Impf-Nachrücker im Blick: Listen in mehreren Landkreisen
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Lauterbach/Wiesbaden – Mit Listen für Nachrücker wollen mehrere hessische Landkreise dafür sorgen, dass kein Corona-Impfstoff verfällt. Während der Vogelsbergkreis eine eigene Website eingerichtet hat, über die Menschen aus den beiden ersten Priorisierungsgruppen ihr Interesse an möglicherweise übrig gebliebenen Impfdosen anmelden können, führen beispielsweise auch der Main-Kinzig-Kreis sowie der Landkreis Fulda entsprechende interne Nachrückerlisten, wie die Pressestellen berichteten.
Nach Angaben des ärztlichen Leiters des Impfzentrums im Vogelsbergkreis, Erich Wranze-Bielefeld, waren über die Webseite „impfspringer.de” bis zur Wochenmitte 75 Personen einbestellt und geimpft worden. Das Angebot richte sich ausschließlich an Menschen aus dem Vogelsbergkreis, die - gemäß der Impfverordnung - zur „höchsten” oder „hohen” Priorisierungsgruppe gehören, betonte Wranze-Bielefeld. Dazu gehören beispielsweise Menschen über 70 Jahre, Mitarbeiter von Arztpraxen, Kita-Betreuer und Grund- und Förderschullehrer. Zuvor hatten mehrere Medien über das Thema berichtet.
Ob und wieviel Impfstoff pro Tag übrig bleibe, hänge vom jeweiligen Hersteller ab: Beim Vakzin von Biontech bleibe nur dann nichts übrig, wenn die Anzahl der Impfkandidaten durch sechs teilbar sei, erläuterte Wranze-Bielefeld. Denn ein Durchstichfläschchen ergebe sechs Impfdosen. „Trotz ordentlicher Planung gelingt das nicht immer, daher bleiben pro Tag zwischen einer und fünf Dosen übrig.”
Beim Moderna-Impfstoff blieben pro Tag theoretisch zwischen einer und neun Dosen übrig, da ein Fläschchen zehn Impfdosen ergebe, praktisch blieben nur ausnahmsweise zwei bis drei Dosen übrig. Beiden Impfstoffen gemeinsam sei, dass sie innerhalb von sechs Stunden nach Anbruch verabreicht werden müssten. Für den Astrazeneca-Impfstoff bekomme man derzeit viele Absagen von Impfkandidaten oder sie kämen gar nicht, so Wranze-Bielefeld. „Daher bleiben schon circa 20 bis 40 Impfdosen übrig.” Bisher habe man noch keinen Impfstoff vernichten müssen.
Eine Impfbörse hatte auch der Landkreis Groß-Gerau eingerichtet - allerdings ist die Anmeldung dazu derzeit ausgesetzt. Rund 2500 Menschen hatten sich innerhalb einer Woche über das Portal registriert - aber pro Tag könnten nur etwa fünf bis acht Nachrücker eine Impfung bekommen, sagte ein Sprecher der Landkreises. „Deshalb haben wir erstmal einen Cut gemacht.” Wenn der Annahmestopp endet, will der Landkreis eine erneute Mitteilung herausgeben.
Bereits seit Anfang Januar führt der Landkreis Fulda eine Nachrückerliste, um mögliche Impfstoffreste an berechtigte Menschen zu verabreichen. Im Durchschnitt würden täglich vier bis sechs Personen von der Liste geimpft, wenn Impfstoff durch nicht wahrgenommene Termine übrig bleibe, hieß es von der Pressestelle. „Der Landkreis Fulda hat davon abgesehen, diese Nachrückerliste für die Allgemeinheit zu öffnen. Das hätte den Eindruck erweckt, man könne als Nachrücker die Priorisierungsgruppen überspringen”, erklärte der Landkreis. „Das ist keineswegs der Fall und wäre das falsche Signal in die Öffentlichkeit.”
Ähnlich äußerte sich ein Sprecher des Main-Kinzig-Kreises. Auch dort gebe es eine entsprechende Liste, die aber intern geführt werde und rund 1400 potenzielle Nachrücker aus Hessens bevölkerungsreichstem Landkreis umfasse, darunter beispielsweise Einsatzkräfte von Rettungsdiensten, wie der Sprecher sagte.
Der Main-Taunus-Kreis will von der kommenden Woche an für übrig bleibenden Corona-Impfstoff mit Hilfe einer Online-Plattform rasch Impfkandidaten finden - das Angebot für einen Termin wird per SMS gemacht. Impfwillige können sich dort vorher anmelden.
Beim zuständigen hessischen Innenministerium hieß es, bislang hätten Impfdosen nur in Einzelfällen nicht genutzt werden können. Hintergrund dafür seien hauptsächlich verunreinigte Chargen gewesen. Fälle von Impfstoffvernichtung aufgrund überzähliger Dosen, die nicht verabreicht werden konnten, seien dem Land hingegen aktuell nicht bekannt.
Alle Landkreise hätten sicherzustellen, dass kein Impfstoff wegen Überlagerung verfällt. Die Impfzentren müssten die Bestellmengen entsprechend anpassen und gegebenenfalls reduzieren, um den Verfall von Impfstoff zu verhindern. Zusätzlich habe das Land Hessen den Impfzentren empfohlen, in eigener Zuständigkeit „Nachrückerlisten” zu führen, auf denen schnell verfügbare, priorisiert zu impfende Personengruppen aufgeführt sind. Weil die Impfzentren in eigener Verantwortung der Landkreise geführt werden, lägen dem Land keine Kenntnisse vor, ob alle Impfzentren dieser Empfehlung gefolgt seien. „Mehrheitlich ist dies aber wohl der Fall”, erklärte das Ministerium.