Unternehmen befragtLob für die Infrastruktur, Kritik an der Verwaltung in Rheinbach

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Das Gewerbegebiet und das daneben liegende Hochschulviertel vor einem Jahr.

Das Gewerbegebiet und das daneben liegende Hochschulviertel vor einem Jahr.

Die Analyse einer Befragung unter Rheinbachern Unternehmern liegt vor: Sie förderte ein Lob für die Infrastruktur, aber Kritik an der Verwaltung zutage.

Eine sehr gut ausgebaute Infrastruktur, verbunden mit einer günstigen Lage am Rande der Ballungszentren Bonn und Köln, trägt in Rheinbach zur Lebensqualität bei. Die Bürger sind zu 23 Prozent mit der Qualität und Quantität der Freizeit- und Kulturangebote zufrieden, was ein hoher Wert sei, erläuterte der Leiter der städtischen Wirtschaftsförderung, Dr. Joachim Rasch, die Ergebnisse einer Analyse zum Wirtschaftsstandort Rheinbach.

Herausforderungen sehen die Rheinbacher Unternehmer in der Bevölkerungsstruktur, einem von Fachkräftemangel geprägten Arbeitsmarkt sowie der Qualität der öffentlichen Verwaltung. Bemängelt werden Abgaben- und Steuerlast, hohe Energiekosten, das Fehlen von Hotelkapazitäten sowie im Umland der fehlende oder unzureichende Zugang zu schnellem Internet.

470 Unternehmen waren für die Analyse angeschrieben worden, 100 Unternehmen schickten den Fragebogen mit mehr als 60 abgefragten Standortfaktoren zurück. Diese Rücklaufquote von rund 21 Prozent sei ein guter Wert, sagte Rasch zufrieden. Die Wirtschaftsförderungs- und Entwicklungsgesellschaft der Stadt Rheinbach und das Steinbeis-Transferzentrum, ein Dienstleister für Europäische Politik- und Sentimentanalyse, waren mit der Analyse beauftragt worden. Die Kosten dafür hätten sich „im kleinen fünfstelligen Bereich bewegt“, sagte Rheinbachs Erste Beigeordnete Daniela Hoffmann.

Die Ergebnisse der Analyse präsentierten Wirtschaftsförderer Dr. Joachim Rasch und die Erste Beigeordnete Daniela Hoffmann.

Die Ergebnisse der Analyse präsentierten Wirtschaftsförderer Dr. Joachim Rasch und die Erste Beigeordnete Daniela Hoffmann.

Das Ergebnis der im ersten Halbjahr 2023 durchgeführten Befragung ist auf über 250 DIN4-Seiten festgehalten und soll Grundlage für künftige Handlungsempfehlungen sein. Wichtig sei es nun, in einen vertieften Austausch mit den Unternehmen einzusteigen, fanden Rasch und Hoffmann, die gemeinsam die Präsentation durchführten. Die Unzufriedenheit mit der Arbeit der Verwaltung werde ernst genommen: „Damit wollen wir kritisch umgehen.“ So sollen Arbeitsprozesse etwa durch Digitalisierung optimiert werden. Ein möglicher Baustein sei die Einrichtung eines Selbstbedienungsterminals für Passfotos im Foyer des Stadthauses.

Kommentare bereiteten Freude

Rasch und Hoffmann dankten den Unternehmen, die an der Befragung teilnahmen; sie hätten sich mit ihrer Stadt identifiziert. Freude bereiteten Kommentare im Freitext wie: „Wir sind Rheinbacher. Da kommt kein anderer Standort infrage“, „Die Rheinbacher kennen sich untereinander … Es gibt sogar noch einen Schuhmachermeister“ und „Klein, überschaubar, schön!“ In Zukunft gelte es, die Vielzahl der ansässigen Unternehmen, die ein „lokales Ökosystem“ bildeten, noch besser kennenzulernen, erklärte Rasch.

Berufsorientierung nutzen: Zu den Handlungsempfehlungen aus der Analyse gehört beispielsweise ein vergrößertes Angebot für Schüler im Hinblick auf Berufsorientierung: „Es ist wichtig, den Schülern die heimische Wirtschaft näherzubringen“, sagte der Wirtschaftsförderer. Zu diesem Zwecke sollen die Schulen mit den Unternehmen in Zukunft zusammengebracht werden, ähnlich wie dies bereits im Nachbarort Meckenheim durch die Initiative „Mega“ seit 2011 passiert. Ziel der Meckenheimer Garantie für Ausbildung sei es, Schülern eine berufliche Perspektive zu geben und den Betrieben gut vorbereitete und geeignete Auszubildende zuzuführen.

Dialog innerhalb der Wirtschaft: Angedacht sind ebenfalls Dialogveranstaltungen zwischen Unternehmen und Wirtschaftsvertretern unter dem Titel „WIR – Wirtschaftsdialog in Rheinbach“. Zweck ist ein vertiefter Austausch zu relevanten Themen aus der Analyse und zielführende Gespräche mit konkreten Absprachen.

Energiesparen und Home-Office: Weiterhin geplant seien Informationsveranstaltungen für Unternehmen zur Einsparung von Energiekosten und der Anschluss vor allem der kleineren Weiler im Umland an schnelles Internet zur Verbesserung der Arbeitsmöglichkeiten im Home-Office. Zurzeit gebe es etwa vier Prozent unterversorgte Anschlüsse, führte Hoffmann aus. Der eigenwirtschaftliche Ausbau erfolge im Rahmen des „Graue-Flecken-Förderprogramms“, von dem vor allem ländliche Gebiete mit weniger als 100 Megabit pro Sekunde im Download profitieren sollen.

Fußgängerzone oder nicht? Schwierigster Punkt bei der aktuellen Innenstadtplanung sei die Frage, ob die Hauptstraße in der Rheinbacher Innenstadt zur Fußgängerzone werden soll, so Hoffmann. Zurzeit seien die Fachleute der Verkehrsentwicklungsplanung mit dem Thema beschäftigt, zumal es in etwa so viele Befürworter wie Gegner gebe.

Fahrradverbindungen schaffen: Auch die Fahrradinfrastruktur soll weiterhin ausgebaut werden, zur Anbindung der Ortschaften an die Kernstadt seien gerade Landesfördergelder in Höhe von rund 500.000 Euro bewilligt worden.

Historie erlebbar: Noch in diesem Jahr soll die Stadt Rheinbach individuell erlebbar gemacht werden, stellte Hoffmann in Aussicht. Geplant sei ein virtueller Rundgang durch die historische Innenstadt, eingebunden in die Homepage der Stadt Rheinbach.

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