MeckenheimRundgang durch die Werkstätten der Lebenshilfe Bonn

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Abteilungsleiter Ludwig Hommel (l.) erläuterte den Gästen den Arbeitsablauf in der Verpackungsabteilung.

Abteilungsleiter Ludwig Hommel (l.) erläuterte den Gästen den Arbeitsablauf in der Verpackungsabteilung.

Meckenheim – Tim Ogrissek schwenkt die 2,50 mal 1,25 Meter große Sperrholzplatte zur computergesteuerten Plattensäge, um sie mit Hilfe von Ausbilder Sebastian Schulten über Luftkissen an die Schneideblätter der Maschine zu schieben und auf die gewünschte Größe zuzuschneiden. Der junge Mann arbeitet in den Bonner Werkstätten, zu deren Besichtigung Wirtschaftsförderer Dirk Schwindenhammer im Rahmen des 12. Meckenheimer Wirtschaftsdialoges eingeladen hatte.

Im Fokus stand das Thema „Fachkräftesicherung – Gewinnung und Bindung der Ressource Mensch“. Andreas Heß, Geschäftsführer der Bonner Werkstätten der Lebenshilfe Bonn, sprach darüber, wie Unternehmen Menschen mit Behinderung beschäftigen und bei ihrer Arbeit unterstützen können.

Teilhabe am Arbeitsleben für viele Menschen

Die Bonner Werkstätten ermöglichten an vier Standorten mehr als 1100 Menschen die Teilhabe am Arbeitsleben, erklärte Heß den Besuchern aus Politik, Wirtschaft und Verwaltung. Bei einigen Mitarbeitern sei der Unterstützungsbedarf hoch, andere bereiteten sich mit Hilfe der Betreuer auf den ersten Arbeitsmarkt vor. Der Wunsch nach einem Arbeitsplatz außerhalb der Werkstatt werde gefördert, so Heß. Partner seien unter anderem der Paket- und Brief-Express-Dienst DHL und das Energiemanagementunternehmen Eaton (früher Klöckner Moeller), das ebenfalls im Industriegebiet angesiedelt ist.

Im Werk 3 am Standort Meckenheim werden Arbeits- und Ausbildungsplätze für etwa 255 Menschen mit Behinderung in fünf Bereichen angeboten. Die Stimmung unter den Beschäftigten ist gut. Sie arbeiten gerne in den mit modernen Maschinen und Hilfsmitteln ausgestatteten Räumen, weil sie „gut unterstützt“ würden und genau die Hilfe bekämen, die sie bräuchten, sagen sie. „Die Arbeit hier macht mir Spaß“, erklärte auch Tim Ogrissek.

Ausbildung in der Holzverarbeitung

Nach einem achtwöchigen Eingangsverfahren, bei dem seine Fähigkeiten ausgelotet wurden, begann der 24-Jährige nach der Schule eine zweijährige Ausbildung in der Holzverarbeitung. Das Orientierungspraktikum in den zwei insgesamt tausend Quadratmeter großen Hallen der Holzbe- und verarbeitung habe er selber gewählt, erzählt der Swisttaler, der eine Lernschwäche hat.

Seit inzwischen fünf Jahren bearbeitet er Werkstücke aus Holz mit diversen Werkzeugen, seit drei Jahren ist er in der Produktion tätig. Sein besonderer Stolz sind Projektarbeiten wie eine gehobelte Schale oder die selber hergestellten Holzkisten, in denen die Blätter für die Plattensäge aufbewahrt werden.

Wirtschaftsdialog

Dario Thomas vom IHK-Kompetenzzentrum Fachkräftesicherung ging in einem Impulsvortrag darauf ein, wie man qualifizierte Mitarbeiter an das eigene Unternehmen bindet. Gleichzeitig warb Thomas für die Ausbildung von Nachwuchskräften und die Einrichtung von Berufsfelderkundungstagen. Andreas Heß, Geschäftsführer der Bonner Werkstätten Lebenshilfe Bonn GmbH, erläuterte die Möglichkeiten für Betriebe, Menschen mit Beeinträchtigung zu beschäftigen.

Eine gute Aus- und Weiterbildung sei für den Erfolg eines Unternehmens grundlegend, bekräftigte Heß. Die Symbiose aus sozialem Engagement und wirtschaftlichem Handeln war abschließend Thema einer Talkrunde. (gvt)

Momentan bereitet sich Tim in einem werkseigenen Lehrgang auf den ersten Arbeitsmarkt vor. Noch sei er jedoch zufrieden damit, in den Werkstätten zu arbeiten, erzählt er.

Koordinationsfähigkeit und räumliches Vorstellungsvermögen

Für die Arbeit in der Schreinerei bringt er Koordinationsfähigkeit und räumliches Vorstellungsvermögen mit, für die Erstellung des Schnittplans am Computer ist er selbst verantwortlich. Aus den zugesägten Platten werden Transportkisten gearbeitet. Zwei Laster mit Kisten und Paletten verlassen täglich die Werkhalle im Industriegebiet und werden zu großen Industriekunden von Koblenz bis Düsseldorf geliefert.

Mit Waren gefüllt treten die Holzkisten letztendlich den Weg nach China und Australien an. Gut verpackt in Papier und Kartons, werden sie von 46 Mitarbeitern und sechs Betreuern verschickt. Eine Eigenproduktion für die Stadt Meckenheim entsteht im Arbeitsbereich für schwerstbehinderte Mitarbeiter (ABSB): Eine formschöne Schale aus Filz zum Transport von mittelgroßen Äpfeln.

Tim Ogrissek (vorne) ist seit fünf Jahren am Standort Meckenheim tätig und bearbeitet Werkstücke aus Holz.

Tim Ogrissek (vorne) ist seit fünf Jahren am Standort Meckenheim tätig und bearbeitet Werkstücke aus Holz.

„Damit die keine Dellen bekommen“, erläutert Michaela Bikker. 70 Menschen mit teilweise recht komplexen Behinderungen werden im ABSB mit selbst erdachten und angepassten Hilfsmitteln an Arbeitsschritte herangeführt. Ziel ist, dass alle mitmachen und Kerzen, Grußkarten, Filzprodukte und mehr herstellen können.

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