Egal ob Ernte, Ablasshandel oder Hexerei – das Erlebnis Mittelalter war ein informativer und humorvoller Blick auf längst vergangene Zeiten.
Erlebnis MittelalterTheatergruppe in Bad Münstereifel lässt Geschichte lebendig werden

So mickrig ist die Ernte! Missernten durch verhextes Wetter standen diesmal beim Erlebnis Mittelalter im Fokus.
Copyright: Cedric Arndt
Mit strengen Blicken beobachtete Horst-Peter Neuse in der Rolle des Steuereintreibers Konrad die Umstehenden am Orchheimer Tor in Bad Münstereifel. Schnell hatte er die beiden Händlerinnen in der Menge entdeckt und witterte sofort mögliche Einnahmen, da die Frauen Zölle für den Verkauf ihrer Waren auf dem Markt bezahlen sollten.
Doch die beiden Landwirtinnen, ebenfalls Akteure der Theatertruppe „Erlebnis Mittelalter“, dachten gar nicht daran, dieser Forderung nachzukommen. Viel zu schlecht sei die Ernte ausgefallen. Zum Beweis präsentierten sie dem Publikum winzige Zwiebeln und Mohrrübchen, die wegen des miesen Wetters kaum gewachsen seien.
Einen Schuldigen für diese Missernte lieferten sie gleich hinterher. „Das Wetter ist verhext“, verkündeten sie wie aus einem Munde und waren sich einig, dass nur dunkle Magie für die Rückschläge verantwortlich sein könne. Und schon hatte das Ensemble auch wieder einen frischen Dreh für seine Darstellungen gefunden. „Wir suchen jedes Jahr einen Schwerpunkt. Dieses Mal haben wir uns für den Umgang der Menschen vor 500 Jahren mit Katastrophen wie einem Ernteausfall entschieden“, erklärte Horst-Peter Neuse.
Theatergruppe thematisierte in Bad Münstereifel auch den Ablasshandel
Drumherum kann man so manches aus dem Alltag der Menschen dereinst stricken: Das Thema „Ablasshandel“, der im 15. und 16. Jahrhundert weit verbreitet war, fand sich in den kleinen Schauspielen in den Straßen Bad Münstereifels genauso wie die Hexen, die für alle größeren und auf den ersten Blick unerklärlichen Probleme verantwortlich gemacht wurden. „Natürlich soll bei uns immer der Spaß im Vordergrund stehen, und auch die ernsteren Themen behandeln wir mit einer großen Portion Humor“, erklärt Neuse.

Und schon sind alle Sünden futsch: Auch den Ablasshandel der Kirchenmänner thematisierten die Schauspieler.
Copyright: Cedric Arndt
An insgesamt zwölf Stationen, die einmal quer durch die Innenstadt führten, konnten die Besucher in das Leben vor 500 Jahren abtauchen. Mit großen Versprechungen entlockte da beispielsweise der örtliche Pfarrer den Landwirten ihre hart erarbeiteten Münzen, indem er ihnen Ablassbriefe verkaufte, die sie von ihren Sünden befreien sollten. Getreu dem Motto: „Wenn das Geld im Kasten klingt, die Seele aus dem Fegefeuer springt.“
Vor dem Rathaus gab's eine Rechtsprechung des Rates, der eine Anwohnerin der Hexerei bezichtigte. Dem Pranger entging die Angeklagte nicht nur aufgrund des Eingreifens durch den Vogt, sondern auch durch die beherzten Zwischenrufe der Zuschauer, die sich immer wieder lautstark gegen diese Ungerechtigkeit auflehnten. „Dadurch, dass man von den Schauspielern von einer Station zur nächsten begleitet wird, ist man richtig drin in der Erzählung“, lobte eine begeisterte Zuschauerin und fügte lachend hinzu: „Dann beteiligt man sich auch schon mal gerne, wenn es die Situation zulässt und man das Stück nicht stört.“
Magus Antonius erzählte lustige Geschichten und zeigte Zaubertricks
Die Akteure widmeten sich bei den Rundgängen auch deutlich erfreulicheren Themen. Erneut verzauberte Magus Antonius etwa sein Publikum mit humorvollen Geschichten und Zaubertricks, während eine Tanzgruppe die Umstehenden einlud, sich zu bewegen und die Alltagssorgen für einen kurzen Augenblick zu vergessen.

Spannende Geschichten hatte Magus Antonius auf Lager.
Copyright: Cedric Arndt

Getanzt werden durfte auch im Mittelalter.
Copyright: Cedric Arndt
Auch der Gauklertrupp „Wanderwind“ sorgte mit Musik und Jonglage für Begeisterung und staunende Blicke, besonders bei ihren kleineren Gästen. Die Weberinnen verbanden ihre Erzählungen mit einem Einblick in ihr Handwerk, bei dem die Umstehenden ihnen immer wieder über die Schulter schauen durften.
„Für uns ist es eine große Freude, lustige Geschichten mit Wissenswertem über das Leben der Menschen vor 500 Jahren zu verbinden“, erklärte Horst-Peter Neuse. Diese Freude wollen die Hobbyschauspieler auch in klingender Münze weitergeben: „Wir wollen die Einnahmen in diesem Jahr dem Tierheim in Mechernich spenden, um die Arbeit vor Ort zu würdigen und den Tieren etwas Gutes zu tun.“
So durften sich die Zuschauer nicht nur über eine kurzweilige und humorvolle Unterhaltung freuen, sondern auch darüber, dass ihre Eintrittsgelder für einen guten Zweck verwendet werden.