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Bornheimer VilleBedauern über den Rückzug des Windkraft-Investors

6 min
Windräder stehen hinter Erdhaufen am Rande eines Baufeldes.

 Windräder stehen hinter Erdhaufen am Rande eines Baufeldes.

Bedauern überwiegt bei den Reaktionen auf die Nachricht des Windkraft-Investors REA aus Düren, aus Wirtschaftslichkeitsgründen keine Anlagen auf der Bornheimer Ville zu bauen. 

Welchen Sinn macht eine Konzentrationszone, wenn sie für Windkraftbetreiber unwirtschaftlich ist? Und erst recht eine deutlich vergrößerte Zone, wie es die Kölner Bezirksregierung will? Diese Frage muss man stellen, nachdem feststeht, dass schon mal neun von 15 bereits genehmigten Windrädern auf der Ville nicht gebaut werden (wir berichteten). Die Dürener Firmengruppe REA verzichtet auf den Bau, die Aachener Stadtwerke überlegen, ob sie ihre sechs Anlagen auch streichen. Die Rundschau hat Reaktionen gesammelt.

„Stand heute sieht die REA keine Grundlage mehr, auf der Ville Windräder zu bauen“, sagte der Bornheimer Bürgermeister Christoph Becker. Die Dürener hätten auch schon ihre Vertragspartner informiert. Denn schon 2017 hatten die REA und die Mitbewerber der Stadtwerke Aachen Nutzungsverträge mit Grundstückseigentümern im Bereich der Ville geschlossen. Die gehen natürlich auch leer aus, wenn ihre Areale nicht für Windenergie genutzt werden. Becker bedauert die Entwicklung, weil er schon dafür eintritt, im Zuge der Energiewende in beiden vom Rat beschlossenen Konzentrationszonen auch Energie aus Windkraft zu erzeugen.

Es ist bedauerlich, dass nichts passiert. Wir haben so viel Zeit, Nerven und Kraft investiert, und jetzt das.
Christoph Becker

„An der Bedeutung und der Sachlage hat sich ja nichts geändert. Es ist nicht so, dass Windräder landschaftsverschönernd wären, aber es ist richtig, sie dort zu bauen.“ Die Stadt selbst besitze auf dem Hochplateau so gut wie keine eigenen Grundstücke, das gehe alles auf das Engagement der beiden Investoren zurück. Die Dürener seien schon sehr deprimiert gewesen, ihre Pläne dort nicht umsetze zu können, sagte Becker. Anders als in der Rheinebene: Dort rechne er 2027 mit dem Baubeginn der Windräder in der zweiten Konzentrationszone.

Vor den Sommerferien erwartet Becker Post aus Köln, die Bezirksregierung will dann ihren neuen Entwurf des Teilplans Windenergie vorlegen, aus dem dann auch hervorgeht, ob die Kölner auf die mehr als 400 Eingaben aus Bornheim reagieren und auf die vergrößerte Zone auf der Ville verzichten. „Die Stadt hat sehr klar Stellung bezogen gegen die Vergrößerungspläne“, unterstrich Becker. Die Kölner Behörde sei grundsätzlich der Ansicht, die Ville eigne sich für Windkraft und die von der Stadt ausgewiesene Zone sei zu klein. Becker: „Es ist bedauerlich, dass nichts passiert. Wir haben so viel Zeit, Nerven und Kraft investiert, und jetzt das.“

„Wenig erstaunt“ ist der LSV

Nachvollziehbar ist die Entscheidung der REA für den Landschaftsschutzverein Vorgebirge (LSV). Der habe die Stadt schon 2021 „auf wirtschaftlich kaum lohnende Erträge von Windenergie-Anlagen auf dem Ville-Rücken hingewiesen“, erklärt Vorsitzender Dr. Michael Pacyna. Ende April schrieb der LSV demnach an die Kölner Bezirksregierung und den Regionalrat, dass bei einer Bauhöhenbeschränkung von 150 Metern oder kleiner keine wirtschaftliche Tragfähigkeit von Windenergieanlagen mehr gegeben sei; die Bezirksregierung habe dies bisher allerdings nicht beachtet und der Teilraum Bornheim aus dem Potenzialraum deshalb auch nicht ausgeschlossen. Pacyna ist also wenig erstaunt, dass die REA Düren nun einen Rückzieher macht.

„Kein Wunder, dass auch die STAWAG Energie Aachen, die in der Konzentrationszone auf der Ville bereits seit längerem eine Baugenehmigung hat, nun an ihrem Vorhaben zweifelt“, so Pacyna. Für den LSV ist damit klar, dass er mit seiner Einschätzung von Anfang an richtig lag. „Wir werden jetzt die Bezirksregierung und den Regionalrat nochmals auffordern, endlich alle Windenergievorranggebiete auf dem Bornheimer Höhenzug zu streichen. Die REA kann ihre ebenfalls genehmigten Windräder in der Rheinebene natürlich bauen, nachdem ein Gutachten die Nichtgefährdung des Weltkulturerbes Brühler Schlösser durch die fast 250 Meter hohen Anlagen längst nachgewiesen hat“, so LSV-Vize Norbert Brauner.

Die ungewöhnlich niedrigen Anlagen auf der Ville wären laut Fledermaus- und Vogelexperte Martin Koch vom LSV-Vorstand für Vogel- und Fledermausarten sehr gefährlich. „Aus naturschutzfachlicher Sicht sind nach übereinstimmender Expertenmeinung insbesondere niedrige Windkraftanlagen auf der Ville abzulehnen.“

„Ein Weckruf“

 „Der Rückzug des Windpark-Investors muss ein Weckruf für die Bezirksregierung sein“, reagiert die Bornheimer SPD. Auch die STAWAG Energie GmbH prüfe, ob eine Umsetzung mit lokalen Partnern möglich ist, damit steht für die Co-Vorsitzende Anna Peters „das gesamte Vorhaben auf der Ville vor erheblichen Unsicherheiten“. „Die Ville ist kein geeigneter Standort für einen derart massiven Windkraftausbau wie ihn die vorläufige Planung vorsieht. Der Versuch der Bezirksregierung ist gescheitert, die Höhenbeschränkung auf der Ville durch massive Flächenvermehrung auszugleichen. Das belegen nicht nur unsere politischen und rechtlichen Argumente – jetzt sprechen auch die Fakten auf dem Markt eine klare Sprache.“

Die Kombination aus Höhenbeschränkung, fehlender Wirtschaftlichkeit und mangelnder technischer Umsetzbarkeit sei ein klares Stopp-Signal für die Pläne der Bezirksregierung, betont Co-Fraktionsvorsitzender Wilfried Hanft. „Die Bezirksregierung Köln darf die Augen vor diesen Realitäten nicht länger verschließen.“ Bisher plane die Bezirksregierung eine massive Erweiterung der bestehenden Windkraftzone auf der Ville um 84 Prozent – obwohl Bornheim mit aktuell über 5 Prozent schon mehr Fläche bereitstelle, als das Landesziel von 2,1 Prozent vorschreibe. „Diese Pläne stoßen in Bornheim auf breite Ablehnung“, betont Hanft.

„Verfahren läuft weiter“

„Mit dem Rückzug des Unternehmens REA von seinen konkreten Bauplänen ist das Thema Windenergie auf dem Ville-Rücken keineswegs erledigt“, stellt Maria Koch, Co-Fraktionsvorsitzende der Bornheimer Grünen, klar. „Die beschlossenen Konzentrationszonen in Bornheim gelten weiter, der Teilplan Erneuerbare Energien bleibt aktuell – das Verfahren läuft weiter.“ Am 4. Juli berät der Regionalrat Köln über die zweite Offenlage des Teilplans. Trotz kleinerer Reduzierungen bleibe die ausgewiesene Fläche für Windkraft auf der Ville weiterhin deutlich größer als die durch den Stadtrat beschlossenen Konzentrationszonen. Die Grünen-Fraktion im Regionalrat habe daher in Abstimmung mit den Bornheimer Kollegen erneut einen Antrag eingebracht, die Flächen auf die vom Rat beschlossenen Konzentrationszonen zu begrenzen.

„Seit dem ersten Entwurf des Teilplans Erneuerbare Energien, der eine erheblich vergrößerte Fläche auf der Ville ausweist, fordern wir, dass sich die Planung an den kommunal beschlossenen Flächen orientiert. Wir wollen den Kompromiss, der Windkraft und Umwelt in Einklang bringt und den wir in Bornheim gemeinsam gefunden haben, jetzt auch auf regionaler Ebene umsetzen“, erklärt der Co-Fraktionsvorsitzende Markus Hochgartz. Die Grünen-Fraktion im Regionalrat habe bereits im vergangenen Jahr einen Antrag gestellt, die Konzentrationszonen der Stadt Bornheim vollständig anzuerkennen und damit die von der Bezirksregierung vorgesehene Fläche auf etwa die Hälfte zu reduzieren. Dieser Antrag wurde damals von CDU, SPD und FDP abgelehnt. Jetzt liegt erneut ein erweiterter Antrag auf dem Tisch, der dieselbe Forderung enthält.

Die Grünen warnen zudem vor dem Risiko, dass bei der zweiten Offenlage nur noch zu den jetzt nach vielen Eingaben geänderten Teile Stellung genommen werden könnte. Alle anderen Planungsinhalte, die unverändert geblieben sind – einschließlich der deutlich vergrößerten Fläche auf der Ville – würden damit automatisch als beschlossen gelten. „Unabhängig davon, ob am Ende überhaupt Windkraftanlagen auf der Ville errichtet werden, gilt: Sollte gebaut werden, dann nur dort, wo dies mehrheitlich vom Stadtrat so beschlossen wurde“, stellt Markus Hochgartz klar.