Geflügelhalter wie Karl-Heinz Steiger aus Bornheim haben wegen der Vogelgrippe ein besonderes Auge auf ihr Federvieh.
Vogelgrippe in NRWZüchter sehen keinen Anlass für Stallpflicht in Rhein-Sieg

Noch dürfen die Hühner auf dem Gemüsehof Steiger auf die Wiese.
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Eigentlich würden die Hühner des Gemüsehofs Steiger jetzt über die Wiese flitzen und nach Herzenslust scharren und picken. „Doch auch unseren Hühnern ist dieses Wetter einfach zu usselig“, sagt Karl-Heinz Steiger (72). Besonders der Wind gefalle ihnen überhaupt nicht. Der Landwirt hat sein Federvieh sehr genau im Auge, doch einsperren wolle er die rund 1000 Hühner trotz der aktuellen Vogelgrippe-Situation nicht.
Eingestallt gerieten die Tiere schnell unter Stress. „Die Tiere sind es ja gar nicht gewöhnt, tagsüber im Stall bleiben zu müssen.“ Die aktuell diskutierte bundesweite Stallpflicht hält Steiger für übertrieben – zumal laut Kreisbehörde zurzeit im ganzen Rhein-Sieg-Kreis kein Verdachtsfall bekannt sei. Dies bestätigte ein Sprecher der Kreisbehörde aus Anfrage.
Kotproben waren negativ
„Vor ein paar Tagen war auch eine Tiermedizinerin des Veterinäramtes hier und hat Kotproben unserer Hühner entnommen“, berichtet Steiger. Alles sei unauffällig. Damit Tauben oder Wildvögel, die auf der Durchreise Richtung Süden sind, erst gar nicht auf die Idee kommen, sich an den Futtertrögen seiner Hühner zu bedienen, füttert er die Tiere auch immer nur im Stall. Dort hält er stets auch das Frischwasser bereit. Die Gefahr, dass sich seine Hühner mit der Vogelgrippe infizieren könnten, hält Steiger für relativ gering. „In diesem Bereich landen ja keine der großen Kranich-Kolonien“, sagt er. Das Vorgebirge und auch Waldorf liege lediglich auf ihrer Flugroute. „Aber einen 100-prozentigen Schutz gibt es doch sowieso nicht“, sagt Steiger. Sorge bereite ihm allerdings die Vorstellung, dass in der Nähe seines Betriebs tote, mit der Vogelgrippe infizierte Kraniche oder andere Wildvögel gefunden werden könnten.
Tote Vögel nicht anfassen
„Anfassen sollte man einen toten oder krank scheinenden Wildvogel zurzeit auf gar keinen Fall, auch wenn der Virus nach aktuellen Forschungsstand für die Menschen ungefährlich ist“, rät Franz Nuber aus Rheinbach. Er kennt sich aus. Dem ehemaligen Tierschutzbeauftragter der Rassezüchter eilt in der Branche ein exzellenter Ruf voraus“. Er hält selbst rund 50 Federviecher – Gänse, Hühner, Puten und Enten. Nuber sagt: „Bei einem Fund sollte sofort das Veterinäramt informiert und der Fundort genannt werden.“
Die Fachleute kämen in speziellen Schutzanzügen und könnten direkt vor Ort einen sogenannten PCR-Test vornehmen. Schnell sei damit auch festzustellen, ob das Tier mit dem Vogelgrippe-Virus infiziert ist. Und sollte sich in der näheren Umgebung der Fundstelle ein Geflügelhof befinden, müsse im schlimmsten Fall eine Sperrzone eingerichtet werdet. „Sehr engmaschig muss dann im Radius von einem Kilometer der Hof kontrolliert und das Geflügel getestet werden“, erklärt Nuber auf Anfrage.
Doch nur wenn das Geflügel auf dem Hof selbst auch positiv getestet werde, müsse es gekeult, also getötet werden. Andernfalls gelte es, zusätzlich zudem in einem Radius von zehn Kilometern auch noch eine Beobachtungszone einzurichten. In dieser Zone müssten die Betriebe und das Geflügel kontrolliert werden. Auffälligkeiten wie eine hohe Sterblichkeit der Tiere müssen auch umgehend gemeldet werden. „In diese Zone darf auch erst einmal kein Federvieh ein- und auch nicht ausgeführt werden“, erklärt Nuber.
Eine bundesweite Stallpflicht hält auch er zurzeit für übertrieben. Ohnehin könnte der Bund allenfalls eine Empfehlung an die Länder geben. Der Geflügelwirtschaftsverband NRW hat bereits eine allgemeine Aufstallpflicht für Nutztiergeflügel-Betriebe in ganz NRW gefordert, Landes-Landwirtschaftsministerin Silke Gorißen (CDU) lehnt sie bislang ab. „Die letzte Entscheidung haben die Landkreise“, sagt Franz Nuber. Auch er hat seine Tiere bisher noch nicht eingestallt. Auffällig sei, dass es in diesem Jahr besonders Kraniche erwischt habe.
Kein neues Phänomen
Die Vogelgrippe sei aber kein neues Phänomen. Mit der Wanderung der Zugvögel käme es vielmehr jedes Jahr zu kleineren oder größeren Ausbrüchen. Zuletzt wurde im Dezember 2016 eine bundesweite Stallpflicht verhängt. Im Nachgang sei diese Entscheidung stark kritisiert worden, weil damit die Geflügelwirtschaft zum Erliegen gebracht wurde. In den Niederlanden gilt gerade eine landesweite Stallpflicht für Geflügel. „Die betrifft zunächst Betriebe mit mehr als 100 Tieren“, weiß Franz Nuber. Kleinere Höfe dürften ihr Geflügel zwar draußen halten, müssten es jedoch besonders schützen. „Für sie gilt das Abschirmungsgebot beziehungsweise die sogenannte Biosicherheit“, erklärt der Züchter. Die Halter müssten dabei unter anderem sehr genau darauf achten, dass ihr Federvieh Futter und Wasser nur im Stall bekommt – ohne jeden Kontakt zu Wildvögeln.

