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Kraftwerk Ville-BerrenrathKraftwerksbetreiber unter Dauerfeuer

Lesezeit 3 Minuten

Im Kraftwerk Berrenrath will RWE Power dauerhaft mehr Abfälle mitverbrennen. In der Bevölkerung hagelt es Kritik. (Bild: Rosenbaum)

FRECHEN/HÜRTH – Hans-Peter Schiffer hatte bei einer Sondersitzung des Umweltausschusses keinen leichten Stand. Von den voll besetzten Besucherrängen im Ratssaal ernteten die Kritiker der Pläne, im Kraftwerk Ville-Berrenrath dauerhaft mehr Abfälle mitzuverbrennen, immer wieder Applaus. Dabei war der RWE-Power-Mann, Leiter der Abteilung Genehmigungen und Umweltschutz, nach Frechen gekommen, um „Transparenz“ zu schaffen und die „Verantwortung des Unternehmens für Gesundheit und Umwelt“ zu demonstrieren.

Bis ins Detail erklärte er, wie RWE Power in dem Kraftwerk nicht nur Braunkohle, sondern auch andere Stoffe verbrennt, um Energie zu gewinnen. Den Anteil dieser „Ersatzbrennstoffe“, die in Ville-Berrenrath seit fast zwei Jahrzehnten mitverbrannt werden, will RWE Power von 25 auf 49,7 Prozent erhöhen. Ähnliche Pläne gibt es für das Frechener Kraftwerk Wachtberg.

Doch in der Bevölkerung regt sich Widerstand. Die Bürgerinitiative „Sauberes Frechen“, die mehr als 1600 Protestunterschriften gesammelt hat, sieht in dem Kraftwerk eine verkappte Müllverbrennungsanlage. Deren Sprecher Friedrich Bohnes erklärte: Um ein Vielfaches lägen die Emissionen von Salz- und Schwefelsäure über den immissionsschutzrechtlich vorgesehen Grenzwerten. Auch die Grenzwerte für Kohlenmonoxid und Stickoxid würden überschritten. Vor allem aber, so Bohnes weiter, werde die Anlage bei allen Schadstoffen bei weitem nicht dem gerecht, was moderne Müllverbrennungsanlagen (MVA) zu leisten im Stande sind. „Eine reine MVA wäre dagegen ein echtes El Dorado“, lautete sein Fazit.

Schiffer widersprach. Alle genehmigten Grenzwerte für die Mitverbrennung seien eingehalten worden. Der RWE-Vertreter berief sich auf erhöhte Grenzwerte, die dem Unternehmen im Rahmen eines Verfahrens aus dem Jahr 2006 zugestanden wurden - Ausnahmen, die in Frechen jedoch massiv kritisiert wurden.

„Was würde es Sie kosten, auf diese Ausnahmen durch den Einbau zusätzlicher Filter zu verzichten?“, wollten Hans-Dietmar Thamm (CDU) und Stefanie Geier (SPD) wissen. „Diese Frage stellt sich nicht“, antwortete Schiffer. Die Umweltverträglichkeit sei auch mit den Ausnahmen gewährleistet, die erhöhten Grenzwerte seien bestandskräftig.

Dem widersprach Lothar Nigge von der Bezirksregierung Arnsberg: „Die Ausnahmen werden erneut überprüft.“ Die Behörde ist zuständig für die Bergaufsicht, die eingreift, weil in dem Kraftwerk vor allem Braunkohle verbrannt wird. Die Bezirksregierung führe seit August 2010 selbst Messungen in unmittelbarer Nähe des Kraftwerks durch. Sobald die Ergebnisse vorliegen, sollen die Werte auf ihre Auswirkungen auf den menschlichen Körper hin begutachtet werden.

Nigge gab zu, dass seiner Behörde bei der Offenlegung der Pläne ein Fehler unterlaufen sei. Der RWE-Power-Antrag wird deshalb vom 9. März bis zum 8. April noch einmal ausgelegt, unter anderem in den Rathäusern von Hürth und Frechen. Am 18. Mai findet nun der Erörterungstermin im Hürther Bürgerhaus statt. Daran teilnehmen dürfen neben den Einwendern auch Anwohner, die in einem Radius von 3,6 Kilometern um das Kraftwerk herum wohnen.

Am Ende musste der Vorsitzende des Umweltausschusses, Hans Peter Schumacher (Grüne), feststellen: „Wir konnten keinen Konsens erzielen.“ Das galt jedoch nur für die Diskussion mit RWE Power. Der Ausschuss selbst war sich einig und bestätigte einstimmig eine Stellungnahme der Stadt, die „nachdrücklich empfiehlt“, RWE Power ohne Ausnahmen an die immissionsschutzrechtlichen Grenzwerte zu binden.