Handwerk und GeschmackMeckenheimer Start up „Brauzeugen“ produziert lokales Bier

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Drei Männer, eine Passion: Daglef Seeck, Antonio Sanfeliu und Daniel Aslam (v.l.) setzen auf regional gebrautes Bier.

Drei Männer, eine Passion: Daglef Seeck, Antonio Sanfeliu und Daniel Aslam (v.l.) setzen auf regional gebrautes Bier.

  • Daglef Seeck, Antonio Sanfeliu und Daniel Aslam haben gemeinsam die „Brauzeugen“ aufgebaut.
  • Bei der Produktion des regional gebrauten Biers setzen die drei jungen Gründer auf Handwerk und Geschmack.
  • Lesen Sie hier, wie die „Brauzeugen“ entstanden – und was sie so besonders macht.

Meckenheim – Sie schmecken obergärig frisch, fruchtig mit einem Hauch von Banane oder auch mal süffig mild malzig, sie sind geeignet für Sommerpartys oder können, wie das an mild geräucherten Schinken erinnernde Rauchbier, vor dem Kamin wie ein guter Whisky genossen werden.

Allen Flaschenbieren ist jedoch eines gemeinsam: Sie fallen unter die Kategorie der gehobenen Feinkost und werden seit Januar im Meckenheimer Industriegebiet von Hand nach dem deutschen Reinheitsgebot ausschließlich mit Wasser, Malz, Hopfen und Hefe hergestellt.

Geschäftsplan entstand mit Blick auf den Drachenfels

„Wir bemühen uns, Zutaten aus regionalem und biologischen Anbau zu verwenden“, betont Braumeister und Geschäftsführer Antonio Sanfeliu, der mit seinen Partnern Daglef Seeck und Daniel Aslam im Januar in die ehemaligen Räume der Fleischerei Rasting an der Feldstraße 9 einzog. Im April gründeten die drei Jung-Unternehmer ihre „Brauzeugen GmbH“, die Bezeichnung „Drachenfelser Brauzeugen“ ließen sie sich schon im Jahr 2017 patentieren.

Einziger Vollzeitbeschäftigter ist der 40-jährige Sanfeliu, Seeck und Aslam arbeiten in ihrer Freizeit für das Start up und bekommen dafür – noch – kein Geld. „Wir hoffen, dass wir wachsen und mit der Firma einmal so erfolgreich sind, dass wir Mitarbeiter einstellen können. Und wer weiß, was dann noch daraus wird“, sagt Sanfelius optimistisch.

„Fixe Idee“ ließ Südamerikaner nie los

Wie kommt aber nun ein auf dem Heiderhof aufgewachsener Maschinenbauer und Volkswirt mit kolumbianischen Wurzeln darauf, eine Brauerei aufzubauen? Die Erklärung liefert der Quereinsteiger mit einer Anekdote seines Vater Antonio Sanfeliu-Yanes. Der studierte nämlich VWL in Deutschland mit dem Ziel, nach seinem Studium Bier in seinem südamerikanischen Heimatland herzustellen. Wie so oft im Leben kam es jedoch anders, die „fixe Idee“ zu diesem Unternehmen ließ Sohn Antonio allerdings nie so richtig los.

Im Jahr 2015 begann der damals 36-Jährige, der gerade an seiner Masterarbeit schrieb, mit den ersten ernsthaften Vorbereitungen zur Unternehmensgründung, befasste sich mit der Theorie des Bierbrauens und der Ausarbeitung eines Geschäftsplans: „Ich habe mir zunächst an meinem Schreibtisch im Haus auf dem Heiderhof in Bad Godesberg überlegt was es braucht.“ Und da Sanfeliu damals noch mit Blick auf den Drachenfels arbeitete, erhielten Bier und Unternehmen die Bezeichnung „Drachenfelser Brauzeugen“, wobei der zweite Teil eine Ableitung des Wortes Trauzeugen ist und als Wortspielerei nach einer Hochzeit entstand.

Suche nach größerer Produktionsstätte führte nach Meckenheim

Ein mehrmonatiges Praktikum bei einem guten Bekannten, der in der ecuadorianischen Hauptstadt Quito eine Brauerei eröffnet hatte, überzeugte Sanfeliu endgültig von der Machbarkeit. Auch Mitstreiter Daglef Seeck wurde bei seinem Besuch im auf den Vorläufern der Anden liegenden Unternehmen überzeugt, woraufhin er sich finanziell beteiligte. Anfangs braute Sanfeliu noch in einer kleinen 30-Liter-„Braueule“ im Keller seines Partners der ersten Stunde am Fuße des Drachenfels, das Bier wurde an ein Feinkostgeschäft in Bad Honnef verkauft. Die Suche nach einer größeren Produktionsstätte führte die Entrepreneure über einige Umwege nach Meckenheim.

Seit Beginn des Jahres wird dort auf 100 Quadratmetern hochwertiges Bier gebraut. Ergänzt wurde die kleine Heimbrauanlage inzwischen durch große Gärtanks, Bottiche und Kessel. Besonders wichtig ist das neue Kühlaggregat, das für den ordnungsgemäßen Ablauf der Gärprozesse sorgt und Geschmack und Qualität der Biere garantiert.

Hefe gibt Zitronenaroma

Nach vollendeter Lagerung werden die kleinen 0,33-Liter-Flaschen von Antonio Sanfeliu von Hand etikettiert. Hergestellt werden aktuell rund 1000 Liter im Monat. Die Kunden haben die Auswahl zwischen acht Sorten, vier traditionellen und vier speziellen. Traditionsbiere sind die Sorten „Wiess“, ein naturtrübes Obergäriges mit leichter Hopfennote („der Ur-Ahn des Kölsch“), das fast identisch benannte „Weiss“, ein Weizen mit Bananennote, das vollmundige und aromatische „Fest“ sowie ein Helles, das dem Pils nahekommt. Das Spezialbier „Sommer“ zeichnet sich durch einen leichten Zitronengeschmack aus, der durch die Aromahopfensorte „Citra“ der Hop Breeding Company entsteht.

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Im Gegensatz zu den industriell hergestellten Bieren wird das spezielle Zitronenaroma dieses frischen Bieres nicht durch Beimischung von Limonaden erzeugt, sondern es entsteht durch die Hopfenzugabe und dem Einsatz von Hefe während des Gärprozesses.

„Brauzeugen“ wollen sich als regionale Brauerei etablieren

Nicht unterschätzt werden sollte das bekömmliche „Dunkle“, das angenehm mild daherkommt und mit seinen 4,9 Prozent Alkoholgehalt keinesfalls mit seinen englischen Schwestern, den dunklen und meist hopfen-bitteren Starkbieren, verglichen werden darf. Besonders stolz sind die „Brauzeugen“, wie sich Antonio Sanfeliu, Daglef Seeck und Daniel Aslam selber gerne nennen, auf die solide Handwerksarbeit, die in ihren Bieren steckt: „Bei uns ist alles handgemacht, vom Bier über die Flyer bis hin zum Holzschild über der Türe. Jedes Bier ist ein Unikat.“

Die stilvolle Holztafel über dem Brauereieingang zimmerte Seeck übrigens erst vor kurzem mit seiner Frau in der eigenen Werkstatt, in Zusammenarbeit mit einem Nachbarn entstanden die Paletten, die bei anstehenden Veranstaltungen im August und September zu einer Theke zusammengebaut werden. Im Herbst wird sich auch entscheiden, ob das Geschäftsmodell funktioniert und ausbaufähig ist: „Wenn wir die 1000 Liter, die wir monatlich herstellen, gut verkaufen können, wird es sich lohnen, in eine größere und modernere Anlage zu investieren.“ Ziel der „Brauzeugen“ ist es, ihr Start up als regionale Brauerei zu etablieren und sich dabei noch die Flexibilität zur Erfüllung von Sonderwünschen zu bewahren.

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