Nein aus KölnBezirksregierung lehnt Windkraftpläne für Bornheim ab

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Mit Signallampen beleuchtete Windräder drehen sich nach Sonnenuntergang in einem Windpark.

Mit Signallampen beleuchtete Windräder.

Da bläst der Stadt Bornheim eine steife Brise aus Köln entgegen: Die Bezirksregierung hat den Teilflächennutzungsplan „Windenergie“ der Stadt nicht genehmigt.

Ein Dilemma, weil der Plan, zwei Konzentrationszonen für Windkraft auszuweisen, bis zum 31. Januar 2024 Rechtskraft erlangen muss. Andernfalls haben Anlagenbetreiber freie Bahn, in privilegierten Außenbereichen Windräder zu errichten, wenn sie die entsprechenden Umweltauflagen einhalten. Mit anderen Worten: Es droht der gefürchtete „Wildwuchs“. Die Stadt kündigt an, zu klagen, um noch eine Punktlandung zu schaffen.

Standortfrage hatte Spaltpotenzial

Nachdem klar wurde, dass die bestehende Vorhaltezone für die Windkraft nicht mehr rechtssicher ist, ging es in Bornheim jahrelang darum, die am besten geeigneten Flächen für Windräder zu finden, um Wildwuchs zu vermeiden. 21 sogenannte Potenzialflächen hatten die Gutachter im Stadtgebiet ausgemacht, ein Dutzend in der Rheinebene, neun auf dem Ville-Rücken. Die Entscheidung, ob Ville oder Ebene hatte tatsächlich Spaltpotenzial in der Stadt.

Die FDP war ebenso wie die Landschaftsschützer von Anfang an gegen Windkraftanlagen auf dem Hochplateau. Hunderte Unterschriften dagegen übergaben die Liberalen dem Bürgermeister im Oktober 2021. Und schon als der Stadtrat sich im September dieses Jahres tatsächlich für beide Gebiete entschied, meldete Dr. Michael Pacyna, Vorsitzender des Landschafts-Schutzvereins Vorgebirge (LSV) und Sachkundiger Bürger im Umweltausschuss, Bedenken an. Er sah juristische Probleme auf die Stadt zukommen, da sich unter anderem eine Stellungnahme des Rheinischen Vereins für Denkmalpflege und Landschaftsschutz nicht in den Unterlagen der Verwaltung wiederfinde.

Die Brühler Schlösser

Tatsächlich argumentiert die Bezirksregierung jetzt auch mit dem Denkmalschutz: „Neben eher redaktionellen Korrekturwünschen zur Plandarstellung und Abwägung begründet die Bezirksregierung ihre Entscheidung damit, dass mit der höheren Denkmalbehörde kein Einvernehmen bezüglich des Weltkulturerbes ,Brühler Schlösser' hergestellt worden sei. Dies hätte nach Auffassung der Bezirksregierung im Rahmen des Genehmigungsverfahrens allerdings erfolgen müssen“, schreibt die Stadt in ihrer Stellungnahme zur Absage.

„Konkret besteht die Denkmalbehörde darauf, dass Windenergieanlagen in den Sichtachsen von den Brühler Schlössern aus in die freie Landschaft, insbesondere in Richtung des Siebengebirges, geschützter Bestandteil der Denkmäler sei und deshalb zu berücksichtigen seien. Insbesondere fehle die geforderte Visualisierung aus dem 2. Obergeschoss des Schlosses Augustusburg und der Blick vom ,Point de vue' (Aussichtspunkt am südlichen Rand des Schlossparks) auf die Schwadorfer Burg mit der Kirche St. Severin.“ Die Stadtverwaltung Bornheim sieht das anders: Sie verweist auf Urteile der Oberverwaltungsgerichte Koblenz und Greifswald, wonach „in einer Entfernung von fünf Kilometern zu den Baudenkmälern nicht von einer erheblichen Beeinträchtigung auszugehen ist“.

Zu diesem Ergebnis komme auch das eigens zu diesem Zweck erarbeitete Gutachten zur Visualisierung der Windkraftanlagen. Die Entfernung der Brühler Schlösser zu den Anlagen betrage zwischen 4,9 und 10 Kilometern Luftlinie. Die geforderten Visualisierungen seien der Denkmalbehörde auch nachgereicht worden. Gleichzeitig habe Bürgermeister Christoph Becker mehrere Gespräche mit dem Regierungspräsidenten Dr. Thomas Wilk geführt, um ihn darauf aufmerksam zu machen, dass die Beanstandungen nachträglich erfüllt worden seien.

„Ich habe mir deutlich mehr Unterstützung und konstruktive Zusammenarbeit von der Genehmigungsbehörde erhofft“, erklärt der Bürgermeister. Und weiter: „Bleibt es bei der Entscheidung, würden jahrelange Anstrengungen der Stadt, regenerativen Energien den notwendigen Stellenwert einzuräumen, zunichtegemacht“. „Bornheim ist die Kommune mit dem höchsten Flächenpotenzial für Windenergie im gesamten Rhein-Sieg-Kreis und hat in einem konsensualen, fast einstimmigen Verfahren gemeinsam mit der Politik einen sehr großen Beitrag zum Klimaschutz geschafft“, betont der Leiter des Amtes für Umwelt, Klimaschutz und Stadtgrün, Dr. Wolfgang Paulus. Der Amtsleiter ist offenkundig ärgerlich: Jetzt drohe die Stadt, durch Partikularinteressen, die aus Behördensicht in der Sache vielleicht gerechtfertigt seien, „regelrecht ausgebremst zu werden“.

Stadt will Klage einreichen

Die Stadt Bornheim kann diese Entscheidung anfechten und will laut Pressesprecher bis spätestens 20. November – solange läuft die Frist – beim Verwaltungsgericht Köln Klage gegen den Versagungsbescheid einreichen. Damit verbunden ist ein Eilantrag, bis spätestens Mitte Januar abschließend zu entscheiden — weil sonst wohl alles umsonst war.

„Fakt ist, dass die Argumente der Bezirksregierung weder neu noch überraschend sind“, reagiert FDP-Ratsmitglied Christian Koch auf die Nachricht aus Köln. „Unseres Erachtens wurde auch die Kritik der Denkmalschutzbehörde von der Stadt Bornheim bewusst ignoriert.“ Die Liberalen hätten öfter darauf hingewiesen, dass der jetzt abgelehnte Teilflächennutzungsplan Wind Abwägungsfehler enthalte. Auch den mangelhaften Vogelschutz hätten die Liberalen im Schulterschluss mit dem Landschaftsschutzverein Vorgebirge kritisiert.

„Hätten der Bürgermeister und die anderen Parteien im Rat nicht eine völlig unrealistische Maximalplanung vorgelegt, hätten wir nun keinen Ärger mit der Bezirksregierung. Die Befürworter der Maximal-Windkraft in Bornheim wollten Rechtssicherheit und haben jetzt mit ihrem Windrad-Gigantismus voraussichtlich den Weg frei gemacht für kompletten Wildwuchs in unserem Stadtgebiet. Die Gier einzelner Grundstückseigentümer und die naive Sturheit der Stadtverwaltung könnte nun für den Natur- und Landschaftsschutz in Bornheim zum Bumerang werden.“ Es drohten neben dem Veto der Bezirksregierung jetzt auch noch weitere Klagerisiken durch Naturschutzverbände“, ist Christian Koch überzeugt.

Für einen ist aber schon jetzt klar, dass er den Rechtsweg nicht beschreiten wird, auch wenn er dabei Kröten schlucken muss: der Landschafts-Schutzverein Vorgebirge. „Nach reiflicher Überlegung und trotz großer Bedenken gegen Windräder auf der Ville werden wir nicht klagen“, sagte der LSV-Vorsitzende Michael Pacyna der Rundschau auf Anfrage gestern. „Wir müssen abwägen, welche Folgen es hat, wenn der Plan nicht bis 31. Januar rechtskräftig wird“, so Pacyna. Es würde bedeuten, es gebe keine Konzentrationszonen, es entfällt der Mindestabstand von einem Kilometer zwischen Windrad und Bebauung — „das wäre verheerend“, so Pacyna.

Außerdem wäre es „ein Riesenschaden, wenn die Brühler Schlösser ihren Status als Weltkulturerbe verlieren würden“. „Wenn die Stadt es nicht schafft, den Plan rechtskräftig zu bekommen, dann ist in Bornheim der Teufel los“, so Pacyna weiter. Die Bezirksregierung habe als Träger öffentlicher Belange schon im Verfahren „deutlich darauf hingewiesen, dass die Stadt Probleme bekommen wird“. Den LSV treffe an dieser Misere keine Schuld, „die Verantwortung trägt die Ratsmehrheit“.

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