„Dramatische Lage“ durch Borkenkäfer20 000 Bäume im Siebengebirge betroffen

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Kahlschlag: Im oberen Schmelztal sind bereits 6000 Fichten, die vom Borkenkäfer befallen sind, gefällt worden. Mindestens 20 000 Bäume sind nach Schätzung der Stadt insgesamt betroffen.

Kahlschlag: Im oberen Schmelztal sind bereits 6000 Fichten, die vom Borkenkäfer befallen sind, gefällt worden. Mindestens 20 000 Bäume sind nach Schätzung der Stadt insgesamt betroffen.

Bad Honnef/Königswinter – Als im November 2015 im Bad Honnefer Schmelztal viele Bäume entlang der Landstraße gefällt werden mussten, weil sie eine Gefahr für Autofahrer darstellten, da war der Eingriff in die Natur vielen Bürgern schon ein bisschen zu viel. Doch im Nachhinein ist es kein Vergleich zu dem, was dem Wald zurzeit widerfährt: Wenn man das obere Schmelztal erreicht, erinnert der Stadtwald rechter Hand plötzlich mehr an eine Mondlandschaft. Rund 6000 Fichten sind dort inzwischen nach Angaben von Stephan Schütte, Leiter des Regionalforstamtes Rhein-Sieg-Erft, gefällt worden. Und es kommt noch schlimmer...

Wege gesperrt

Wegen der Fällung der Fichten im Stadtwald im Süden des Naturschutzgebietes Siebengebirge kann es aus Gründen der Sicherheit zur Sperrung von Wald- und Wanderwegen kommen. Stadt und Forstamt appellieren an die Bürger, diese Sperrungen unbedingt zu beachten. Verstöße könnten „empfindliche Geldbußen“ zur Folge haben. Den Anordnungen des Forstpersonals sei Folge zu leisten.

Regionalförster Stephan Schütte weist zudem darauf hin, dass auch Fichten gefällt werden könnten, die noch Grün, aber sehr wohl schon vom Borkenkäfer befallen sein können. Spuren von typischem Bohrmehl an den Wurzeln ermöglichten Rückschlüsse auf einen Befall. (csc)

„Es ist ziemlich dramatisch“, sagt der Forstexperte gegenüber der Rundschau über das Ausmaß der Schäden, die der Borkenkäfer inzwischen auch im südlichen Naturschutzgebiet Siebengebirge angerichtet hat, wo sich vor allem Staats- und Stadtwald befinden (siehe Grafik). „Im Stadtwald sind nach erster grober Schätzung mindestens 20 000 Bäume betroffen“, heißt es in einer gemeinsamen Mitteilung der Stadt und des Forstamtes. „Als Gegenmaßnahme bleibt nur der schnelle Einschlag und Abtransport der befallenen Bäume ins Sägewerk. Bäume ohne Rinde sind kein Lebensraum für Borkenkäfer mehr.“ Bei der Stadt Bad Honnef heißt es: „Die aktuelle Lage (...) wird weitreichende Auswirkungen auf das Siebengebirge haben. Das Landschaftsbild wird sich verändern.“

Borkenkäfer sind ein bundesweites Problem

Bundesweit ist der Borkenkäferbefall nach zwei extrem trockenen Sommern und durch die ausgetrockneten Böden ein Riesenproblem. Die Schädlinge haben sich massiv vermehren können, gleichzeitig sind die Abwehrkräfte der Fichten nach Angaben der Forstexperten durch die Trockenheit geschwächt; sie könnten kein Harz bilden, um die Käfer zu ersticken.

Nun hat das Problem auch das Naturschutzgebiet Siebengebirge erreicht, wobei nach Angaben von Stephan Schütte vor allem der Staats- und der Stadtwald im Süden betroffen seien. In der Mitte und im Norden des Siebengebirges gibt es weniger Fichten und mehr Laubwald, auch weil wegen der Topographie dort der Wald weniger bewirtschaftet wird. Der Verschönerungsverein für das Siebengebirge (VVS) hat von den rund 850 Hektar Wald, der ihm im 4800 Hektar großen Naturschutzgebiet gehört, sogar rund 540 Hektar ans Land NRW verpachtet, um dort „Wildnis“ entstehen zu lassen; die Bewirtschaftung dort wurde komplett eingestellt.

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Allerdings leiden auch schon die Buchen unter der anhaltenden Trockenheit, wie Stephan Schütte betont. „Es geht dem ganzen Wald sehr bescheiden.“ Bei der Stadt Bad Honnef heißt es: „Erste Laubgehölze weisen bereits Dürreschäden in den Baumkronen auf, da hier der Wassertransport bis in gewisse Höhen nicht mehr ausreicht. Welche ökologischen und wirtschaftlichen Folgen diese Entwicklung hat, lässt sich momentan schwer abschätzen.“ Man arbeite zusammen mit Landesbehörden an einer Strategie, um die Krise zu bewältigen.

Fichten zur Wiederaufforstung

Der Leiter des Regionalforstamtes erinnerte gegenüber der Rundschau einmal mehr daran, dass in den 1950er Jahren – also nach dem Zweiten Weltkrieg – viele Fichten gepflanzt worden sind, weil Holz für den Wiederaufbau oder auch die Gruben im Ruhrgebiet gebraucht wurde. Die Förster in Deutschland wüssten seit 30 oder 40 Jahren, dass ein ökologisch stabiler Mischwald sinnvoller ist und arbeiteten seither am Umbau der Wälder. Jetzt aber passiere dieser „radikale Klimawandel“.

Und die Wiederaufforstung der Brachflächen? Die gestaltet sich nach Angaben der Stadt schwierig, da der Borkenkäferbefall ein bundesweites Problem sei und die Forstbaumschulen die benötigten Mengen an Jungpflanzen nicht zur Verfügung stellen könnten.

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