Gemeinde muss Steuern erhöhenGymnasium Alfter kostet das Dreifache

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Das Luftbild zeigt den sanierten Bau der ehemaligen Hauptschule von Alfter, die nun Gymnasium werden soll.

Aus der ehemaligen Hauptschule wurde ein Gymnasium. Aber das reicht nur für den Start.

Die Kosten für das künftige Gymnasium in Alfter werden sich nach aktueller Schätzung verdreifachen. Die Politik steht zum Schulbau, weiß aber, dass das Vorhaben die Gemeinde wieder in die Haushaltssicherung treibt. 

Zum Schuljahresbeginn 2023/24 soll das neue Gymnasium in Alfter starten. Ab Februar beginnt das vorgezogene Anmeldeverfahren. Doch kann sich die Gemeinde das Gymnasium überhaupt leisten? Statt der bislang prognostizierten 26 Millionen Euro werden die Baukosten aufgrund der aktuellen Preissteigerungen, durch die Inflation und den Ukraine-Krieg sowie der veränderten Zinslage auf gut 80 Millionen Euro prognostiziert.

Kämmerer stellt hohe Steuersätze in Aussicht

Die Kostenexplosion dürfte nicht nur Konsequenzen für den Gemeindehaushalt ab 2023 haben, sondern auch für alle Bürger. Ohne eine deutliche Anhebung der Grundsteuer B werde das Gymnasium laut Kämmerer Nico Heinrich nicht zu stemmen sein. In den kommenden Jahren könnte der Hebesatz um die Hälfte bis zwei Drittel von derzeit 750 Punkten auf 1250, eventuell sogar auf 1800 Punkte steigen. Es droht erneut ein Haushaltssicherungskonzept (HSK).

Endgültig entschieden ist nichts. Einstimmig vertagte der Rat das Thema auf eine Sondersitzung am 10. Januar. Bis dahin, so Bürgermeister Rolf Schumacher (CDU) auf Anfrage, bereite eine Lenkungsgruppe aus den Fraktionsvorsitzenden sowie einem Vertreter der Verwaltung die Grundstruktur des HSK vor. Drei Stunden lang debattierten die Politiker und bekräftigten am Ende erneut einstimmig den Beschluss, dass die Gemeinde Alfter im kommenden Sommer ein dreizügiges Gymnasium in eigener Trägerschaft errichtet, sofern mindestens 240 Kinder im Februar angemeldet werden.

Genehmigung von der Bezirksregierung setzt Finanzkraft voraus

Die endgültige Entscheidung liegt aber bei der Bezirksregierung. Denn die Gemeinde muss ihr gegenüber nachweisen, dass sie finanzkräftig genug ist, das Gymnasium zu errichten und zu betreiben. Aufgrund der aktuellen Krise ist die Kommune sowieso in einer angespannten Haushaltssituation, hat aber für 2023 noch keinen Etat aufgestellt. Daher muss der Rat im Januar Eckpfeiler für ein HSK für die Jahre 2023 bis 2033 aufstellen und dabei ihre Finanzkraft nachzuweisen. Ohne diesen Nachweis wird es keine Genehmigung für eine Schulgründung geben.

In diesem Eckpunktepapier werden auch Steuererhöhungen aufgeführt sein. Kritik an der aktuellen Entwicklung äußerte der Witterschlicker Bürger Eckhard Fuhs in einem Schreiben an die Verwaltung und die Fraktionsvorsitzenden, das auch der Rundschau vorliegt. Fuhs begrüßt darin zwar ausdrücklich, „die längst überfällige Entscheidung für das Projekt Gymnasium“, die seiner Meinung nach 30 Jahre zu spät kommt; getrübt sei seine Freude jedoch darüber, dass zum Ratsbeschluss im Juni dem Gremium die haushalterischen Aussagen noch nicht vorlagen.

Dies räumte die Gemeinde auch in ihren Sitzungsunterlagen ein. Fuhs bat daher den Bürgermeister um eine Stellungnahme, weshalb die finanziellen Auswirkungen durch die baulichen Erweiterungen und den laufenden Betrieb noch nicht bekannt gewesen seien. Laut Fuhs klingt es „wie Hohn“, und seiner Meinung nach hätte „damals keine Entscheidung getroffen werden dürfen“. Fuhs fordert, die Liquidität der Gemeinde sicherzustellen: „Es sollte oberstes Ziel sein, dass ein Haushalt ohne Sicherungskonzept und ohne Steuererhöhungen auskommt.“

Erste Schätzung liegt erst seit November vor

Die Antwort an Fuhs von Schumacher: Erst nach dem Ratsbeschluss vom Juni habe eine Kostenschätzung durch ein Architekturbüro beauftragt werden können. Diese Schätzung sei erstmals im November im Haupt- und Finanzausschuss beraten worden: „Denn es macht einen Unterschied, ob die Eltern ein Gymnasium oder eine Gesamtschule wünschen, weil dies vom Raum- und Differenzierungsbedarf verschieden ist.“

Weiter führt Schumacher aus, dass die wesentliche Arbeit in den kommenden Jahren erst noch geleistet werden müsse, wenn die jeweiligen Haushaltsbeschlüsse gefasst werden: „Zuvor bedarf es einer realistischen Kostenplanung für den Erweiterungsbau. Bislang kann nur eine Machbarkeitsstudie vorliegen. Auch dieses weitere Vorgehen wird noch Kraft und Zeit in Anspruch nehmen.“

Wir stehen weiterhin bereit, gemeinsam mit Politik und Verwaltung alles dafür zu tun, den Bürgerinnen und Bürgern zu verdeutlichen, dass wir jeden Stein umdrehen, um den Anstieg der Steuern zu reduzieren, wo es nur geht und eine weiterführende Schule einzurichten
SPD Alfter in einer Erklärung

Die SPD-Fraktion gab bekannt: „Wir stehen weiterhin bereit, gemeinsam mit Politik und Verwaltung alles dafür zu tun, den Bürgerinnen und Bürgern zu verdeutlichen, dass wir jeden Stein umdrehen, um den Anstieg der Steuern zu reduzieren, wo es nur geht und eine weiterführende Schule einzurichten.“

Auch die Liberalen äußerten sich: „Die vorgesehene Grundsteuererhöhung um 135,91 Prozent ist für die FDP-Fraktion sozial unverträglich und absolut unzumutbar.“ Diese Einschätzung teilten auch die Grünen, die SPD, Freie Wähler und die UWG. Die FDP sei fraktionsintern von zehn Millionen Euro mehr ausgegangen. Ob sich der erneute Abstieg ins HSK verhindern lässt, sieht die FDP-Vorsitzende Miriam Clemens skeptisch: „Denn auch ohne ein Gymnasium steht derzeit ein HSK mit einer Grundsteuererhöhung auf 1250 Punkte im Raum.“

Werner Urff, Fraktionsvorsitzender der UWG, erklärte: „Vor einer Entscheidung wie heute, die Schulden der Gemeinde auf einen Schlag um ungefähr 40 Millionen Euro zu erhöhen, hat der Rat noch nie gestanden. Die Tragweite ist enorm. Jetzt hilft kein ‚weiter so‘ oder ‚Augen zu und durch‘.“ Laut Urff müssten alle großen Projekte auf den Prüfstand.

So geht es mit dem Gymnasium in Alfter weiter

Kommenden Montag, 19. Dezember, bietet die Gemeinde Alfter eine offene Fragestunde für alle Interessenten in der Aula des Gymnasiums (Am Rathaus 11, Oedekoven) an. Beginn ist um 18.30 Uhr. Eine weitere offene Fragestunde, ebenfalls um 18.30 Uhr, findet am Montag, 16. Januar, statt. Am Donnerstag, 12. Januar, ist ein Elternabend geplant. Eine Uhrzeit steht noch nicht fest. Das vorgezogene Anmeldeverfahren beginnt unmittelbar nach Ausgabe der Halbjahreszeugnisse ab dem 20. Januar 2023. Alle aktuellen Informationen finden sich online. (fes).

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