertes Anwesen, das es zu erhalten gilt.“

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