Exklusiv

„Wildwuchs trotz Konzentrationszonen“
Zwei Anlagen zu viel – neuer Ärger um Windkraft in Bornheim

Lesezeit 4 Minuten
Oberer Rand der Terrassenkante auf der Ville-Hochfläche in Bornheim

In unmittelbarer Nähe zur geschützten Terrassenkante auf der Ville in Bornheim wurden Windräder beantragt.

Zwei beantragte Windkraftanlagen, die außerhalb der geltenden Konzentartionszone in Bornheim stehen würden, moniert der Landschafts-Schutzverein Vorgebirge (LSV).

Der LSV hat ein waches Auge, auch und vor allem, wenn es um die Windkraft in Bornheim und den Schutz der Ville geht. „Zwei von der Stawak Aachen beantragte Windenergieanlagen auf der Ville liegen nicht immerhalb der dortigen Konzentrationszone, sondern nördlich am Ausgang des Dobschleider Tals im Westen von Merten und Rösberg“, kritisiert Dr. Michael Pacyna, der Vorsitzende des LSV. Der Kreis müsse, so Pacyna weiter, die beiden Anlagen ablehnen. Er befürchtet „Wildwuchs trotz der Konzentrationszonen“.

Wie die Kreisverwaltung Siegburg auf Anfrage bestätigt, hat die Stawak, das ist die Stadtwerke Aachen AG, insgesamt acht Windkraftanlagen auf der Hochebene in Bornheim beantragt. „Der Antrag ging Mitte Oktober 2023 beim Rhein-Sieg-Kreis ein. Zu diesem Zeitpunkt war der Teilflächennutzungsplan Windenergie der Stadt Bornheim noch nicht rechtskräftig. Dessen Rechtskraft ist zwischenzeitlich mit der Bekanntmachung durch die Stadt Bornheim im Januar 2024 eingetreten“, erklärt Bettina Heinrichs-Müller von der Pressestelle des Kreises.

Antrag Mitte Oktober gestellt

Die Stadtwerke haben also die Anlagen beantragt, kurz nachdem sich der Bornheimer Stadtrat mehrheitlich dafür entschieden hatte, zwei Zonen für die Windkraft auszuweisen, eine auf der Ville, die andere in der Rheinebene. Zu diesem Zeitpunkt war der Streit, der sich dann im November anbahnte, noch nicht abzusehen. Da blies der Stadt Bornheim nämlich eine steife Brise aus Köln entgegen: Die Bezirksregierung hatte den Bornheimer Teilflächennutzungsplan „Windenergie“ nicht genehmigt. Ein Dilemma, weil der Plan, zwei Konzentrationszonen für Windkraft auszuweisen, bis zum 31. Januar 2024 Rechtskraft erlangen musste. Andernfalls hätten Anlagenbetreiber freie Bahn gehabt, in privilegierten Außenbereichen Windräder zu errichten, wenn sie die entsprechenden Umweltauflagen einhalten. Mit anderen Worten: Es drohte der gefürchtete „Wildwuchs“.

Die Stadt wollte klagen, um noch eine Punktlandung zu schaffen. Tatsächlich hatte Dr. Michael Pacyna schon im September, als der Ratsbeschluss fiel, Bedenken angemeldet, es könne juristische Probleme Probleme geben, weil eine Stellungnahme des Rheinischen Vereins für Denkmalpflege und Landschaftsschutz in den Unterlagen der Verwaltung fehle. Und auch die Bezirksregierung rieb sich am Denkmalschutz: Es ging um die Sichtachsen des Weltkulturerbes ,Brühler Schlösser' und die Frage: Beeinträchtigen Windräder den Blick, wenn man aus dem ersten und zweiten Obergeschoss von Schloss Augustusburg in Brühl in Richtung Rheinebene und Villerücken schaut?

Erst Ende November war der Streit vom Tisch und damit auch die Klage der Stadt. „Nach konstruktiven Gesprächen haben sich die Bezirksregierung und der Bürgermeister der Stadt Bornheim über eine Genehmigung des Teilflächennutzungsplans Wind geeinigt“, hieß es. Man einigte sich „auf textliche Änderungen im Teilflächennutzungsplan“. Der LSV sprach damals von einer „eleganten Lösung“. Zu diesem Zeitpunkt gab es den Antrag der Stawak auf acht Windräder bereits.

Eine Entscheidung des Kreises über den Bauantrag ist noch nicht gefallen
Bettina Heinrichs-Müller, Kreisverwaltung Siegburg

Eine Entscheidung des Kreises über den Bauantrag ist noch nicht gefallen, bestätigt Bettina Heinrichs-Müller. Aus Sicht der Landschaftsschützer „muss der Kreis diese beiden Anträge ablehnen: „Beide Windräder liegen in direkter Nachbarschaft des streng geschützten Natura 2000- und FFH-Gebietes Villewälder bei Bornheim.“ Pacyna macht in dem Zusammenhang auf den Schutz gefährdeter Vogelarten aufmerksam. „Nachgewiesene Brutstätten des Rotmilans und des Uhus sind im Nahbereich wie hier für Windräder nach wie vor tabu, wenn die Höhe der Rotorunterkanten tiefer als 50 Meter über den Boden reichen. Die tiefsten Punkte der Rotorspitzen beider beantragten Anlagen liegen bei der Höhenbegrenzung der Windräder auf höchstens 150 Meter Rotorspitze lediglich 16 Meter über dem Untergrund. Genau im diesem Bereich bis zu einer Höhe von 50 Meter fliegen in der Regel Rotmilan, Uhu und andere geschützte Arten.“

Stadt Bornheim meldet Bedenken an

Am Genehmigungsverfahren beteiligt ist natürlich auch die Stadt Bornheim. Dabei geht es darum, ob aus Sicht der Stadt Bornheim planungsrechtliche, erschließungsrechtliche oder bauordnungsrechtliche Bedenken bestehen. Und die hat sie offenbar, was die beiden Anlagen außerhalb der Konzentrationszone angeht: „Die Stadt Bornheim wird nach derzeit geltender Rechtslage den sechs Anlagen, die innerhalb der Konzentrationszone liegen, zustimmen, da aus unserer Sicht keine planungsrechtlichen Bedenken bestehen. Gegen die beiden Anlagen, die außerhalb der Konzentrationszone aufgestellt werden sollen, bestehen hingegen planungsrechtliche Bedenken, so dass die Stadt diese Anlagen ablehnen wird“, macht Pressesprecher Christoph Lüttgen auf Anfrage deutlich. Dies werde auch dem Stadtentwicklungsausschuss so empfohlen. Sollten beide Windräder genehmigt werden, würde der LSV klagen.

Rundschau abonnieren