Absurder Prozess in BonnNach Widerspruch folgt Anklage wegen Kindesmissbrauch

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Justitia am Gericht

Justitia an einem Gerichtsgebäude (Symbolbild)

Bonn/Hennef – Ein 41-Jähriger, der wegen des Besitzes kinderpornografischen Materials zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden war, steht jetzt auch im Verdacht des Kindesmissbrauchs. Die Ermittlung ist die Folge der Berufung, die der Mann gegen das Urteil eingelegt hatte. Zu einem Jahr Haft mit Bewährung hatte ihn das Amtsgericht Siegburg verurteilt, nachdem bei ihm 16 000 kinderpornografische Dateien entdeckt worden waren.

Doch nicht die Polizei hatte die Dateien zuerst entdeckt, sondern ein Einbrecher. Ein 31 Jahre alter Wohnungsnachbar war am 9. Januar 2019 bei dem Mann eingestiegen und hatte beim Stöbern die überraschende Entdeckung gemacht. Als der 41-Jährige seinen Nachbarn bald als Einbrecher in Verdacht hatte, versuchte dieser noch, ihn zu erpressen: „Wenn du mich als Dieb anzeigst, dann erzähle ich von dem Pornofund.“ Aber seine Rechnung ging nicht auf. Der eine zeigte den anderen an, und so landeten beide vor Gericht. Der 41-Jährige hatte im Prozess seine Unschuld beteuert: Nachbarn, die ihm nicht wohl gesonnen seien, hätten ihm das ganze strafbare Material untergeschoben. Aber das hielt der Amtsrichter für unglaubhaft.

Angeblicher Todesfall

Der 41-Jährige ging vor dem Landgericht in Berufung – und machte sich mit einer weiteren Lüge noch verdächtiger. Denn um sich vor dem Prozesstermin zu drücken, hatte der Angeklagte behauptet, sein Vater sei bei einem Verkehrsunfall gestorben, der Trauerfall mache ihn so fertig, dass er nicht kommen könne. Der Bonner Berufungsrichter jedoch traute der Aussage nicht. Er bat die Polizei in Greifswald, mal im Elternhaus des Angeklagten nach dem Rechten zu schauen. Und siehe da: Der angeblich tote Vater öffnete den Beamten, auch der angeblich trauernde Sohn wurde angetroffen.

Eine Woche später erschien der Angeklagte vor Gericht und nahm – nach ernsten Worten des Richters – die Berufung zurück. Durch seine Lüge wurde allerdings auch sein Elternhaus durchsucht, und dabei wurde offenbar gravierenderes Material beschlagnahmt. Wie ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Stralsund bestätigte, wird gegen den 41-Jährigen wegen Kindesmissbrauchs ermittelt.

Der Einbrecher, der die Geschichte ins Rollen gebracht hatte wurde übrigens per Strafbefehl zu 750 Euro Geldstrafe verurteilt. Bei seinem Nachbarn hatte er damals ein Fahrrad mitgehen lassen sowie 150 D-Mark, die er bei der Bundesbank in Euro umgetauscht hatte.

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