Ein Fluggast verklagt die Bundespolizei Sankt Augustin wegen zu langer Wartezeit vor der Sicherheitskontrolle auf 1300 Euro Schadensersatz.
Chaos an SicherheitskontrolleMann verpasst Flug Bonn-London und Abba-Show – und zieht vor Gericht

Bei der virtuellen Abba-Voyage-Show stehen animierte, digital verjüngte Versionen der Bandmitglieder von Abba auf der Bühne.
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Es sollte ein Traumausflug werden: Per Flieger nach London und dort mit der Freundin in der „Abba Voyage“-Show einen unvergesslichen Abend erleben. So hatte es sich ein Mann aus Herne gedacht und Flüge sowie Karten für das virtuelle Konzert mit den Abba-Avataren am 30. September 2022 gebucht.
Aber statt den Kunstfiguren der schwedischen Supergruppe ein „Thank you for the music“ zurufen zu können, erlebten er und seine Begleiterin am Flughafen Düsseldorf ihr „Waterloo“: Vor ihren Augen hob das Flugzeug ab - und sie hatten keine Chance dabei zu sein. Der unberechenbare Grund: Die langen Warteschlangen vor und in der Sicherheitsschleuse.
Bundespolizei soll für Hotelübernachtungen, Taxifahrt und Tickets aufkommen
Also zog der Abba-Fan aus dem Ruhrpott vor die 1. Zivilkammer des Bonner Landgerichts und verklagte die Bundespolizeidirektion Sankt Augustin, die für den Sicherheitsdienst am Airport zuständig ist, auf Schadensersatz. Dieser summierte sich einschließlich Hotelübernachtungen und Taxifahrt auf knapp 1370 Euro; allein für die Tickets hatte er 132 Euro pro Person bezahlt.
Drei Jahre nach dem Debakel schilderte der Kläger in der mündlichen Verhandlung den Bonner Richtern, dass er und seine Freundin an diesem 30. September kurz nach 3 Uhr morgens beim Check-In in Düsseldorf eingetroffen seien; am Gepäckschalter habe es auf einer Infotafel den Hinweis gegeben, an der Sicherheitskontrolle müsse mit Wartezeiten bis zu 45 Minuten gerechnet werden.
Remmidemmi wegen einiger Vordrängler in der Warteschlange
Zu diesem Zeitpunkt seien sie noch nicht unruhig gewesen, weil sie glaubten, bis zu ihrem Abflug um 6.50 Uhr rechtzeitig am Gate zu sein. Doch als sie dann Flugsteig C erreicht und die „gefühlt 2000 Wartenden“ vor der Schleuse gesehen hätten, seien sie doch nervös geworden, erinnerte sich der Kläger.
„Genau 110 Minuten haben wir in der Schlange gestanden. Da war richtig Remmidemmi wegen einiger Vordrängler“, berichtete er der Kammer weiter. Die Bundespolizei habe sogar einige Beamte vor Ort geschickt, um für Ruhe zu sorgen. Gegen 6.40/6.45 Uhr erreichte das Paar schließlich das Gate. „Doch da packte die Eurowings-Mitarbeiterin bereits ihre Unterlagen zusammen“, erzählte der Mann aus Herne. Für ihn und seine Partnerin war die Abba-Reise damit zu Ende.
Bedenken wegen Höhe der Klageposition
Das Gericht hörte sich seinen Bericht mit Interesse an, hatte aber „Bedenken, was die Klageposition der Höhe nach angeht“; soll heißen: Die Kostenaufstellung des Klägers erschien der Kammer nicht plausibel. Sollte der Flugpreis erstattet werden, dann nur nach Abzug von Steuern und Gebühren.
Hotelkosten in Düsseldorf und der Transfer zum Flughafen seien ebenfalls nicht einklagbar. Verhandlungsmasse sahen die Richter allenfalls bei den Eintrittskarten. Die hätten nämlich nicht weiterverkauft werden können, weil sie mit dem Namen des Käufers versehen gewesen seien. Der Kläger zeigte sich schließlich sogar zu einem Vergleich bereit, den die Anwältin der Gegenseite allerdings strikt ablehnte.
Letztlich aber spielten all die juristischen Bedenken und Einwände keine Rolle: Denn, wie sich herausstellte, hatte der abgehängte Passagier schlichtweg den Falschen verklagt. In dem vorliegenden Fall, belehrte die Kammer ihn und seinen Anwalt am Ende, sei für den verpassten Flug nicht die Bundespolizeidirektion Sankt Augustin haftbar zu machen, sondern deren Dienstherrin, die Bundesrepublik Deutschland. Das soll nun geschehen, mit ungewissem Ausgang.
Auf ein Urteil jedoch wollte das Paar aus Herne nicht mehr warten: So haben sie noch mal Geld in die Hand genommen und im vergangenen Jahr erfolgreich die verpasste „Abba Voyage“-Show in London nachgeholt. „Thank you for the music.“ (Aktenzeichen: Landgericht Bonn 1 O 189/23)
