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KarnevalWohin kommt das Bützje?

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Die frisch proklamierte Jungfrau Martina wird in der Karnevalszeit einiges zu bützen kriegen. (Bild Gauger)

Köln – Eine Fachfrau fürs Bützen ist Marie-Luise Nikuta: Erstens hat sie das neue Motto-Lied über das Bützen geschrieben, zweitens ist sie im Karneval naturgemäß oft Ziel der verbreiteten Bützerei. „Aber nicht auf den Mund! Das ist doch nicht hygienisch: lieber aufs Bäckchen.“ Wegen der Schweinegrippe? Na ja, auch, meint die Liedermacherin. „Wenn man das nicht möchte, kann man es auch diskret abweisen.“ In Nikutas Lied mit dem Kättchen und ihrem Pitter hat man jedoch den Eindruck, dass sie es ganz gern tun: auf den Mund. „Das ist ja auch etwas anderes: Da entwickelt sich ja Liebe.“

„Sonst schmeckt man doch nichts“

Ganz anderer Meinung als Nikuta ist Ludwig Sebus. „,Su e Bützche vun enem Nützche - Jung, dat schmeck wie Appeltaat heißt es doch schon bei Ostermann. Also muss das ein Kuss auf den Mund sein, sonst schmeckt man doch nichts. Ein Wangenkuss ist nur was zur Begrüßung.“

Die Bläck Fööss haben das Karnevalsmotto eingekölscht („En Kölle jebütz“) und sich in ihrem Lied witzige Gedanken gemacht über die Arten, wie die Menschen küssen („der Paps, der lät sich dobei op de Äd“). „Knutschen“, ist Bömmel Lückerath überzeugt, „ist mit Bützen jedenfalls nicht gemeint.“ Es sei eher eine leichte Form der Sympathiebezeugung: „Das kann man auf das Bäckchen richten, auf die Stirn, das Näschen, das Ohrläppchen und, als leichte Lippenberührung, auch auf den Mund.“

„Küsschen hier, Küsschen da, Küsschen sind so wunderbar“, haben die Höhner vor vielen Jahren a cappella intoniert. Nicht nur deswegen ist Peter Werner ein Experte: Mit seiner Eleonore ist er seit 1974 glücklich verheiratet. „Bützje, das ist für mich ein ganz leichter Schmatz auf den Mund. Ich versuche dem im Karneval zu entgehen: Da hat meine Frau die Rechte dran.“ Bei den Bützchen im Karneval „hat die Zunge schon gar nichts zu suchen“. Gerade war er mit der Familie in Belgien, und da sei es üblich, sich fest zu umarmen und sich - links, rechts, links - auf die Wange zu küssen: „Das gibt eine große Nähe. Jemand hat mal gesagt: Mit zehn Umarmungen am Tag kommst du gut durchs Leben. Stimmt: Es tut der Seele gut.“

Für seine charmanten, eleganten Handküsse war der frühere Leiter des Rosenmontagszuges, Alexander von Chiari, bekannt. „Aber das ist ja kein Bützchen. Ich bevorzuge die französische Variante mit Kuss auf die Wange rechts, links. Ich bin kein Freund davon, gleich jemand den Mund vollzusabbern. Aber natürlich ist auch der Mund denkbar - das kommt auf das Gegenüber an.“

Für seinen Nachfolger Christoph Kuckelkorn hat ein Bützchen vor allem eines zu sein: Appetitlich! „Das ist kein Abschlecken“, sagt er, „ein Bützchen ist kein feuriger, inniger Kuss.“ Aber auch auf den Mund - auch herzhaft? „Na klar, irgendwo muss man sich die Farbe beim Clown doch abholen!“ Kein Bützchen sei der Handkuss. Abgesehen davon: „Das können die wenigsten, viele sind damit überfordert, auch das weibliche Gegenüber.“

Eindeutig äußert sich schließlich Rote-Funken-Präsident Heinz-Günther Hunold. „Der ,French Kiss, also recht links, ist ja Usus geworden. Aber e Bützje jitt et nor en Kölle und nur zur Karnevalszeit, und zwar immer: voll drauf! Natürlich mit Anstand und nachdem man sich vergewissert hat, ob dat Mädchen dat och well. Umgekehrt ist das meistens ohnehin keine Frage.“ Das mit dem Bützen steht ja sogar im Funken-Eid: „De Mädcher well ich mich verschrieve, de Bützerei nit üvverdrieve.“ Wobei präzisiert wird, dass es nur um „kölsche Mädcher“ geht. „Es ist“, sagt Hunold, „ein zarter Kuss auf den Mund. Wobei klar ist: Es kann auch mehr daraus werden.“