Vor fünf Jahren entdeckte eine Joggerin im Wald von Eitorf-Merten eine halb verkohlte Leiche. Jetzt fiel zum dritten Mal ein Urteil.
„Gewaltorgie“Urteil im Fall des toten Obdachlosen in Eitorf – Angeklagte sollen in Therapie

Nach insgesamt 23 Hauptverhandlungstagen verkündete die 10. Große Strafkammer des Bonner Landgerichts nun das dritte Urteil gegen die beiden Angeklagten.
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Die Mühlen der Justiz mahlen manchmal langsam: Vor fünf Jahren, im August 2020, entdeckte eine Joggerin in einem Wald unweit des Bahnhofs von Merten die halb verkohlte Leiche eines Mannes. Am Freitag (19. Dezember), nach zwei vorangegangenen Prozessen vor dem Bonner Landgericht, nach zwei Revisionsverfahren vor dem Bundesgerichtshof (BGH) und nach insgesamt 23 Hauptverhandlungstagen verkündete die 10. Große Strafkammer des Bonner Landgerichts das dritte Urteil in dem Fall. Ob es Bestand hat, ist ungewiss, weil sich Staatsanwaltschaft und Verteidigung nicht dazu geäußert haben, ob sie es anerkennen.
Ein heute 35-Jähriger, der zuletzt in Hennef lebte, wurde zu sechs Jahren und einem Monat Haft verurteilt, ein 25-Jähriger aus Troisdorf, der zur Tatzeit Heranwachsender war, erhielt fünfeinhalb Jahre Jugendstrafe. Die Kammer befand beide der Körperverletzung mit Todesfolge für schuldig. Zudem wies sie die Angeklagten in eine Entziehungsanstalt ein.
Die Mordkommission kam den beiden Männern schnell auf die Spur
Sie hatten, so die Erkenntnisse aus dem Verlauf der drei Prozesse, im Juli 2020 in dem Waldstück mit einem damals 46-Jährigen übernachtet; alle kannten sich aus der Drogen- und Obdachlosenszene. In einem Streit wurde der Älteste mit einem Holzstock, einer abgebrochenen Bierflasche und einer Schaufel schwer misshandelt, dann soll der Jüngste ihm einen Gürtel um den Hals gelegt und zugezogen haben. Nach dem Tod des Mannes wurde die Leiche angezündet, in den trocken gefallenen Lauf des Mosbachs gelegt und mit Astwerk und Erde bedeckt.
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Die Mordkommission kam den beiden Männern schnell auf die Spur, in der Vernehmung vor der Polizei gestand der heute 35-Jährige, mit dem Knüppel zugeschlagen zu haben. Im ersten Prozess im März 2021 wurde er freigesprochen, der andere erhielt sechseinhalb Jahre Jugendstrafe. Beide hatten sich gegenseitig belastet. Nach der Revision von Staatsanwaltschaft und Verteidigung hob der BGH das Urteil auf und verwies den Fall zur erneuten Verhandlung an eine andere Kammer des Landgerichts.
Bonner Richter: „Gewaltorgie“ im Wald von Eitorf ist nur durch den Drogenexzess zu erklären
Die befand vor zwei Jahren, am 19. Dezember 2023, beide Männer für schuldig. Der Jüngere bekam sechs Jahre, der Ältere sieben Jahre und einen Monat. Sie hätten gemeinsam den Plan gefasst, das Opfer zu töten. Erneut gingen die Verteidiger Martin Kretschmer und Peter René Gülpen in Revision und hatten insoweit Erfolg, dass Karlsruhe das Urteil zwar kassierte, weil nicht geklärt worden sei, ob die Angeklagten in eine Drogenklinik einzuweisen seien, die Feststellungen der Bonner Kammer zum Schuldspruch jedoch bestätigte. Er ist damit rechtskräftig. So musste sich die 10. Große Strafkammer jetzt vor allem mit den Lebensläufen der Beschuldigten befassen, aber nicht mehr ermitteln, wer den Tod des 46-Jährigen herbeigeführt hatte.
Beide sind seit ihrer Jugend hochgradig rauschgift-, alkohol- und tablettenabhängig und haben kurz vor der Tat auf der Straße gelebt. Kammervorsitzender Marc Eumann stellte im Urteil fest, die „Gewaltorgie“ im Wald bei Merten sei nur durch den Drogenexzess zu erklären. Deswegen sollen sie sich einer Therapie in einer Entziehungsanstalt unterziehen. „Nutzen Sie diese Chance, um von den Drogen wegzukommen!“, appellierte der Richter an die Angeklagten.
Normalerweise müssen Verurteilte vor der Aufnahme in eine Suchtbehandlung etwa zwei Jahre in den Maßregelvollzug, also ins Gefängnis. Aber da der Ältere wegen der Tat bereits zweieinhalb Jahre und der Jüngere schon mehr als vier Jahre in Untersuchungshaft verbracht haben, könnten sie relativ schnell in eine Klinik einziehen – sofern sie nicht in Revision gehen. Dann bleiben sie in U-Haft.

